Der Halbleiterhersteller Infineon und der Leiterplattenhersteller Schweizer Electronic haben sich beim Thema „Chip Embedding“ zusammengetan. Seit November 2014 ist Infineon aus diesem Grund mit 9,4 Prozent an Schweizer beteiligt. Infineon und Schweizer haben bereits zusammen verschiedene Demonstratoren für Kundenprojekte entwickelt und planen, gemeinsam den Markt für Chip-Embedding zu erschließen. Mit der Beteiligung unterstreiche Infineon seine Absicht, Technologien zur Integration von Leistungshalbleitern in die Leiterplatte gemeinsam mit Schweizer zu entwickeln und das Chip-Embedding für Automobil- und Industrieanwendungen mit sehr hoher elektrischer Leistung zu erschließen, verlautbarten die beiden Unternehmen.
Als Anwendungsbeispiele nennen die beiden Firmen Systeme im Fahrzeug, für die wenig Raum zur Verfügung steht; zum Beispiel elektrische Servolenkung, aktive Federung oder elektrische Pumpen. Zudem verbessert sich durch Chip-Embedding die Kühlung der Chips. Die Wärme, die entsteht, wenn die Chips arbeiten, wird über die Leiterplatte direkt abgeführt. Von Vorteil ist das besonders bei Anwendungen, die eine hohe elektrische Leistung benötigen und deren Leistungshalbleiter bisher aufwendig gekühlt werden müssen; beispielsweise sind das Kompressoren einer Klimaanlage im Fahrzeug, bei denen die elektrische Leistung bis zu 2 kW betragen kann. Zudem erwartet die Automobilbranche, dass neben dem heutigen 12-V-Bordnetz auch das 48-V-Netz an Bedeutung gewinnt. Da so höhere elektrische Leistungen genutzt werden können, lassen sich auch Fahrzeuge im unteren und mittleren Preissegment leichter um Hybridfunktionalität erweitern („eTurbo“ mit 5 kW bis 20 kW). Auch hier kann Chip-Embedding helfen.
Schweizers Chip-Embedding-Technologie ergänzt Infineons eigenentwickelte Chip-Embedding-Gehäusetechnologie Blade. Diese wird zum Beispiel für die Gleichstromversorgung (DC/DC-Spannungsregler) eingesetzt, wie sie für Prozessoren in Computer- und Telekommunikationssystemen verwendet wird. »Unsere Beteiligung an der Schweizer Electronic AG stärkt uns auf dem Weg vom Produktdenken zum Systemverständnis. Chip-Embedding bringt großen Mehrwert für unsere Kunden, denn deren Systeme werden kompakter und dabei noch effizienter“, sagt Dr. Reinhard Ploss, Vorsitzender des Vorstands von Infineon Technologies.
Schweizer unterscheidet zwischen zwei Varianten beim Chip Embedding: System-in-Package, bei dem Komponenten-Packages durch Leiterplattenprozesse optimiert werden, sowie System-in-PCB, bei dem Bauelemente ins Innere der Leiterplatte verbaut werden. Es können Leistungshalbleiter, Logik-ICs und passive Bauelemente eingebettet werden. Schweizer hat Embedded-Lösungen für Leistungs- und Logikhalbleiter entwickelt. Die eigentliche Herausforderung besteht nach Auskunft von Dr. Maren Schweizer, CEO von Schweizer Electronic, aber nicht in der technischen Umsetzung, sondern in der Veränderung des Geschäftsmodells, da sich die Systemgrenzen verschieben werden. »Im Bereich Chip Embedding arbeiten idealerweise die Halbleiter- und die Leiterplattenhersteller eng zusammen, um zum Wohl der Kunden die optimale Lösung zu erarbeiten. Durch die Kooperation mit Infineon mit Fokus auf Leistungselektronik können wir das unseren Kunden mittlerweile anbieten.«
Zusammen mit Infineon kann Schweizer also künftig im Geschäftsbereich „Systems“ Synergien aus dem Halbleiter- und Leiterplatten Know-how generieren. »Wir gehen davon aus, dass das Chip-Embedding neben unserem bereits etablierten Bereichen für innovative Radar- und Leistungselektronik-Leiterplatten zu unserem nächsten großen Standbein wird, mit dem wir uns dank innovativer Lösungen und guter Kooperation mit Infineon im Markt noch weiter differenzieren und die Zukunft der Leistungselektronik mitgestalten«, resümiert Dr. Schweizer. Und mit Blick auf die lange Tradition des Unternehmens ergänzt die Vorstandsvorsitzende Schweizer: »Im Laufe ihrer 165-jährigen Firmengeschichte hat Schweizer immer wieder bewiesen, dass sie mit ihrer Flexibilität und Fähigkeit zur schnellen Anpassung an Markttrends nachhaltige Unternehmensentwicklung generiert. Die Vereinbarung mit Infineon ist ein nächster Schritt, um die Zukunft der Elektronikindustrie mitzugestalten.«
Würth Elektronik: Zwei Technologien zur Auswahl
Auch beim Leiterplattenhersteller Würth Elektronik steht das Chip-Embedding auf der Agenda, das unter dem Begriff ECT (Embedded Component Technology) vermarktet wird. Würth Elektronik ist in der Leiterplattenherstellung spezialisiert auf kleine bis mittlere Aufträge in allen gängigen Oberflächen und beschäftigt momentan über 1000 Mitarbeiter. Der weitaus größte Teil davon ist in den drei deutschen Produktionswerken tätig. Beim Chip Embedding unterscheidet Würth Elektronik zwei Herstellungsverfahren: ECT-Microvia und ECT-Flip Chip. Welche Technologie zum Einsatz kommt, hängt von den jeweiligen Indikatoren ab, die Würth so zusammenfasst: Bei ECT-Microvia sind aktive und passive Bauelemente kombinierbar, die Metallisierung der Kontaktflächen erfolgt mit Kupfer oder Nickel-Palladium. Zudem handelt es sich um eine hochzuverlässige Aufbautechnologie.
ECT-Flip Chip ist die Technologie der Wahl für das Einbetten von aktiven Bauelementen, die bisher drahtgebondet sind und/oder für Pitches kleiner 250 µm. Das Einbetten von passiven Bauelementen ist bei dieser Technologie nicht möglich. Das Anwendungsspektrum ist bei Würth Elektronik ebenso vielseitig: Ähnlich wie bei den beiden Mitbewerbern reicht es von der Automobilindustrie über die Industrieelektronik bis hin zur Medizintechnik und Sensorik. Würth Elektronik erstellt derzeit einen Design Guide, der Designparameter aufzeigt und damit Entwickler und Layouter beim Design ihrer Baugruppe unterstützen soll.