Die Einführung des neuen hybriden Single-Pair-Ethernet-Standards IEC 63171-7 bringt die Automobilindustrie der Verwirklichung von Industrie 4.0 einen Schritt näher. Die Ethernet-Funktionalität erstreckt sich nun bis ans Edge.
Die in Automodellen integrierte Single-Pair-Ethernet-Technologie ersetzt das Controller Area Network (CAN) und andere Bussysteme. Es deutet sich an, dass Steuerungs-, Kommunikations- und Sicherheitsfunktionen zukünftig über Ethernet laufen. Die Vorteile der Technologie lassen sich aber auch in der industriellen Automatisierung und in der Automobilproduktion nutzen.
Automobilhersteller profitieren schon länger von der Highspeed-Kommunikation über das Industrial Ethernet. Die Technologie hat ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt, sie ermöglicht eine flexible Automatisierung, überzeugt durch niedrige Kosten und trägt zur Senkung der Betriebskosten bei. Im Bereich der Feldgeräte sieht die Situation allerdings anders aus. Sensoren und Aktoren an den Maschinen können nicht ohne Weiteres mit anderen Netzwerkteilnehmern kommunizieren, da die analoge Technologie und Feldbusse nicht dieselbe »Sprache sprechen« wie das Highspeed-Ethernet.
Erfreulicherweise ändert sich diese Situation durch den neuen industriellen Single-Pair-Ethernet(SPE)-Standard IEC 63171-7. Er ermöglicht eine praktisch barrierefreie Kommunikation von der Cloud bis zu den Feldgeräten am Netzwerkrand (Edge). Diese fast nahtlose Vernetzung sorgt dafür, dass die industrielle Kommunikation transparenter wird und unterstützt Automobilhersteller dabei, die Möglichkeiten, welche die künstliche Intelligenz (KI) und das maschinelle Lernen bieten, zu nutzen
Der im September 2021 in der IEC 63171-7 festgelegte SPE-Industriestandard beschreibt ein Kabel mit einem M12-Steckverbinder. Die IEC 63171-7 (kurz: »-7«) definiert eine SPE-Schnittstelle für die hybride Übertragung von Daten und Energie in einem einzigen Kabel mit Highspeed-Datenraten bis 1 Gbit/s (600 MHz) und Leistungen von 11 kW (16 A). Somit können Ingenieure bei ihren Anwendungen die Maschine-zu-Maschine(M2M)-Kommunikation im Grunde genommen ohne Datenverlust optimieren, Rechenleistung dezentralisieren und Daten effizienter und transparenter bis ans Edge übertragen.
Anstatt einer Ethernet-Datenübertragung über zwei Leitungspaare wie beim Fast Ethernet (mit 100 Mbit/s) oder vier Paare wie beim Gigabit-Ethernet, erfolgt beim Single Pair Ethernet (SPE) die Datenübertragung lediglich über zwei Kupferadern. Die Übernahme der IEC 63171-7 als industriellen SPE- Standard bietet Automobilherstellern etliche weitere Vorteile:
➔ Der Standard fügt sich nahtlos in die vorhandene Ethernet-Infrastruktur ein.
➔ Er ermöglicht einfache Plug-and-play-Verbindungen.
➔ Wie bei den heutigen Feldbus- und Analoglösungen wird eine einzige Kabel- und Steckerkombination verwendet, die für den Einsatz in rauen Umgebungen ausgelegt wurde und resistent ist gegen Vibrationen, Stöße, Schweißfunken, Chemikalien und hohe Temperaturen, wie sie in der Automobilproduktion häufig vorkommen.
➔ Getrennte Kontakte für die Daten- und Energieübertragung ermöglichen höhere Leistungen.
➔ Der Standard gewährleistet die von der Automobilproduktion geforderte Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Sicherheit.
➔ Das Design für die hybride Übertragung von Daten und Energie (ein Kabel bzw. Stecker) senkt die Gesamtkosten und ermöglicht die einfache Integration in enge Einbauräume – ein wichtiges Kriterium für den aktuellen Trend zur Miniaturisierung.
Verabschiedung der IEC 63171-7
Die Umsetzung der IEC 63171-7 ist ein wichtiger Schritt, damit immer mehr Automobilhersteller das zukunftsorientierte Konzept von Industrie 4.0 umsetzen können. Die schlanke, leichte und zugleich leistungsstarke Vernetzungslösung bietet der Branche die Möglichkeit zur Digitalisierung auf Feldebene. Sie gilt als ein entscheidender Teil der Infrastruktur für das industrielle Internet der Dinge (IIoT). Die Akzeptanz dieses universellen SPE-Standards trägt dazu bei, dass in der Industrie technologische Fortschritte erzielt werden und weitere Automobilhersteller ihre Produktion optimieren können.
Der einheitliche Standard erweitert für die Hersteller die Möglichkeiten zur Vernetzung. Automobil-OEMs und Automatisierungsunternehmen können die neue Technologie und SPE praktisch ohne bemerkenswerte Unsicherheiten in Feldgeräten (Sensoren usw.) einsetzen und anwenden. Die Umsetzung der IEC 63171-7 verbessert auch die Planungssicherheit. Die auf Ethernet basierte hybride Energie- und Datenübertragung bietet Automobilherstellern Möglichkeiten für eine effizientere Echtzeitkommunikation und mehr Transparenz von der Cloud bis in die Feldebene. Diese beiden Vorteile stellen für die Hersteller die hauptsächlichen Faktoren dar, auf Single Pair Ethernet umzusteigen.
Da der M12-Steckverbinder in der Industrie bereits weit verbreitet ist, ist es für Automobilhersteller einfach, den IEC-63171-7-Standard anzuwenden. Zudem bietet er Ingenieuren mehr Flexibilität beim Netzwerkdesign, um es nach den spezifischen Produktionsanforderungen auszurichten. Weil die IEC 63171-7 die Übertragung von Energie und Daten in einem einzigen Kabel vereint, kann man durch die flexible Konfiguration von Software und Daten ein so gut wie barrierefreies Kommunikationssystem vom Sensor bis zur Cloud realisieren. Das ermöglicht die praktisch nahtlose M2M- oder Maschine-zu-Mensch-Kommunikation.
Die hybride Konfiguration des IEC-63171-7-Standards bietet auch eine höhere Flexibilität bei der Netzwerk-basierten Energieverteilung als eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung wie bei Power-over-Data-Lines. Das bedeutet, dass es möglich ist, höhere Stromstärken auf mehrere kaskadierte Leistungsgeräte zu verteilen.
Der Autor
Eric Leijtens ist Business Development und Managing Director bei TE Connectivity.