Al-Elkos/Energy-C-Module von Jianghai

Innovationen aus dem Reich der Mitte

28. September 2018, 12:00 Uhr | Von Ole Bjoern, Alexander Schedlock und Dr. Arne Albertsen

Im Folgenden geht es darum, welche Innovationen bei Aluminium-Elektrolytkondensatoren und Energy-C-Speichern bestehen oder noch zu erwarten sind.

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China entwickelt sich kontinuierlich immer weiter in Richtung Technologieführerschaft. Der Bereich Elektronik ist dabei der mit Abstand größte und umfasst unter anderem auch die elektronischen Bauelemente. Die Exporte Chinas sind seit dem Jahr 2000 um den Faktor 16 gestiegen.

Der Masterplan der chinesischen Regierung aus dem Mai 2015 zur weiteren Modernisierung der Industrie gibt der Innovationskraft des Landes weiteren Anschub. Die »Made in China 2025« genannte Strategie ist der erste von drei Schritten auf dem Weg von der verlängerten Werkbank hin zu einer weltweit führenden Industrienation im Jahr 2049. 

Neun Handlungsfelder sollen vorrangig bearbeitet werden, um mehr Innovation, Qualität und Effizienz in zehn zentralen Bereichen zu erreichen. Jeder dieser Bereiche (z.B. Künstliche Intelligenz, Robotik, Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik, Schnellzüge, Hybrid- und Elektrofahrzeuge, Elektrotechnik) benötigt elektronische Bauelemente, insbesondere auch Kondensatoren. Grund genug, einen tieferen Blick auf bestehende und kommende Innovationen bei Kondensatoren für die Elektronik zu werfen.

Kondensatoren als Energiespeicher

Bild 1. Ragone-Diagramm verschiedener Speicher für elektrische Energie. (Bilder: Jianghai Europe Electronic Components)
Bild 1. Ragone-Diagramm verschiedener Speicher für elektrische Energie.
© Jianghai

Energiespeicher sind aus unserer modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Sei es im Smartphone, im Akkuschrauber oder im Auto: Viele elektrische Geräte verfügen über einen eigenen Energiespeicher. Kondensatoren jedoch sind nicht unbedingt die erste Technologie, an welche man denkt, wenn es um die Speicherung großer Energiemengen geht. 

Das Ragone-Diagramm (Bild 1) zeigt die Leistungsdichte verschiedener Speicher für elektrische Energie bezogen auf deren Energiedichte. Je nach Anwendung bieten die verfügbaren Speichermedien jeweils eine passende Lösung. Im Folgenden wird dabei insbesondere auf Aluminium-Elektrolytkondensatoren, EDLC (Electrical Double Layer Capacitor) und Lithium-Ionen-Kondensatoren von Jianghai (www.jianghai-europe.com) eingegangen.

Al-Elkos: Arbeitspferde der Elektronik

Bild 2. Querschnitt einer geätzten Anodenfolie; a) mit einem herkömmlichen Verfahren und b) mit einem von Jianghai optimierten Ätzverfahren.
Bild 2. Querschnitt einer geätzten Anodenfolie; a) mit einem herkömmlichen Verfahren und b) mit einem von Jianghai optimierten Ätzverfahren.
© Jianghai

Die Anodenfolie ist sowohl wertmäßig als auch technisch das maßgebliche Vormaterial eines Aluminium-Elektrolytkondensators. Die zwei Prozessschritte „Ätzen“ und „Formieren“ machen aus einer glatten Folie aus reinem Aluminium das Anodenmaterial. Die Bilder 2a und 2b zeigen den Querschnitt von geätzten Hochvolt-Anodenfolien für den Einsatz in Aluminium-Elektrolytkondensatoren. 
Durch die Strategie der vertikalen Integration verfügt Jianghai über eigene Werke zum Ätzen und zur Formierung des Anodenmaterials und kann daher die Eigenschaften der Folien optimieren. Durch Verbesserungen am Ätzverfahren entstehen gleichförmigere Poren (siehe 2b), sodass das vorhandene Volumen besser ausgenutzt wird. Dies ermöglicht hohe spezifische Kapazitätswerte und damit kompaktere Kondensatoren.

