Muss sich die deutsche Elektroindustrie also ernsthafte Sorgen um ihre Rohstoffversorgung machen?
Die Lage ist sicherlich ernst, aber wir sollten nicht in Panik verfallen. Denn wir dürfen den technischen Fortschritt nicht außer Acht lassen. Der wird es uns einerseits ermöglichen, ressourceneffizienter zu produzieren, und es andererseits möglich machen, an Ressourcen zu kommen, die wir mit der heutigen Fördertechnik noch gar nicht abbauen können, beispielsweise weil die Rohstoffe zu tief in der Erde liegen.
Dass Deutschland rohstoffarm ist, ist außerdem nicht nur ein Nachteil. Denn über Rohstoffe zu verfügen, ist nicht immer ausschließlich ein Segen, weil das Währungsspekulanten auf den Plan ruft und unter Umständen zu unliebsamen Währungsaufwertungen führen kann, die dann den Export in anderen Sektoren schwächen. Bekannt ist das Phänomen unter dem Begriff »holländische Krankheit«.
Die Rohstoffmärkte sind traditionell von Wettbewerbsverzerrungen und Marktzugangsbeschränkungen geprägt. Laut Angaben der EU gibt es aktuell für 400 Rohstoffe 450 Handelsbeschränkungen. Was können die Unternehmen dagegen tun?
Um ihre Ressourcen zu sichern, müssen die Unternehmen erst einmal die eigene Wertschöpfungskette daraufhin prüfen, mit welchen kritischen Rohstoffen sie es zu tun haben. Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man sich auf eine unsichere Versorgungslage einstellen kann: Eine Möglichkeit ist, kritische Rohstoffe durch weniger kritische zu substituieren - falls möglich. Auch durch Recycling und die Nutzung von Sekundärrohstoffen lassen sich zusätzliche Ressourcen schaffen: So kann man beispielsweise Stahl gewinnen, indem man statt Roheisen, das aus Eisenerz hergestellt wird, auch Schrottstahl verwendet. Dabei ist die Politik gefordert, den illegalen Abfluss von Sekundärrohstoffen unbedingt zu unterbinden.
Andere Optionen zur Ressourcensicherung sind, die Rohstoffe - sofern das möglich ist - nicht nur aus wenigen Quellen zu beziehen, sondern die Lieferungen auf eine breitere Basis zu stellen und die Lagerbestände zu erhöhen, was aber wiederum mit hohen Kosten verbunden sein dürfte. Wie eingangs schon erwähnt, lassen sich manche kritische Rohstoffe auch frühzeitig auf Termin kaufen.
Was halten Sie von Beteiligungen deutscher Firmen an Rohstoffunternehmen im Ausland?
Einige Länder, wie China, sind hier ganz vorne dabei. Aber solche Beteiligungen muss man sehr genau vorher prüfen und die Kosten und den Nutzen dahinter abwägen. Die Frage, sich beispielsweise an einer Mine in Südafrika zu beteiligen, stellt sich ja je nach Perspektive völlig unterschiedlich dar. Große Industriekonzerne könnten hier ganz anders zu Werke gehen als kleine Mittelständler.
Vor kurzem fand unter der Leitung von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle der 2. Rohstoffdialog statt. Darin hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, die Rohstoffversorgung für Deutschland langfristig sicherzustellen. Wie beurteilen Sie diese Bemühungen?
Die Politik muss für Freihandel und funktionierenden Wettbewerb sorgen. Wir begrüßen daher den Rohstoffdialog und sind als Verband auch einer der Gesprächspartner der Bundesregierung. Besonders viel versprechend sind im Rahmen des Rohstoffdialogs die Pläne zum Ausbau der Bundesanstalt für Rohstoffe und Geowissenschaften (BGR) zu einer nationalen Rohstoffagentur, die vor allem für mehr Markttransparenz sorgen soll. Vorgesehen sind dabei auch die Einrichtung eines Rohstoffinformationssystems, ein gezielter Service für die deutsche Wirtschaft, fachliche Unterstützung von Rohstoffförderprogrammen des Bundes, gemeinsame Projekte mit der Industrie bei der Forschung und Entwicklung und eine stärkere Kooperation mit den Rohstoffländern.
Auch die EU arbeitet parallel an einer Rohstoffstrategie. Es wird letztlich darauf ankommen, diese verschiedenen Ansätze miteinander zu vernetzen und konzertierte Aktionen zu fahren, damit alle an einem Strang ziehen.