Eine Frage zu passiven und elektromechanischen Bauelementen: Diese sind häufig Schüttgut, gekennzeichnet von großen Mengen und niedrigen Margen, wie ein großer süddeutscher Distributor bemerkt hat. Wie schafft es WDI, in diesem Geschäftsfeld dem Kunden auch noch Beratungsleistung zu bieten?
Dunger: Auch relativ einfach zu beantworten: Alles, was im sogenannten Passivbereich Schüttgut ist, haben wir gar nicht im Sortiment. Wir haben zwar die Hersteller im Sortiment, die auch teilweise bekannt sind für das sogenannte Hühnerfutter, aber diese Produkte fokussieren wir nicht.
Wir konzentrieren uns auch dort explizit auf spezielle Produkte, die einen hohen oder sehr hohen Beratungsbedarf haben und in der Regel über das Entwicklungsumfeld definiert werden. Wir verkaufen Widerstände für 15 € pro Stück, aber nicht für 15 € per Zehntausend. Und das ist ein großer Unterschied.
Kann man die bei Ihnen gar nicht kaufen?
Dunger: Die bieten wir gar nicht an. Das ist eine Sache, wo wir ganz klar auch sagen: Wir haben zwar auch diesen Hersteller, der dies auch kann und tut. Aber da wenden Sie sich bitte an einen unserer Broadliner-Kollegen, die sich eben um diese reinen Commodities kümmern. Und das ist genau die Crux. Es gibt eben Widerstände, die man nach Gewicht abrechnet, und es gibt Widerstände, die eben richtig Geld kosten. Die dann z.B. im Bereich der Medizintechnik, in der Luft- und Raumfahrt oder im Automobilbereich Anwendung finden. Widerstände für Spezial-Anwendungen, die sich im Euro-Bereich pro Stück bewegen, sind unser Fokus. Und die Hersteller, die wir im Sortiment haben, die zeichnen sich oft auch dadurch aus, dass diese auch bei unseren Broadliner-Kollegen vertreten sind. Viele Linien, die wir haben, finden Sie bei allen großen Broadlinern, bei allen Katalog-Distributoren und eben auch bei WDI. Oft fragen sich die Leute, was will denn dieser Hersteller mit der kleinen, spezialisierten WDI AG? Wir decken für den Hersteller primär die Segmente ab, wo es wirklich um Design-in geht. Und deswegen tauchen wir sehr oft zwischen den großen marktdominierenden Broadliner-Distributoren auf, welche in der Regel aber eben ein anderes Geschäftsmodell haben als wir.
Auch wenn die einen großen Außendienst haben, einen großen FAE-Club. Oftmals fokussiert man dort natürlich als allererstes die wertigen Halbleiter-Produkte und nicht einen Widerstand, eine Induktivität oder gar so einen skurilen Taktgeber. Und das haben auch viele Hersteller erkannt und deswegen jemanden wie die WDI AG, die eben in diesem, sagen wir mal: kleineren Segment unterwegs ist, mit ins Boot geholt. Auch herrscht in diesem Produkt- und Technologiesegment ein nicht so ausgeprägter Preis- oder Verdrängungswettbewerb, da oftmals die Produkt-Performance im Vordergrund steht und weniger ein Logistikvertrag. Ein ganz großer Unterschied, ein ganz anderer Markt.
Sie haben aktuell die Produkte von rund 60 Herstellerfirmen im Programm. Wie viele davon haben Sie in DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) exklusiv und wie gehen Sie mit denen um, die gleichermaßen auch über Ihren Wettbewerb an den Markt gehen?
Dunger: Grundsätzlich versuchen wir jede Art von Exklusivität zu vermeiden. Weil Exklusivität wirklich kein hilfreiches Alleinstellungsmerkmal ist.
Nicht?
