Welche vertikalen Märkte laufen derzeit aus Ihrer Sicht besonders gut – und gibt es auch Schwachpunkte?
Besonders positiv entwickeln sich derzeit die vertikalen Märkte in den Branchen Automotive, Medizintechnik und Luftfahrt & Verteidigung. Telekommunikation ist für uns nicht so sehr relevant. Insgesamt setzen wir auf eine homogene Branchenverteilung, darum treffen uns Marktschwankungen nicht so stark wie Unternehmen, die sich auf einen oder wenige Märkte spezialisiert haben.
Automotive wird von vielen EMS-Firmen nach wie vor als sehr erfolgreiches Feld bezeichnet – trotz des VW-Skandals. Die Stückzahlen kommen aber nach wie vor vor allem aus konventionellen Antrieben und nicht aus der Elektromobiltät. Ist die deutsche Automobilindustrie Ihrer Ansicht nach gut gerüstet für neue Mobilitätskonzepte wie die Elektromobilität?
Automotive ist ein sehr erfolgreiches und zukunftsorientiertes Feld. Ob wir in naher Zukunft gut gerüstet für die Elektromobilität sein werden – da kommt es auch darauf an, ob wir in Europa in absehbarer Zeit eine wettbewerbsfähige Batteriezellenfertigung haben. Die brauchen wir, wenn wir die gesamte Wertschöpfung für die Automobilindustrie abbilden wollen. Es wäre nicht gut, wenn wir diese Entwicklung verschlafen. Und dazu gehören auch grundsätzliche Rahmenbedingungen wie der flächendeckende Ausbau der nötigen Infrastruktur.
Wo sehen Sie Zollner aktuell auf dem Weg zur smarten Fabrik nach dem Industrie-4.0-Prinzip?
Unsere Praxisbeispiele reichen von der Digitalen Fabrik bis hin zu gesamtheitlich vernetzten Prozessen. Anwendung findet Industrie 4.0 bei uns zum Beispiel in Form eines automatischen SMT-Lagers. Insgesamt sind wir sehr gut und zukunftsorientiert aufgestellt, weil wir uns bereits sehr früh mit dem Thema befasst haben. Die Vorteile liegen auf der Hand: Industrie 4.0 bietet nicht nur Transparenz in den vernetzten Prozessen – Stichwort gesamtheitliche Traceability – und eine Optimierung der Wertschöpfungs- und der unterstützenden Prozesse, sondern auch eine Steigerung der Produktivität, Prozessfähigkeit und Flexibilität sowie eine bedeutende Verkürzung der Durchlaufzeiten. Kurz gesagt, wer sich heute noch nicht intensiv mit dem Thema beschäftigt, der ist morgen vermutlich nicht mehr im Rennen.
Inwieweit gilt das auch für ihre internationalen Standorte?
Selbstverständlich werden wir Industrie 4.0 bedarfsorientiert auch an unseren internationalen Standorten anwenden.
Die Lieferkette könnte sich durch Industrie 4.0 aufgrund digitaler Geschäftsmodelle grundlegend verändern. Welche Rolle werden Elektronikdienstleister in Zukunft spielen?
Der Mensch muss in seiner Tätigkeit durch Industrie 4.0 entsprechend unterstützt werden. In der Lieferkette der Zukunft geht der Elektronikdienstleister vom reaktiven Handeln immer mehr hin zum vorausschauenden Agieren, zum Beispiel Simulation von Prozessabläufen. Die Prozesse sind beherrschter, weil sie transparent sind. Jeder Schritt ist lückenlos rückverfolgbar. Die Schwierigkeit liegt bei der Harmonisierung in den unternehmensübergreifenden Lieferketten. Hier werden gemeinsame Standards noch mehr an Bedeutung gewinnen. Wer heute die Segel für zukünftige Entwicklungen setzt, der wird auch morgen noch wettbewerbsfähig sein.
Wird der Anteil der klassischen Bestückung aufgrund neuer Materialien, höherer Integrationsdichten und neuer Fertigungstechnologien wie Embedding in die Leiterplatte künftig weniger?
Klassische Bestückung wird es nach wie vor wegen der entsprechenden Vorteile geben, aber eben vermehrt auch spezielle Prozesstechnologien aufgrund der geänderten Anforderungen. Die Bauteile werden kleiner, es gibt aber auch Bedarf an überlangen Leiterplatten. Präzisionsbestückung gewinnt an Bedeutung, und auch neue Materialien gilt es zu berücksichtigen. Die Zollner Elektronik AG ist für diese zukünftigen Trends und Herausforderungen gut aufgestellt.
50 Jahre Unternehmensgeschichte und organisches Wachstum: Zollner ist nach wie vor das größte EMS-Unternehmen in Europa. Wie sehen die weiteren strategischen Schritte aus, um diesen Vorsprung zu halten – sprich wie sehen die Zukunftspläne von Zollner Elektronik aus?
Wir wollen auch weiter an unseren Standorten wachsen, sowohl im In- als auch im Ausland. 2015 haben wir unseren jüngsten ausländischen Standort gegründet: ein internationales Einkaufsbüro in Hongkong. In unserem Zweigwerk in Rumänien konnten wir im September einen Erweiterungsbau in Betrieb nehmen. Aber auch in Deutschland wachsen wir: Erst kürzlich haben wir in unserem Hauptwerk in Zandt ein modernes Bürogebäude erstellt. Mittlerweile haben wir über 10.000 Mitarbeiter, Tendenz steigend.