Fehler im Layout "rächen" sich

Leistungselektronik–Baugruppen stellen hohe Ansprüche beim Löten

2. April 2012, 19:16 Uhr | Karin Zühlke

Leistungselektronik-Baugruppen stellen aufgrund der hohen Ströme ganz spezielle Ansprüche an die Lötstellen und die müssen schon beim Design der Baugruppe berücksichtigt werden. Denn Versuche, Defizite beim Design in der Fertigung über den Lotprozess »auszubügeln«, scheitern nicht selten kläglich.

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Die hohen Ströme, die auf einer Leistungselektronik-Baugruppe gehandhabt werden müssen, erfordern größere Querschnitte der Kupferleiterbahnen. Gleiches gilt für die Anschlussquerschnitte der Pins von Leistungsbauteilen wie Halbleiter, Drosseln oder Elektrolytkondensatoren. Die Durchmesser der Anschlusspins liegen nicht selten in Bereichen von 2 bis 5 mm und größer. Bei den Leiterplatten reichen die üblichen Maßen von 35 bis 70 µm Kupferdicke für die Leiterbahnen deshalb nicht mehr aus. Zum Einsatz kommen Multilayer-Leiterplatten mit bis zu 4 x 400 µm Innenlagen und z.B. 2 x 100 µm Außenlagen, bei einer Gesamtstärke von bis zu 4 bis 5 mm. Reicht die Stärke der Kupferlagen für das Handling der Ströme nicht aus, kommen sehr massive Stromschienen zum Einsatz, die dann mit den Leiterplatten verlötet werden müssen.
Die Qualität der Lötstellen hängt dabei ganz entscheidend vom Layout der Leistungselektronik-Baugruppe ab. Berücksichtigt der Entwickler diese Erkenntnisse beim Design der Baugruppe nicht, kann das schließlich in der Fertigung der Baugruppen zu erheblichen Qualitätsmängeln führen. »Man versucht oft, Defizite im Layout der Leiterplatte im Fertigungsprozess zu kompensieren, indem die Prozessparameter – häufig Lötzeit und Lottemperatur – verändert werden«, erklärt Jürgen Friedrich, Leiter Anwendungstechnik von Ersa. »Beide Parameter sind allerdings mit großer Vorsicht zu handhaben, weil sie schnell zu einer irreparablen Schädigung des Basismaterials führen können.« Eine Schädigung tritt dann ein, wenn die Zersetzungstemperatur TD des Harzsystems überschritten wird. Die Praxis zeigt laut Friedrich aber immer wieder, dass z.B. die TD in den Fertigungen selten bekannt ist. Aus diesem Grund rät Friedrich dazu, die Defizite im Wärmemanagement der Baugruppe über eine Erhöhung der Vorwärmtemperatur anzupassen.

Wo liegen nun also die entscheidenden Fehlerquellen beim Layout? »Beim Design der Leiterplatte werden immer wieder für die massereichen Lötstellen der Leistungsbauteile dieselben Grundlagen angewendet wie für einfache »normale«, bedrahtete Bauteile geringer Masse«, gibt Friedrich zu bedenken. Aber was sich auf dem CAD-System des Entwicklers als einfache Verbindungspunkte darstellt, gestaltet sich in Wirklichkeit als Lötstellen mit sehr hoher Wärmekapazität. Diese Wärmekapazität muss man jedoch auf ein Minimum reduzieren, wenn man die Anforderungen, die an die Lötstellen gestellt werden, erfüllen will, ohne die Leiterplatten im Lötprozess zu schädigen.

Um die Zuverlässigkeit derartiger Lötstellen zu gewährleisten und eine exakte visuelle Beurteilung zu ermöglichen, gibt es einige Mindestanforderungen an die Lötstellen: Der Lotdurchstieg in der Durchkontaktierung soll 100 Prozent betragen, und, »ganz wichtig, am Bauteilpin muss ein Lotanstieg – oder Meniskus genannt – nach oben erkennbar sein. Erfüllt man diese Kriterien, ist die visuelle Beurteilung der Lötstellen sicher, und es gibt keinen Spielraum für Interpretationen.«

Die entsprechende Richtlinie der IPC, die IPC A610, definiert allerdings für Klasse-3-Baugruppen einen Lotdurchstieg in Durchkontaktierungen von 75 Prozent bereits als ausreichend. »Die Schwierigkeit, die sich hierbei in der visuellen Beurteilung ergibt, ist die Frage: Wie beurteilt man am Mikroskop 75 Prozent Durchstieg in einer Durchkontaktierung?«, gibt der Ersa-Experte zu bedenken. Diese Aussage ist ausschließlich von den subjektiven Eindrücken des ausführenden Mitarbeiters abhängig, weil sie nicht direkt messbar ist, und unterliegt damit sehr hohen Toleranzen. Um genau diese Einflüsse auszuschalten, ist die Forderung nach 100 Prozent Lotdurchstieg also durchaus berechtigt.



Ob der Lotdurchstieg bei 100 Prozent oder darunter liegt, ist visuell schwer zu beurteilen:
Rechts: 100 Prozent, links: nicht 100 Prozent 


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