Der Distributionsmarkt für passive und elektromechanische Bauelemente hat sich in Rekordgeschwindigkeit erholt. TTI, Spezialist für passive, elektromechanische und diskrete Bauelemente, erzielte im dritten Quartal 2010 das beste Ergebnis seiner Firmengeschichte. Überschattet wird der Boom, so Jean Quecke, Regional Vice President Sales, Europe, durch massive Engpässe im Bereich Tantal- und Folienkondensatoren.
Markt&Technik: Wie hat sich der Distributionsmarkt für passive und elektromechanische Bauelemente in den letzten Quartalen entwickelt?
Jean Quecke: Bei TTI hat die Auftragslage im August letzten Jahres wieder massiv angezogen, begleitet von einem sehr positivem Book to Bill. Erste Befürchtungen, dass dieser positive Trend wieder abreißen könnte, haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: das dritte Quartal 2010 war das beste Quartal seit Bestehen des Unternehmens. Wir werden 2010 in Europa voraussichtlich einen Umsatz von 300 Mio. Euro erzielen, gegenüber 210 Mio. € im Kalenderjahr 2009. Aus unserer Sicht handelt es sich um ein lineares, stabiles Wachstum auf einem sehr hohen Niveau.
Rechnen Sie damit, dass sich der Aufwärtstrend auch im nächsten Jahr fortsetzt?
Ausgehend von diesem hohen Umsatzniveau, rechnen wir 2011 mit einer Steigerung von 5 bis 8 Prozent. Das Feedback, das wir von unseren Kunden bekommen ist ausgesprochen positiv, nahezu euphorisch, insbesondere im deutschen Markt. Die Kurzarbeit hat sich für viele Firmen ausgezahlt: Die Unternehmen konnten ihre Mitarbeiter halten und sind nun in der Lage zu fertigen. Allerdings bremst die Allokation viele Kunden in etlichen Bereichen aus.
Welche Produktsegmente sind am schlimmsten betroffen?
Bei den Tantalkondensatoren herrscht ein massiver Engpass, der sich vermutlich noch verschlimmern wird. Die Talison-Mine in Australien – die bedeutendste Tantal-Mine weltweit – hat aufgrund des drastischen Preisverfalls vor zwei Jahren die Förderung eingestellt. Nun sorgt der plötzliche Aufschwung, angeführt durch die Marktsegmente Kommunikation und Automobilelektronik, für eine immense Nachfrage nach Tantalkondensatoren. Die Kunden und wir müssen wohl mit weiteren Preiserhöhungen rechnen, die von etlichen Lieferanten bereits für Januar beziehungsweise März 2011 angekündigt sind.
Wann wird sich die Liefersituation bei den Tantalkondensatoren wieder beruhigen?
Aus meiner Sicht frühestens im dritten Quartal 2011.
Auch Folienkondensatoren sind von Engpässen betroffen…
Ja, und auch hier rühren die Probleme vom Ausgangsmaterial her. Die Folie, die in diesen Kondensatoren zum Einsatz kommt, ist die gleiche wie sie in der Nahrungsmittel-Industrie Verwendung findet, zum Beispiel bei der Verpackung von Schoko-Riegeln. Weltweit gibt es nur zwei große Hersteller, die Folien in einer Qualität fertigen, die auch für Kondensatoren geeignet ist. Leider ist die Elektronikindustrie für diese Folienhersteller ein nachgeordneter Markt, da die Nahrungsmittel-Industrie natürlich ein Vielfaches der Mengen abnimmt. Hinzu kommt, dass auch diese Branche mit Rohstoffpreiserhöhungen kämpft.
Darüber hinaus haben Werksverlagerungen einiger Kondensatorenhersteller die Liefersituation im Markt verschärft.
Folienkondensatoren werden in hohen Stückzahlen in der Kfz-Elektronik eingesetzt, aber auch in der Kommunikationstechnik. Dieses Produkt erlebt gewissermaßen eine Renaissance: 2009 hat sich kaum jemand mehr dafür interessiert, nun sind die Bedarfe wieder so hoch, dass eine drastische Verknappung herrscht. Ich denke nicht, dass sich die Liefersituation kurzfristig bessern wird. Kunden müssen vermutlich bis Ende 2011 mit einer sehr starken Allokation rechnen.
Und auch im Bereich der Relais herrscht derzeit eine extreme Verknappung. Einige Hersteller nehmen momentan gar keine Aufträge mehr an - eine Situation wie ich sie in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt habe. Aber wir hoffen, dass sich die Liefersituation bis Mitte 2011 wieder etwas beruhigt.