Memristor - ein verkanntes Bauteil?

Nicht-linearer Widerstand mit »Gedächtnis«

28. Mai 2018, 11:47 Uhr | Von L. Ritter von Bilinska und Marian Trinkel
Design des Memristors vom HP Lab - mit den Werkstoffen Platin (Pt) sowie Titanoxid (TiOx) unterschiedlicher Dotierung
© Marian Trinkel

Es gibt seit zehn Jahren ein Bauteil namens Memristor, das noch nicht alle Facetten seiner technischen Eigenschaften und vor allem seiner Schaltungs- und Leistungsfähigkeit preisgegeben hat.

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Das Design des Memristors ist an sich ganz einfach: Zwischen zwei elektrisch leitenden metallische Leiterplatten unterschiedlicher Rohstoffe liegt eine isolierende Nanoschicht unterschiedlicher Dotierung. Je nach Rohstoff der leitenden Platten, der Form sowie Dicke der isolierenden Nanoschicht verändert sich der Memristor-Effekt in seiner elektrischen Spannungs-Strom-Charakteristik.

Ein Memristor, der sich elektrisch tarnt

Ideale Spannungs-Strom-Kennlinie eines Memristors
Ideale Spannungs-Strom-Kennlinie eines Memristors
© Marian Trinkel

Die besondere Eigenschaften des Memristors offenbaren sich nicht in der linearen Variante, dem Gleichstrom. Hier bleibt der Memristor ein einfacher Widerstand – ohne besondere Eigenschaften. Der Memristor tarnt sich gewissermaßen bei Gleichstrom als normaler Widerstand und blieb deshalb im Labor lange unbemerkt.

Erst bei einer Wechselspannung, hier bei bei einer Frequenz von wenigen Hertz, kommt die nicht-lineare Variante des Memristors zum Vorschein. Es zeigte sich, dass sich die Kennlinie des Memristors mit keiner Kombination der bekannten passiven Bauteile (Widerstand, Kondensator, Induktivität) nachahmen lässt. Die typische Spannungs-Strom-Kennlinie des Memristor hat die Form einer frequenzabhängigen Lissajous-Figur mit einem »Quasi«-Nulldurchgang.

Initialisierungsprozess des Memristors

Das Forming eines Memristors erfolgt bei einer viel höheren Spannung als bei Normalbetrieb. Erst dann lassen sich zwei Zustände definieren - hier SET für das Setzen eines Zustands und RESET für das Zurücksetzen des Zustands
Das Forming eines Memristors erfolgt bei einer viel höheren Spannung als bei Normalbetrieb. Erst dann lassen sich zwei Zustände definieren - hier SET für das Setzen eines Zustands und RESET für das Zurücksetzen des Zustands
© Marian Trinkel

Das Auffinden des Memristor-Effekts ließ lange auf sich warten, denn keiner wusste, dass dieser Effekt einen ganz bestimmten Initialisierungsprozess benötigt. Dieser lässt sich nur mit einem dedizierten Zeit-Spannungs-Vorgang auslösen und wird »Forming« genannt. 

Dieser Initialisierungsprozess erschwerte über 30 Jahren hinweg die Geburt des Memristors und wurde erstmals 2007 in einem Fachartikel veröffentlicht. Im April 2008 schließlich wurden im HP Lab die Entwicklungsarbeiten des ersten Memristors unter Federführung von Stan Williams erfolgreich abgeschlossen – also vor zehn Jahren.

10 Jahre Praxis mit dem Memristor

Der Memristor ist seit 2015 käuflich erwerbbar für Jedermann; und zwar zu einem (stolzen) Preis von 60 Dollar für »Fehlware« bzw. zum Originalpreis von 220 Dollar für gerade mal acht Memristoren. Alleine die käuflichen Messdaten schlagen zusätzlich mit Lizenzen von 1700 Dollar bis 15.000 Dollar zu Buche.

Hier zeigt sich wieder, dass auch Daten einen Wert haben. Wer dann mit diesen Daten auch noch ein eigenes Produkt generieren will, muss laut »Knowm Inc. Memristor Data License Agreement« noch weitere Lizenzgebühren zahlen, die mit der bestehenden Lizenz für die Messdaten längst noch nicht abgedeckt sind.


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