Stabübergabe bei TTI in DACH

»Verfügbarkeit ist Investment in unsere Kundenbeziehung«

30. Januar 2023, 10:00 Uhr | Karin Zühlke
Interview TTI
Uwe Reinecke (links) und Marc-Gregor Reiterer, TTI, sprechen mit Karin Zühlke, Markt&Technik, über die Stabübergabe bei TTI in DACH und die Zukunft der Distribution.
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Uwe Reinecke, langjähriger Regional VP von TTI für Zentral- und Osteuropa, geht zum 1. April in den Ruhestand. Die Nachfolge steht längst fest: Marc-Gregor Reiterer ist seit 1. Juli 2022 Regional Vice President Central Europe und arbeitet eng mit Reinecke zusammen.

Beide loben die Chancen der vorausschauenden Stabübergabe. Reiterer setzt vor allem auf Kontinuität und Bewährtes. Schließlich gehe es nicht darum, allem einen neuen Stempel aufzudrücken.

Markt&Technik: Zentraleuropa umfasst bei TTI die DACH-Region, also Deutschland, Österreich und Schweiz. Wie ausgeprägt ist der Footprint von TTI in Österreich und der Schweiz?

Marc-Gregor Reiterer: Die beiden Regionen sind unter dem Dach von Zentraleuropa vereint und arbeiten autark jeweils mit einer Bürostruktur, die die regionalen Besonderheiten berücksichtigt. So haben wir für Österreich ein Büro in Wien und zudem Außendienstmitarbeiter, die übers Land verteilt im Homeoffice tätig sind. Ähnlich verhält es sich in der Schweiz: Hier arbeiten wir mit einem Büro bei Zürich und Außendienstmitarbeitern sehr erfolgreich und wachsen sehr gut. Grundsätzlich gilt: Wir wollen die örtliche Nähe zum Kunden.

Uwe Reinecke: In der Schweiz kommt die Besonderheit hinzu, dass mehrere Sprachen erforderlich sind, um den Markt adäquat zu bedienen. Zudem ist die Schweiz ein wichtiger Design-Standort für unsere Kunden, von wo aus Geschäft auch nach Asien oder Osteuropa transferiert wird.

Wie wichtig Deutschland als Markt ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Wie steht es um Österreich und die Schweiz?

Reinecke: Die Schweiz ist seit Langem bekannt als High-Tech-Standort für Medizintechnik und Biotechnologie; nicht zuletzt dadurch hat der Markt während der Pandemie sehr stark angezogen. Aber auch Automotive und Defense sind hier am Wachsen. In Österreich stellen wir viel Bewegung nach Osteuropa fest und arbeiten sehr eng mit unserer Kollegin für Osteuropa zusammen, dass die Projekte entsprechend weitergeführt werden.

Sie haben den Defense-Markt erwähnt – angeblich soll dieses Segment auch in Deutschland wieder aufkeimen, nachdem von politischer Seite mehr Etat in Aussicht gestellt wurde. In der Elektronikfertigung scheint davon allerdings (Stand Herbst 2022) noch nichts anzukommen. Inwieweit nimmt das Geschäft aus Ihrer Sicht zu?

Reinecke: Die Elektronikfertiger werden das jetzt noch nicht sehen, denn konkrete Aufträge laufen noch nicht.

Reiterer: Dieses Geschäft ist langfristig, da werden Entscheidungen nicht von einem Tag auf den anderen getroffen.

Reinecke: Aber nach unserer Wahrnehmung wird dies bei Kunden, die für Gesamt-Nato-Länder fertigen, nicht nur für die Bundeswehr, schon sichtbar. Für uns als globales Unternehmen war Defense gerade auch während der Pandemie-Zeit ein großer Wachstumsmarkt; hier in Europa ist der Anteil aber eher gering und liegt im einstelligen Prozentbereich. Aber insgesamt gesehen ist das für uns für die nächsten Jahre ein erwarteter Wachstumsmarkt. Denn die Luftfahrt kommt zurück und die Erkenntnis, dass man mehr in die Verteidigung investieren muss. Und dazu kommt on top noch die kommerzielle Satelliten-Technologie. Es gibt auch einige US-Firmen, die in Europa Produktionen aufbauen wollen, aber man will die IP-Sicherheit gewährleisten, und deshalb scheint die Schweiz dafür ein interessanter Standort aufgrund der Neutralität. Und dort gibt sehr gute lokale Elektronik-Fertiger, die dieses Geschäft abdecken können.