Ein elektrochemisches Verfahren erzeugt die Dielektrikumsschicht auf der Oberfläche der aufgerauten Anodenfolie. Die Güte dieser „Formierung“ bzw. von Aufbau und Schichtdicke des Dielektrikums sind dabei wesentliche Schlüssel für eine hohe Zuverlässigkeit und elektrische Leistungsfähigkeit der Elkos im Betrieb. 
Bild 3 zeigt den Schichtaufbau des Dielektrikums im Querschnitt. Auf die Aluminiumfolie (1) folgt zunächst eine Schicht amorphen Aluminiumoxids (2), der sich eine kristalline (3) und schließlich eine hydratisierte Schicht (4) anschließen.

Ein Ziel bei der Entwicklung von neuen Anodenfolien ist eine dünnere Hydratschicht bei einer gleichzeitig dickeren amorphen Schicht. Im Ergebnis verfügen die neuartigen Anodenfolien von Jianghai über höhere Stromtragfähigkeiten und geringere ESR-Werte (Equivalent Series Resistance), was sie als »Arbeitspferde« für Leistungselektronik-Anwendungen qualifiziert.

Bild 3. Schichtaufbau des Aluminiumoxid-Dielektrikums eines Hochvolt-Elkos (links Elektronenmikroskop-Aufnahme, rechts schematische Darstellung).
Bild 3. Schichtaufbau des Aluminiumoxid-Dielektrikums eines Hochvolt-Elkos (links Elektronenmikroskop-Aufnahme, rechts schematische Darstellung).
© Jianghai

»Energy-Kondensatoren« für die Zukunft

Schon seit den 1950er Jahren lassen sich größere Energiemengen in Doppelschichtkondensatoren (Electric Double-Layer Capacitor, EDLC) speichern. Heute sind Doppelschichtkondensatoren als Super Caps, Ultra Caps, Gold Caps und unter vielen weiteren Namen bekannt. Weiterentwickelt erreichen sie Kapazitäten von mehreren hundert Farad und bieten sehr hohe Leistungsdichten (siehe Bild 1). Hohe Leistungsdichten allein können jedoch nicht gegen die ebenfalls weiterentwickelten Batterien und Akkumulatoren bestehen.

Eine Technologie mit dem Namen »Energy-Capacitors« verleiht den Kondensatoren als Energiespeicher neuen Schub. Energy-C basiert auf einer Doppelschicht-Technologie und deren Weiterentwicklung zur Serienreife durch Jianghai. Das Energy-C-Konzept ermöglicht es, einen für die jeweilige Anwendung passenden Energiespeicher auszuwählen. Die Technologie nutzt im Grundsatz zwei Kondensatortypen: den klassischen Doppelschichtkondensator und den neuartigen Lithium-Ionen-Kondensator (LiC). 

Die Basis beider bildet die EDLC-Technologie, welche entsprechend optimiert mit einer relativ hohen Energiedichte und einer sehr hohen Leistungsdichte besticht (siehe Bild 1). Zwei symmetrische Aktivkohle-Elektroden tragen dabei jeweils die namensgebende Doppelschicht (Bild 4a). 

Bild 4. Elektrodenaufbau der drei Technologien „EDLC (a)“, „LiC (b)“ und „LiB (c)“.
Bild 4. Elektrodenaufbau der drei Technologien »EDLC (a)«, »LiC (b)« und »LiB (c)«.
© Jianghai

Die zweite Technologie mit geänderter Konstruktion ermöglicht eine signifikant höhere Energiedichte. Eine mit Lithium dotierte Graphitelektrode ersetzt eine der beiden symmetrischen Elektroden. Die asymmetrische Konstruktion dieses Lithium-Ionen Kondensators (LiC) erlaubt weitaus höhere Energiedichten, hat jedoch gegenüber dem EDLC geringere Leistungsdichten. Beide Konstruktionen besitzen Stärken, mit denen sie sich für unterschiedliche Einsatzgebiete empfehlen. 

In Bezug auf die Energie- und Leistungsdichte positioniert sich der Lithium-Ionen Kondensator (LiC) zwischen dem Doppelschichtkondensator (EDLC) und der Lithium-Ionen-Batterie (LiB) (siehe Bild 1). Bild 4 zeigt, dass der LiC eine EDLC-Elektrode (Aktivkohle) und eine LiB Elektrode (dotiertes Graphit) besitzt. Dies hat zu Folge, dass der Lithium-Ionen-Kondensator sich den Akkumulatoren annähert. Dabei bleibt der Vorteil schneller Ladung- und Entladung weitestgehend erhalten. Dies ermöglicht viele Ladezyklen im Minutenbereich. Für noch schnellere Lade- und Entladezyklen ist jedoch der EDLC wiederum die bessere Wahl. 

