Mehr oder weniger alle Katalogdistributoren verkaufen inzwischen offiziell auch Produktionsvolumina. Tangiert Sie das?
Hier geht es nicht um Demand Creation, sondern um Fullfilment, und somit betrifft es nicht unser Kerngeschäft. Insofern sehen wir das recht gelassen und sehen auch keine dramatischen Veränderungen auf unser Geschäftsmodell zukommen. Wir glauben aber, dass es große Unternehmen in unserer Branche gibt, die dadurch gehörig ins Schwitzen kommen könnten.
Viele Distributoren bieten inzwischen Online-Bestellmöglichkeiten an. Bei Codico habe ich zumindest auf den ersten Blick so etwas nicht gefunden – gibt es Pläne für einen Online Channel?
Wir glauben, dass sich die Kommunikation grundsätzlich ändern wird, und sind überzeugt, dass wir Strategien entwickeln müssen, diesem Fortschritt gerecht zu werden. Jeder muss für sein Geschäftsmodell den richtigen Weg finden, und der ist heute zum großen Teil auch digital. Wir werden nicht ein weiterer Wettbewerber zu den vielen Katalogdistributoren werden, aber wir möchten den Kunden dabei helfen, schneller in ihrer Entwicklung zu sein. Unsere Online-Strategie wird in diese Richtung gehen und Anfang 2016 umgesetzt werden: Wir werden einen Muster-Shop anbieten, um dem Kunden schneller Informationen und Muster oder Dev Kits und App Notes zukommen zu lassen. Aber wir werden weiterhin keine Commodities online verkaufen.
Sie haben in den letzten Jahren Ihre Internationalisierung vorangetrieben – wo stehen Sie heute, und welche Ziele hat Codico in Bezug auf die Internationalisierung?
Traditionell kommen wir aus Österreich und Osteuropa, seit 15 Jahren sind wir in Deutschland erfolgreich etabliert und decken das gesamte Bundesgebiet mit inzwischen 17 Vertriebsbüros ab. In Frankreich, UK, Italien und Nordic haben wir unsere Präsenz ebenfalls erweitert und wollen sie auch weiter deutlich ausbauen. In die Regionen Benelux, Spanien, der Schweiz und Portugal verkaufen wir zwar schon, bieten aber noch keinen Vertrieb vor Ort. Den bauen wir sukzessive auf. Unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen ganz Europa mit einer eigenen Vertriebsmannschaft abdecken. Unsere intern formulierte und sicher ambitionierte Vision lautet: „Wir wollen die Nummer 1 im Demand Creation Markt in Europa werden!“
Wie managen Sie die internationale Logistik? Direkt oder über Hubs?
Wir sprechen logistisch betrachtet von einem weltweiten Markt. Die Produktionen finden in Mexiko, China, Indonesien, USA, Marokko usw. statt. In Österreich verfügen wir über ein vollautomatisches Logistikzentrum. Zusätzlich bieten wir einen Logistik Hub in Hong Kong und evaluieren weitere internationale Optionen. Ganz grundsätzlich sind wir an einem Punkt, an dem wir unsere Logistikkapazitäten und den Grad an Automatisierung in absehbarerer Zeit wieder deutlich ausbauen werden.
Ihre jüngste Akquisition ist die schwedische Broadband Technology – wie kam es zu dieser Übernahme?
Das Zusammenspiel vieler Faktoren war hier entscheidend. Ein schwieriger Punkt bei einer Expansion ist, dass die Hersteller mitziehen und uns die Möglichkeit geben, in neuen Ländern tätig zu sein. Ein anderer Punkt sind die Mitarbeiter, die mit uns menschlich harmonieren und auch fachlich die passenden Voraussetzungen haben müssen. Codico hat Werte nicht nur definiert, wir leben sie, und unsere Mitarbeiter tun das auch. Wir kennen die Mitarbeiter von Broadband seit Jahren, und die Beziehung zueinander hat sich über Jahre entwickelt. Eigentlich ist uns organisches Wachstum viel lieber, weil hier neben den technischen Fähigkeiten auch die Soft Skills und Werte organisch mitwachsen können. Aber in diesem Fall hat es perfekt gepasst, und Broadband war ein absolutes Wunschteam für uns. Broadband hatte eine kritische Größe unter 10 Millionen Euro Umsatz und hätte sich mittelfristig alleine am Markt schwergetan. Insofern war die Akquisition eine Win/Win-Situation für beide Seiten. Alle Mitarbeiter und die Eigentümer bleiben an Board – wir sind glücklich über jede Ressource.
Wie wird Broadband in Codico eingegliedert?
Die Marke Broadband ist seit 15 Jahren in den nordischen Ländern erfolgreich etabliert, insofern wäre es nicht klug, wenn wir das nicht nützen würden. Die Marke bleibt also vorerst erhalten.
IoT/Industrie 4.0/Digitalisierung sind die Trend-Schlagworte der Stunde. Welches Potenzial sehen Sie in diesen Trends?
Wir sehen hier riesiges Potenzial – das sind DIE Trends der nächsten Jahre. Weitere Bereiche, die es abzudecken gilt, sind die künstliche Intelligenz sowie Health- und Fitness-Applikationen. Einfach zusammengefasst: Alle smarten Bereiche beschäftigen uns. Denn all diese Trends sind Elektronik-getrieben, und je mehr Komplexität in Systemen steckt, je mehr Ansprüche vorhanden sind und je mehr vernetzt wird, umso mehr werden wir als Demand-Creation-Unternehmen benötigt.
Und wie lautet Ihr Ausblick für 2016 im Hinblick auf Wachstumsfelder, Trends – und vielleicht weitere Akquisitionen?
Wir freuen uns auf das Jahr und haben viel vor. Der Markt wird spannend bleiben. Ich glaube, dass wir weitere Akquisitionen und Marktkonzentrationen bei Herstellern und Distributoren erleben werden. Der Markt wird wachsen, und wir planen, deutlich stärker zu wachsen als der Markt. Codico wird weiter investieren und weiter „Gas geben“! Und um auf Ihre Frage nach weiteren Akquisitionen zu antworten: vielleicht. Wenn es passt, dann passt´s, wie wir so schön sagen. Und wenn das der Fall ist, dann schlagen wir wieder zu.
Das Interview führte Karin Zühlke