Slobodan Puljarevic, President von EBV

»Zwei Milliarden Euro bis 2020«

12. Juli 2019, 8:59 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Wie wird das Thema Digitalisierung integriert?

Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund für den zu erwartenden Abschwung?

Das Hauptproblem ist die Supply-Chain. Jeder hat aufgrund der Allokation sprichwörtlich gehamstert. Die Kunden – Auftragsfertiger gleichwohl wie OEMs – sitzen auf großen Beständen. Das zieht sich nach hinten in die Lieferkette durch bis zu den Komponentenherstellern. Das Problem ist, dass die Fertigungsdienstleister bestimmte Bauteile während der Allokation nicht bekommen haben und daher einige Aufträge nicht fertig produzieren konnten. Insofern liegt die nicht verbaute Ware bei den Produzenten immer noch auf Lager, während selektive Komponenten lange Zeit fehlten oder noch fehlen. Zum Beispiel Power-MOSFETs sind immer noch knapp.

Darüber hinaus wird die Wirtschaft auch durch die machtpolitischen Faktoren aus China und den USA beeinflusst. Das alles trägt nicht gerade zur Entspannung bei. Gleichzeitig ist der chinesische Automobilmarkt rückläufig und die Industrie hängt zu einem guten Teil von der Entwicklung des Automobilmarktes ab.

Diese Faktoren spielen jetzt alle zusammen. Viele haben die Augen verschlossen und wollten den sich ankündigenden Abschwung nicht wahrhaben. Dass wir bei EBV proaktiv gehandelt und wo erforderlich Korrekturen vorgenommen haben, bringt uns jetzt Vorteile, weil wir unsere Kosten unter Kontrolle haben.

Wie wollen Sie EBV also in Zukunft ausrichten?

Die Strategie einer überschaubaren Linecard werden wir beibehalten. Zudem wird Demand-Creation in unserem Geschäftsmodell eine Schlüsselrolle spielen, das ist auch unser wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Ich schätze, in vier bis fünf Jahren werden 50 Prozent unserer FAEs softwarelastig sein. In diese Richtung werden wir – wie schon gesagt – auch weiter investieren.

Welche Rolle wird das klassische Fulfillment künftig einnehmen?

Wir haben dazu eine Abteilung „Log On“ gegründet mit einem eigenen Sales-Team. Für den Inside Sales haben wir einen Hub in Belgrad ins Leben gerufen. Wir planen, dort sukzessive zu investieren und den Standort auch mit Mitarbeitern rund um den Kundenservice ausbauen. Das wird uns dabei helfen, einen gesunden Mix aus Fulfillment und Demand-Creation zu betreiben. Die niedrigeren Lohnkosten in Belgrad werden uns bei der Kostenkontrolle unterstützen. Gleichzeitig sind die Menschen in Belgrad froh über weitere Arbeitsplätze, da die Arbeitslosigkeit dort hoch ist. Man bekommt vor Ort relativ einfach gutes Personal, wohingegen wir hier in der Region bekanntlich fast Vollbeschäftigung haben.

Werden dadurch Arbeitsplätze hier am Headquarter in Poing wegfallen?

Wir werden hier deswegen keinen Mitarbeitern kündigen. Wenn uns Mitarbeiter verlassen, wollen wir diese in Belgrad ersetzen, sofern die Verlagerung Sinn ergibt. Die Kernkompetenzen bleiben selbstverständlich hier vor Ort.

Und wie integrieren Sie das Thema „Digitalisierung“ in Ihrem Geschäftsmodell?

Wir haben über alle Speedboats übergreifend eine eigene Abteilung gegründet, die sich rein digitalen Themen widmet – von KI bis hin zur Robotik inklusive Software. Im Rahmen dessen beschäftigen sich zum Beispiel Spezialisten mit Avatar-Programmierung. Dabei werden Prozesse oder Vorgänge, die sich stetig wiederholen, von der Software übernommen. Hierzu haben wir schon zahlreiche Projekte am Laufen. Kurzum: Wir investieren sehr viel in die digitale neue Welt.

Es herrschen immer noch Vorbehalte gegenüber der Digitalisierung, speziell wenn es um Arbeitsplätze geht.

Diese Ansicht teile ich nicht. Ich vergleiche die Situation gerne mit der industriellen Revolution: Vor 100 Jahren mussten Arbeiter beim Bau einer Autobahn 16 Stunden am Tag arbeiten. Die Industrialisierung brachte Baufahrzeuge mit sich, und gleichzeitig haben sich die Leute intellektuell weiterentwickelt und aus einem 16-Stunden-Arbeitstag wurde ein 8-Stunden-Tag. Insofern brachte die industrielle Weiterentwicklung einen Gewinn für die Menschen und nicht umgekehrt. So wird es meines Erachtens auch bei der Digitalisierung sein.


  1. »Zwei Milliarden Euro bis 2020«
  2. Wie ist die Franchisestrategie in der Zukunft?
  3. Wie wird das Thema Digitalisierung integriert?

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