Aber à propos Lager – auch in der Distribution sind die Bestände ja allokiert.
Wir haben vor Ort Lager für Bestandskunden. Das ist schließlich auch die Kernaufgabe der Distribution.
Ihr Einstieg zu Beginn der Coronakrise war ja ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Wie dürfen wir uns das genau vorstellen?
Mein Vorgänger Thomas Brachtel und ich hatten eine zweimonatige Übergangsphase. Allerdings haben wir uns räumlich bewusst separiert: Herr Brachtel war im Homeoffice, ich hier vor Ort. Wir haben das meiste über Teams-Meetings abgestimmt, was sehr gut funktioniert hat.
Und wie sieht Ihre Strategie aus?
Strategisch bauen wir auf die Kernkompetenzen: Kommunikation und Kundenbeziehungen kombiniert mit neuen Technologien.
Inwiefern neue Technologien?
Dazu gehören viele Facetten: Wie gestalte ich meinen Vertrieb, meinen Außendienst – was kann ich mit Vertriebswegen machen, welche Auswirkungen hat Corona auf den Vertrieb? Darüber hinaus betrifft es den Webshop, IT-Systeme sowie auch durchdachte Logistikkonzepte und in erster Linie die technische Beratung.
Was genau meinen Sie mit durchdachter Logistik?
Machbar ist alles, wir nennen das Service à la carte. Angefangen beim schon erwähnten eigenen Lieferservice bis hin zu eigenen Verpackungen, die schon ESD-geschützt sind. Wir können dann anliefern, wenn der Kunde es braucht, und wir können die Ware so konfektionieren, dass der Kunde die gleich weiterverarbeiten kann. Wir testen auf Kundenwunsch die Ware auch schon bei uns. Der Kunde bekommt dann das Protokoll und die Sache ist durch. Es geht darum, was für den Kunden am meisten Sinn macht, ergo ein lösungsorientierter Ansatz.
Wie weit geht Ihre technische Beratung?
Unsere technische Beratung geht bis hin zur Auswahl von Second oder Third Sources, Layout-Kontrolle, Testaufbau. Zudem bieten wir technische Beratung, die sich auf die Baugruppe bezieht: etwa Muster für Freigaben usw.
Passive gelten bisweilen landläufig als nicht beratungsintensiv bzw. nicht beratungsbedürftig.
Dafür gibt es genügend Gegenbeispiele. Der Austausch von Spulen oder Quarzen braucht natürlich technische Beratung. Einen Quarz müssen Sie schließlich richtig ansteuern, damit er nicht übersteuert wird – trivial, aber man sollte sich mit den Parametern vertraut machen.
Was hat sich bei MBS seit Beginn der Pandemie verändert?
Status quo ist, dass wir nur noch ein Zehntel der Reisetätigkeit im Vergleich zu früher haben. Es gibt immer mal Hybrid-Meetings, aber dass wir tagelang terminiert reisen, davon sind wir noch weit weg. Der Vorteil ist, dass Vieles über Videokonferenzen stattfinden kann. Das ist gut praktikabel, wenn man den Kunden kennt. Aber bei Neukunden, aber auch bei neuen Projekten bei bestehenden Kunden ist das schwieriger. Da braucht man schon die Präsenz-Meetings. Ich bin der Meinung, ein persönliches Gespräch ist durch nichts zu ersetzen.
Wie sehen Sie die Rolle der Distribution in Zukunft?
Ich hatte das Glück, dass ich aus der Entwicklung komme, und durfte viele Firmen kennenlernen. Die Rolle der Distribution ist wichtig als Schnittstelle zu einer Kundenstruktur, die der Hersteller nicht bedienen kann oder möchte. Die großen Hersteller haben ganz klar ihren Fokus in der Produktentwicklung und der Produktion der Bauteile.
Für mittelständische Unternehmen ist die Distribution für die Versorgung absolut notwendig: Wir haben als Distributoren die Möglichkeit, Packages zu schnüren, feste Konditionen, und wir haben den Pluspunkt, dass wir nach deutschen AGBs arbeiten und man sich auf der gleichen Ebene begegnen kann. Hinzu kommt, dass wir auch herstellerunabhängig beraten können. Wir können die Kunden darüber hinaus technisch unterstützen und haben die Möglichkeit, objektiv die optimale Lösung anzubieten.
Was macht MBS aus Ihrer Sicht für Hersteller attraktiv?
Das hängt von der Distributionsstrategie der Hersteller ab. Lokale Distributoren wie MBS im Netzwerk zu haben, die neue Kunden und neue Applikationen bedienen, ist absolut sinnvoll. Für uns ist das eine Aufgabe, die wir sehr ernst nehmen; beispielsweise können wir für Hersteller den Markt anhand unserer Kundendaten analysieren. Wir pflegen langjährige Kundenbeziehungen in den Maschinenbau- und Industriekunden-Sektor.
Wir bieten unseren Kunden darüber hinaus an, über neue Produktdesigns zu sprechen. Wir setzen ein Team zusammen, eruieren den Markt und kommen mit Feedback zurück, und das zeitnah und nicht erst in zwei oder drei Jahren. Das heißt, wir gewinnen tiefe Einblicke, die andere Anbieter nicht haben.
Was halten Sie von den Online-Portalen bzw. Marktplätzen, die sich vermehrt in der Elektronik-Industrie auftauchen?
Diese Plattformen sind Teil unserer Industrie und haben sicher ihre Berechtigung. Für uns als Vertriebskanal ist das weniger interessant, da wir kein freies Lager für Neukunden haben.
Und wie geht’s 2022 weiter bei MBS?
Wir planen, unseren Vertriebsaußendienst technisch zu erweitern und wollen den bestehenden Service weiter ausrollen auf neue Kunden. Dazu brauchen wir Verstärkung, sobald sich die Gesamtsituation etwas entspannt hat. Wir arbeiten auch weiter an Lösungen, die Beratung zu intensivieren, auch wenn man nicht beim Kunden vor Ort sein kann. Natürlich sind Hybrid-Meetings oder Online-Meetings eine Möglichkeit, aber vielleicht gibt es auch noch weitere Optionen. Wir arbeiten daran!