Anwendung findet die Flyover-Verbindungstechnik beispielsweise bei Chip-to-Panel-Implementierungen, bei denen unter anderem Host-Platinen mit Chip-to-QSFP-Verbindungen verknüpft werden. Bei diesem Einsatzfall ist bekannt, dass dort Probleme auftauchen, sobald der Signalpfad auf Megtron 6 oder ähnlichem Material länger als etwa 13 cm wird. Bei diesen Distanzen wird die Integrität des Signalpfads in signifikantem Maße beeinträchtigt, sodass man bei herkömmlichen PCB-Implementierungen für gewöhnlich Repeater in den Signalpfad integriert. Nur so lässt sich dieses Problem beheben.
Bei der Flyover-Variante verläuft das Kabel vom Mikroprozessor/ASIC/FPGA direkt zum QSFP – so wie in Bild 2 dargestellt. In dieser Implementierung ist das Twinax-Kabel direkt an die Kontakte gelötet, was natürlich voraussetzt, dass der QSFP-Kontakt entsprechend umgestaltet worden ist. Der Kontakt selbst ist abwärtskompatibel, damit auch ein Kupfer-QSDP, ein optisches QSFP oder ein kundenspezifisches QSFP kontaktiert werden kann.
Board-to-Board-Anwendungen
Jeder, der Rückwandplatinen entwirft, weiß, dass die größten Herausforderungen während des Entwurfsprozesses darin bestehen, Designvorgaben wie Skew oder Datenverluste auch bei komplexer Signalführung noch einhalten zu können.
Skew – also Laufzeitunterschiede – auf einer Leiterplatte sind u.a. das Ergebnis von uneinheitlichen Glasgeweben in einem Laminat. Die Gleichung ist recht einfach: Je größer der Skew im Laminat, desto nachteiliger wirkt sich dies auf die Signalintegrität bei der Übertragung aus. Es gibt zwar einige exotische Laminate, in denen Glasgewebe mechanisch ausgebreitet wurde, um den Datenversatz zu minimieren, jedoch sind diese Laminate in den heutigen Fertigungsanlagen nicht weit verbreitet.
Attenuation (Dämpfung, also die abnehmende Qualität auf dem Signalpfad proportional zur Pfadlänge) ist ein ähnlich großes Problem, da die Signalpfade in Rückwandplatinen tendenziell sehr lang sind. Darüber hinaus ist die Weiterleitung dieser langen Signalpfade in Rückwandplatinen eine Herausforderung für sich, da sie zum Teil auch einen bedeutenden Anteil der Platinenfläche beanspruchen. Unter Umständen muss die Anzahl der Lagen erhöht werden, damit ausreichende Kapazität für die Weiterleitung aller Signale vorhanden ist. Analog dazu steigen aber auch die Kosten der Rückwandplatine. Wer sich stattdessen dafür entscheidet, die auf einer Rückwand übermittelten Signale zu verwenden/abzugreifen und sie im Flyover-Verfahren über das PCB zu transportieren, kann gleich drei Probleme auf einmal lösen – Skew, Datenverlust und Kosten. Darüber hinaus ermöglicht das Flyover-Prinzip die Verwendung von weithin verfügbaren einfachen Laminaten und kann so zusätzlich Kosten senken.
Samtec hat zudem eine Option entwickelt, in der Kabel so verwendet werden, dass sie Hochgeschwindigkeits-Signale auf einer Backplane sozusagen überspringen oder überfliegen. Genutzt wird dazu das in vielen Fällen vorhandene Platinen-Layout der Press-Fit-Backplane-Verbinder. Ein proprietäres Kabelsystem verwendet das bereits beschriebene Twinax-Kabel sowie die speziell entwickelten Steckverbindungen, die zu dem 2-mm-Press-Fit-Layout passen. Diese Bauteile sind zumeist auf der Rückseite der Backplane bereits vorhanden. Auf Bild 3 ist dieses Kabel-Backplane-System dargestellt.