Würth Elektronik eiSos

»Wir sind komplett überfahren worden«

24. Juli 2018, 10:30 Uhr | Engelbert Hopf
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Abhängigkeit von einzelnen Herstellern...

Wie schnell können Sie überhaupt die Produktion nachjustieren?

Wir haben unsere Produktionskapazitäten teilweise verdoppelt! Bei unseren EMV-Produkten und bei den Spulen gab es auch keine großen Probleme, da konnten wir schnell nachjustieren. Bei den Kondensatoren war das einfach nicht möglich. Wie ich schon erwähnt habe, sind da unter anderem die Maschinenbauer der limitierende Faktor. Wenn die ausgebucht sind, geht nichts mehr. Dazu kommen noch die Probleme, die sich inzwischen bei den Materiallieferanten für die Kondensatoren aufgebaut haben. Um es kurz zu machen, wir gehen inzwischen davon aus, dass sich die Situation nicht vor Ende nächsten Jahres entspannen wird.

Würth Elektronik eiSos ist sehr vertriebsorientiert aufgestellt, zudem befinden Sie sich in Privatbesitz. Welche Freiheiten bieten sich Ihnen dadurch, auf diese spezielle Marktsituation zu reagieren?

Wir sind da in unseren Entscheidungen sicherlich flexibler und vielleicht auch zielgerichteter. Wenn wir die Notwendigkeit sehen, investieren wir. Wir haben in den letzten Jahren unser Produktprogramm Schritt für Schritt ausgebaut und uns so zu einem Broadliner entwickelt. Wir werden diesen Weg fortsetzen. Unser vertriebsorientierter Ansatz ist hier ein exzellenter Gradmesser, um festzustellen, welche Produkte unsere Kunden noch gerne ergänzend zum bisherigen Produktspektrum von uns beziehen würden. Bei all diesen Aktivitäten gilt für uns aber die Maxime, dass wir in erster Linie den Mittelstand bedienen und mit unseren Bauteilen versorgen wollen. Aus diesem Grund orientieren wir uns konsequent an den Bedürfnissen der mittelständischen Kunden und versuchen wirklich alles, um eine so hohe Lagerfügbarkeit wie möglich zu gewährleisten.

Sie sprachen zuvor an, dass sich die Situation zunehmend auch bei der Verfügbarkeit der Basismaterialien verschlechtert. Können Sie hier auch Ihre Vorteile gegenüber klassischen Herstellern ausspielen?

Es gibt Situationen, wo Sie mit Geld noch etwas machen können und zusätzliche Ware bekommen können. Ich würde die Situation als konstant schlecht bezeichnen. Wenn Ware allokiert ist, dann wird es immer schwierig. Letztlich regiert dann die Verwaltung des Mangels.

Was halten Sie von dem Ratschlag an mittelständische Kunden, doch auf AEC-Q200 umzustellen, weil dort die Bauteile verfügbar sind?

Für mich ist das Augenwischerei! Wenn es klappt, hat der Entscheider sicher alles richtig gemacht. Aber er holt sich eben eine Lösung ins Haus, die naturgemäß teurer sein muss als seine bisherige Lösung und spürbar auf die BOM durchschlägt. Eine wirkliche Garantie, dass er als „Neukunde“ diese Produkte dann auch wirklich bekommt, gibt es aber auch nicht.

Sie haben es ja indirekt schon angesprochen: Die Preise für einige passive Bauelemente sind spürbar nach oben gegangen. Wie handhaben Sie die materialbedingten Preissteigerungen?

Letztlich können wir nicht verhindern, dass die Preise nach oben gehen. Wir gehen durchaus direkt auf Rohmaterialhändler zu, an Versteigerungen beteiligen wir uns aber nicht.

Wie stehen Sie zum Thema Single Source? Haben sich hier nicht viele Anwender zu abhängig gemacht von einzelnen Herstellern, auch weil die Ware in den letzten neun Jahren immer in ausreichendem Maße verfügbar war?

Ein hochkomplexes Thema! Wir sind wieder beim Thema Design-in. Als Entwickler im Industriebereich sollte ich mich für ein Produkt entscheiden, das die nächsten zehn Jahre auch noch verfügbar ist. Wahrscheinlich wurde das Thema Second Source von dem einen oder anderen doch etwas unterschätzt. Ich denke, eine der Lehren aus der jetzigen Situation wird auch sein, dass wieder verstärkt darauf geachtet wird, dass bereits in der Entwicklung zwei, drei Lieferanten zertifiziert sind. Letztlich reagieren die Entwickler mit ihren Entscheidungen aber auch nur auf die jeweilige Marktsituation. Wenn die Versorgungslage seit Jahren kein Problem ist, mache ich mir da vielleicht auch als Entwickler keine großen Sorgen.


  1. »Wir sind komplett überfahren worden«
  2. Abhängigkeit von einzelnen Herstellern...

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Würth Elektronik eiSos GmbH & Co. KG