Klebeprozesse bei der Fertigung von Halbleitern und Baugruppen kosten viel Zeit. Der Grund: Bislang entwickelte Kleber können nur bei bestimmten Temperaturen vollständig aushärten. Anders die neuen Klebstoffe von Delo auf Basis von modifizierten Polycarbaminsäurederivaten (mCD). Sie müssen lediglich thermisch aktiviert werden und das funktioniert schon bei Temperaturen von 90 Grad C.
So liegen beispielsweise bei der Flip-Chip-Bestückung von RFID-Labels die Aushärtezeiten von konventionellen Klebern bei 5 bis 20 Sekunden. Bei hohen Durchsatzraten bedeutet das einen enormen Zeitverlust in der Fertigung. »Unsere mCD basierte Klebstoffe müssen nur kurz aktiviert werden und haben zusätzlich den Vorteil, dass sie im Endeffekt auch schneller als andere bisher am Markt verfügbaren Klebstoffe aushärten«, erklärt René Tobisch-Haupt, Anwendungsingenieur bei Delo Industrie Klebstoffe. Das spart aufwändige Prozesstechnik, wie Tobisch-Haupt schildert: »Wenn ein Kleber im Fertigungsprozess erforderlich ist, lassen sich die hohen Durchsatzzahlen bei der Bestückung nur durch aufwändige Prozesstechnik realisieren. So arbeiten moderne Bestückungsautomaten mit bis zu 64 Einzelthermoden, um durch eine parallele Aushärtung den gewünschten Durchsatz zu erreichen.« Die Standzeiten in Thermodenstationen sind beim Einsatz von mCD-Kleber dagegen überflüssig.
Denn im Unterschied zu konventionellen Klebe-Verfahren nutzt man für mCD-Klebstoffe ein beheizbares Pick&Place-Tool und verzichtet vollständig auf weitere Aushärteschritte. Dieses als »Heat-Pulse-Prozess« bezeichnete Verfahren erläutert Dr. Karl Bitzer, Produktmanager bei Delo an einem Beispiel: »Ein spezielles Pick & Place Toll pickt beispielsweise Chips mit einer Fläche 1 mm² vom Wafer. Auf dem kurzen Weg vom Aufnehmen bis zum Platzieren heizt das Tool den Chip auf und setzt ihn auf ein Substrat, auf dem vorher ein Klebstofftropfen aufgetragen wurde. Der beheizte Placer hält den aufgesetzten Chip noch für etwa 100 Millisekunden in Position. Anschließend ist kein weiteres Verpressen durch eine Thermode mehr notwendig.
Das vorgewärmte Bauteil gibt seine Temperatur an das nicht erwärmte Bauteil ab und erwärmt dabei den dazwischen liegenden Klebstoff. Ist die zur Verfügung gestellte Wärmemenge ausreichend, so kann die chemische Reaktion starten und der Klebstoff härtet vollständig aus. So lassen sich laut Bitzer bei Vorheiztemperaturen von 300 bis 400 °C bereits nach 60 Sekunden Festigkeiten zwischen 4 und 8 MPa je nach Höhe der Temperatur des beheizbaren Kopfes erreichen. »Dadurch erzielt man eine ausreichende Handling-Festigkeit und der Chip kann zügig weiterverarbeitet werden. Die typischerweise nach 24 Stunden erzielte Endfestigkeit des Klebstoffes liegt bei allen Temperaturen auf gleichem Niveau.«
Die mCD-Klebstoffe gibt es als anisotrop leitfähige Klebstoffe, als isotrop leitfähige Klebstoffe und als nicht leitfähige Klebstoffe. Einsetzbar sind sie beispielsweise zur Verklebung von Compact Camera Modules oder im RFID-Bereich. Überall dort, wo ein Chip auf ein Substrat aufgeklebt wird, etwa beim Packaging von Halbleitern sind die mCD-Kleber ebenfalls eine interessante Alternative.
mCD-Klebstoffe härten auch bei niedrigen Temperaturen aus
Der Nachhärteeffekt von mCD-Klebstoffen beschränkt sich nicht nur auf hohe Temperaturen. Bereits bei niedrigen Temperaturen ab 90 °C lassen sich die mCD-Klebstoffe thermisch »aktivieren«. Auch in diesem Fall muss lediglich die zum Start der vollständigen Aushärtereaktion notwendige Wärmemenge vorhanden sein. »Bei sehr kleinen Fügeteilen mit geringer Wärmekapazität kann man die notwendige Wärmemenge auch von außen zuführen werden - z.B. mittels einer Thermode innerhalb weniger Sekunden - anschließend härtet der Klebstoff vollständig bis zu einer praktisch temperaturunabhängigen Endfestigkeit aus«, schildert Tobisch-Haupt. Daher sind mCD-Klebstoffe auch für temperatursensible Substrate wie unstabilisiertes PET, Polycarbonat (PC) oder Polyvinylchlorid (PVC) geeignet, die die bei den typischen Aushärtetemperaturen herkömmlicher Kleber weich werden oder gar schmelzen.