Dunger: Nein, das ist eben nicht so. Exklusivität hat den großen Nachteil, dass in der Lieferanten-Distributor-Beziehung eine Vergleichbarkeit fehlt. Wir haben über die Jahre gelernt, dass es viel schöner ist, wenn wir eine gewisse Anzahl an Marktbegleitern haben, die das Produkt auch anbieten. Damit der Hersteller unseren Erfolg benchmarken kann mit der Leistung der anderen Vertragspartner. Das soll jetzt nicht arrogant klingen, aber das ist tatsächlich oftmals hilfreich. Weil nur dadurch kann unser Vertragslieferant unsere Leistungsfähigkeit richtig bewerten. Wenn wir alleine in einem Markt sind, wird natürlich tendenziell immer gesagt, ihr müsst noch viel mehr machen, das ist viel zu wenig und so weiter und sofort. Es fehlt ja jeder Fremdvergleich unserer Leistung. Aber wenn wir gerade mit bestimmten Produkten z.B. auch unsere Broadliner-Kollegen als Wettbewerber haben, ist eben für unseren Lieferanten, für unseren gemeinsamen Hersteller der Vergleich unserer Leistungsfähigkeit viel einfacher und lässt uns viel ruhiger arbeiten. Ja, weil wir die ganzen kommerziellen Themen nicht immer wieder diskutieren müssen, sondern relativ schnell in unserem Segment sehr selbstbewusst an der Spitze stehen. Und das ist jetzt nicht so, weil wir so überragend sind, sondern weil wir uns ja nur diesem einen Segment ausschließlich widmen und wir – mangels Alternativen – es zu einem Erfolg werden lassen müssen. Wir müssen schlichtweg mit den wenigen Linien erfolgreich sein, die wir haben.
Das war ein gutes Stichwort. Ich habe in der Frage 2 nach den Säulen Ihrer Organisation gefragt. Wie entwickelt sich das Geschäft des Bereiches PEMCO versus FCP?
Dunger: Wir sind immer noch sehr ausgewogen, was PEMCO und FCP betrifft, und machen etwa 60 % FCP und 40 % PEMCO. Das verwundert manche extrem, weil viele uns ausschließlich als FCP-Distributor sehen. Man muss aber fairerweise PEMCO attestieren, dass dieses Gebiet einen jahrzehntelangen Vorlauf hat und unser PEMCO-Team bei vielen unserer Kunden über ein sehr gutes Standing verfügt. Deswegen ist auch dieses klassische Geschäft im Bereich der passiven und elektromechanischen Bauelemente nachhaltig wachsend. Unser Wachstum im Bereich PEMCO liegt – betrachtet man die vergangenen drei Geschäftsjahre – konstant zwischen 10 und 12 % netto per anno. Betrachtet man gar die vergangenen zehn Jahre, ist es ein ganz lineares Wachstum. Der FCP-Bereich hingegen wächst dynamischer, manchmal aggressiver, jedoch auch volatiler. Wir haben schon Jahre gehabt da sind wir 16 bis 17 % gewachsen, es gab aber auch schon ein Jahr mit über 30 % Wachstum. Generell ist es daher schwierig und auch nicht zielführend, unsere beiden Geschäftsbereiche in Wettbewerb zu setzen oder gar miteinander zu benchmarken. Kunden, Produkte und Marktmechanismen sind hier einfach zu unterschiedlich.
Da haben Sie ja jetzt indirekt meine Frage schon beantwortet. Es verschiebt sich.
Dunger: Beide Bereiche entwickeln sich autonom und folgen den jeweiligen Bedürfnissen und Anforderungen unserer Kunden, des Marktes. Aber es ist durchaus komplexer bei uns, da wir eben nicht nur in der Distribution unterwegs sind, sondern nach wie vor auch noch im Bereich der Hersteller-Repräsentanz agieren. Wir haben Linien, wo wir für den Hersteller, den wir in einem definierten Gebiet, in der Regel im DACH-Raum, für den Hersteller vor Ort beim OEM-Kunden sitzen und dort den technischen, teilweise auch den kommerziellen und logistischen Support übernommen haben. Dies gilt primär für das Segment Automotive, wo es überwiegend so ist, dass Hersteller und Kunden direkt miteinander in Beziehung treten, wir als WDI jedoch eine Mittlerrolle einnehmen, um dem Kunden einen lokalen Support anbieten zu können. Dies ist notwendig, da viele Hersteller in Deutschland oder gar Europa über keine eigene Mannschaft verfügen und daher unsere Dienstleistung, aber auch unsere Erfahrung und unser Know-how nutzen. Das Repräsentanzgeschäft macht immerhin noch fast 20 Prozent unserer unternehmerischen Gesamtleistung aus.