TTI verfügt seit Langem über MIL-Aero-Zertifzierungen für die kundenspezifische Stecker-Konfektionierung. Werden diese Services jetzt weiter ausgebaut?

Reiterer: Ja, wir bauen derzeit unser Value-Added-Services-Segment, wie wir es nennen, weiter aus und neue Mitarbeiter werden eingestellt; gerade der MIL-Bereich ist hier sehr stark, aber auch die Industrie.

Ein Blick auf die klassischen Wachstumsmärkte: Der Automotive-Markt hat in der Pandemie bekanntlich arg gelitten. Inwieweit kommt er jetzt zurück – oder eben auch nicht?

Reiterer: Das klassische Automotive-Geschäft ist flach bis leicht rückläufig, wenn wir den Auftragseingang betrachten. Das ist aber auch kein Geheimnis, denn die Automobilhersteller haben in den vergangenen, von Corona überschatteten Jahren deutlich weniger Fahrzeuge verkauft als vor der Pandemie.

Der EV-Markt (Anm. d. Redaktion: EV = Electronic Vehicle) ist hingegen absolut am Kommen. Die Herausforderung ist dabei natürlich, dass sich der EV-Markt nicht mehr auf die klassischen Tier-Ones und Tier-Twos konzentriert, sondern viele Firmen quasi aus dem Boden sprießen. Darauf haben wir ein großes Augenmerk mit unserem Transportation-Team, das sich nur um diese Kunden kümmert und herausfinden muss, welche Firmen künftig eine Rolle spielen werden.

Das klingt ein bisschen nach Goldgräberstimmung. Dabei hat EV aus meiner Sicht noch viele Defizite, allein die Reichweite!,

Reiterer: Die wichtigste Frage aus meiner Sicht ist die nach der Lade-Infrastruktur. Selbst wenn sie längere Reichweiten hätten – es wird eine substanzielle Infrastruktur benötigt, um die Fahrzeuge zu laden. Inzwischen setzen einige Firmen bereits auf Wasserstoff und stecken sehr umfassende Ressourcen in diese Technologie. Auch in diesem Feld sind wir derzeit am Eruieren, denn auch in puncto Wasserstoff gilt: Es steigen Firmen ein, die bisher in diesem Segment noch gar nicht tätig waren.

Reinecke: Ja, es herrscht in der Tat Goldgräberstimmung. Es gibt viele Möglichkeiten, aber auch Risiken. Wie Marc schon sagte: Das Automotive-Geschäft im klassischen Sinne ist negativ, aber wir waren nie so stark auf dieses Segment der OEMs oder dominanten Tier-Ones fokussiert wie einige Wettbewerber. Dieses Jahr schließen wir dennoch in Europa mit einem Wachstum im zweistelligen Prozentbereich im Bereich Transportation ab, eben weil wir stärkeren Fokus auf das Geschäft mit Infrastruktur und EV haben, aber eben auch im Bereich Landwirtschaft, Schwerlastfahrzeuge sowie Schienenverkehr erfolgreich unterwegs sind.

Welchen Einfluss hat der Russland-Ukraine-Krieg derzeit noch auf das Automotive-Geschäft? Anfänglich waren ja einige Automotive-Zulieferer stark betroffen.

Reinecke: Die Effekte merkt man durch Energiepreise und dass wir nicht mehr nach Russland liefern. Aber ansonsten ist der Effekt nach anfänglich etwas stärkeren Unsicherheiten überschaubar.

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  1. »Verfügbarkeit ist Investment in unsere Kundenbeziehung«
  2. Die Zukunft der Distribution
  3. Einflüsse auf die Preisgestaltung
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