Quo vadis Distribution?

Dünne Margenluft in großen Umsatzhöhen

15. Januar 2018, 14:30 Uhr | Karin Zühlke
Georg Steinberger, Vorsitzender des FBDi e.V.
© Avnet

Was hilft das Umsatzwachstum und eine raumgreifende Marktdynamik in allen Segmenten, wenn es an der Wertschätzung durch Kunden und Hersteller fehlt? Die Bauelementedistribution befindet sich im Umbruch – wieder mal oder immer noch? Georg Steinberger, FBDi-Vorsitzender: Das ist erst der Anfang.

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Markt&Technik: Herr Steinberger, wenn Sie an 2017 und die Marktentwicklung in der Distribution denken, was war Ihre größte Fehleinschätzung?

Georg Steinberger: Ich war wohl etwas zu pessimistisch, was die Umsatzentwicklung betrifft. Wir dachten alle – ich nehme mal die ganzen anderen Prognostiker mit in Geiselhaft –, dass die politischen und makroökonomischen Ereignisse – Trump, Brexit, China, Dieselskandal – mehr Einfluss auf die Marktentwicklung in der Komponentenbranche haben würden. Falsch gedacht, oder wie Lothar Matthäus sagen würde: „again what learned“. Ich sollte wohl künftig auf die Marktprognosen in der Zementindustrie schauen.

Wie bitte?

Naja, als ich noch ein junger Journalist war, der über die Elektronikbranche geschrieben hat, sagte mir mal ein alter Hase in der Distributionsbranche, dass er bei der Bestimmung seines nächstjährigen Budgets immer auf die Statistiken der Zementbranche schaut, dann liegt er immer richtig.

Und hat das funktioniert?

Ich hab es nie überprüft, aber die Firma wurde irgendwann gekauft. Vielleicht gab es da noch andere Aspekte, die gewirkt haben…

Zurück zur Distribution. 2017 war wohl ein gutes Jahr.

Die ersten drei Quartale ergaben laut DMASS europaweit ein Plus von über 15 % bei den Halbleitern und (geschätzt) gut 12 % bei IPE (Interconnect, Passiv, Emech). Ich schätze, dass dies auch das Ergebnis für ganz 2017 sein wird. In Deutschland, um Ihre Frage vorwegzunehmen, ist die Lage nach neun Monaten etwas anders – hier wuchsen die Halbleiter in der Distribution um rund 12 %, IPE dagegen um 14 %. Auch hier werden die Zahlen sich wohl auch einigermaßen fürs Gesamtjahr bestätigen.

Woher kommt der Unterschied?

Anderer Industriemix, mehr Direktgeschäft der Hersteller. Hinzu kommt, dass viele deutsche Kunden verstärkt in Osteuropa produzieren, das seit Jahren mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten glänzt. Würde man das hinzurechnen, läge das Wachstum der deutschen Unternehmen wohl über dem Durchschnitt. Eine Schwäche der deutschen Elektronik­industrie gegenüber anderen europäischen Ländern ist mitnichten zu erkennen.

Gab es Währungseffekte?

Sogar deutliche. Der Swing von Anfang 2017 bis jetzt ist signifikant und in einzelnen Quartalen stark zu spüren- von 1,06 Dollar pro Euro bis zu 1,17 Dollar pro Euro, aber über die ersten neun Monate hat sich das ziemlich ausgeglichen. DMASS beispielsweise meldet für die ersten neun Monate der Halbleiterdistribution ein Plus von 15,6 % in Euro und 15,5 % in Dollar.

Reden wir über Trends und nicht so sehr über reine Zahlen. Die Lieferlage ist derzeit angespannt. Woran liegt es?

Nach allem, was ich aus verschiedenen Richtungen höre, ist die Nachfrage allgemein sehr hoch, in allen Marktsegmenten. Klingt nach der Ausrede, weil keine Ahnung, ich weiß, aber das war schon der Tenor bei Ihrem Distributionsforum im Sommer. Verstärkt wird das Ganze durch den Konzentrationsprozess bei den Herstellern, der zu Bereinigung von großen Produktpaletten führt (bei 50 Millionen verschiedenen Elektronikbauteilen gibt es da durchaus Potenzial) und natürlich auch durch den immer komplexeren Herstellungsprozess. Wer noch selbst fertigen kann, ist sicher besser dran, aber vieles läuft heute über Foun­dries. Und wenn jeder aufgrund von hohen Markterwartungen Kapazitäten bei TSMC und anderen kauft, dann wird es halt irgendwann eng. Hinzu kommt, dass die Investitionen in die Halbleiterfertigung in den letzten Jahren eher knapp gehalten wurden. Fragen Sie Bill McLean von IC Insights.


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