Interessante Eigenschaften beim Energy-C

Neben den Ladenzeiten gibt es weitere Argumente beim Energy-C, die gegenüber den Akkumulatoren bestechen:

  • Im Bereich Zyklenfestigkeit und Lebensdauer sind die Energy-Cs den Akkumulatoren weit voraus. Spricht man bei Lithium-Ionen-Akkumulatoren von knapp tausend Zyklen, so kommen die LiC auf mehreren zehntausend Zyklen und die Doppelschichtkondensatoren erreichen sogar Werte von vielen hunderttausend Zyklen. 
  • Die spezielle Konstruktion und Materialkombination des Lithium-Ionen-Kondensators sorgt für Stabilität und Ladungserhalt auch bei hohen Temperaturen. Bleiben sowohl Akkumulatoren und LiC bei Raumtemperatur noch stabil und entladen sich über 2500 h weniger als 5 %, verliert ein EDLC schon 30 % der Ladung nach 2000 h. Bei 60 °C erhöht sich die Entladung erheblich durch die beschleunigten chemischen Reaktionen zwischen Elektrolyt und Elektrodenmaterial. Die Folge dieser chemischen Reaktionen ist ein erhöhter Leckstrom und dieser führt zum Ladungsverlust bei Akkumulatoren und EDLCs gleichermaßen. Während die Leckströme des Li-C weiterhin gering ausfallen, verliert bei hohen Temperaturen auch der Lithium-Ionen-Akkumulator nach 2500 h bis zu 30 % seiner Ladung. Bei den EDLCs erfolgt dies bereits nach 500 Stunden. Bei Energy-Harvesting-Anwendungen beispielsweise bietet der Li-C deutliche Vorteile.
  • Beim Thema Sicherheit und Zuverlässigkeit kann der LiC ebenfalls punkten: Er ist genauso sicher wie ein EDLC, bedingt durch das spezielle Verfahren, welches die Lithium-Ionen fest in den Molekularverband der Kohlenstoffstruktur einbettet (Dotierung). Anders als bei Lithium-Akkumulatoren brauchen keine aufwendigen Konstruktionen eingesetzt werden, um die Gefahr eines thermischen Driftens mit den bekannten Brandrisiken zu reduzieren. Durch die Dotierung gibt es im Kondensator weder metallisches Lithium noch Lithiumoxid. Das Dotierungsverfahren ermöglicht somit, dass sich der Kondensator selbst bei mechanischer Beschädigung, hoher Temperatur, Über- oder Tiefentladung stets in einem sicheren Zustand befindet.
  • Die Produktion eines LiC benötigt weniger als 3 % der Lithiummenge einer LiB gleichen Volumens. Neben dem Aspekt des effizienten Ressourceneinsatzes ergibt sich ein geringeres Gewicht bzw. eine kleine Bauform als schöner Nebeneffekt. 

Insgesamt bietet die LiC-Technologie als Teil des Energy-C-Konzepts von Jianghai viele Vorteile. Doch in dieser Technologie steckt noch weiteres Potenzial. Zukünftig sollen Energiedichten von 50 Wh/kg und Leistungsdichten von mehr als 30 kW/kg erreicht werden. Dazu forscht Jianghai an neuen Elektrodenmaterialen, welche die Leitfähigkeit weiter steigern sollen. Optimierte Elektrolyte erweitern zudem den Temperaturbereich des Bauteils bzw. steigern die Temperaturstabilität. 

Das Ragone-Diagramm (Bild 1) deutet bereits an, dass der Lithium-Ionen-Kondensator einen neuen Bereich für Anwendungen erschließt, die zuvor weder Akkumulatoren noch alle anderen Kondensatoren abdeckten. Das Energy-C-Konzept als Ganzes stellt damit eine neue Technologie für vorhandene und zukünftige Applikationen der Energiespeicherung dar. Bleibt noch der Hinweis, dass die beschriebenen Kondensatoren bei dem chinesischen Kondensatorhersteller bereits in Serie gefertigt werden und sich unter Realbedingungen bewähren.


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