MSC war bisher ja auch Avnet-Kunde. Gibt es eine »Stallorder«, wo ein Speedboat, also in diesem Fall MSC, seine Komponenten kaufen muss?
Nein, die gibt es definitiv nicht. MSC ist da völlig unabhängig und kann bei den Schwestern kaufen, muss aber nicht. Die Speedboats werden MSC weiter als Endkunde betrachten. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: Es wird auch keine Sonderbehandlung für MSC geben. Unsere Geschäftsphilosophie besagt, dass jeder unabhängig von den anderen Speedboats für die Führung seines Bereiches verantwortlich ist.
Sind weitere Übernahmen oder Zukäufe geplant?
Wir kaufen nicht, um Größe zu erzeugen, sondern nur, wenn wir dadurch etwas Entscheidendes dazugewinnen. MSC ist sehr Demand-Creation-getrieben und bringt uns neue Expertise bei der Hard- und Software-Entwicklung.
In der Halbleiterdistribution sind wir mit einem Marktanteil von etwa 45 Prozent – laut DMASS, die ungefähr 80 Prozent des gesamten Halbleiterdistributionsmarktes repräsentiert – bestens aufgestellt. Im IP&E- und Embedded-Bereich könnte ich mir vorstellen, dass wir uns irgendwann in Zukunft noch weiter verstärken. Aber aktuell ist das kein Thema, noch sind wir mit MSC beschäftigt.
Kann ein Distributor wie Avnet überhaupt noch organisch wachsen?
Von 2012 auf 2013 haben wir 2 Prozent Marktanteile gewonnen, und das noch ohne MSC. Die Akquisition hilft uns, unsere Marktposition und das Kundenvertrauen zu stärken und damit auch unser organisches Wachstum. Zudem sind wir allgegenwärtig von Elektronik umgeben, und so entstehen immer wieder neue Produkt- und Applikationsmöglichkeiten – wie z.B. in den Bereichen LED, erneuerbare Energien, Sensorik oder Smart Grid.
Wie wird sich der Distributionsmarkt in Europa verändern bzw. weiterentwickeln oder anders gefragt: Bleibt Europa ein interessanter Markt?
Definitv ja! Automotive, Industrie, Internet of Things, Sensorik, das sind alles Bereiche, die sehr stark von Europa aus getrieben werden. Starke Impulse erwarte ich durch den Trend der intelligenten, vernetzten Geräte. Auf der CES in Las Vegas haben viele europäische Firmen ihre neuen Entwicklungen in diese Richtung vorgestellt. Europa ist hier bestens positioniert, und das ist erst der Anfang. Das Potenzial ist riesig.
Gleichzeitig bleibt Europa ein fragmentierter Markt. Die Hersteller werden sich immer mehr zurückziehen und auf die Distribution verlassen. Die Distribution spielt also DIE große Rolle in Europa!
Auf den IDEA/FBDi Trendtagen stellte Zukunftsforscher Dr. David Brosshart fest: »Service ist das neue Produkt.« Georg Steinberger, Vorsitzender des FBDi, formulierte es noch plakativer: »Vierfache Dienstleistung, doppeltes Risiko, halbe Marge«. Was heißt das für die Zukunft der Distribution?
Bisher waren wir eine Hardware-Industrie. Aber es ist wird immer schwieriger, als Hardware-Lieferant profitabel zu bleiben. Die Hardware-Preise sind in den letzten Jahren eklatant gefallen. Hochwertige Controller gibt es jetzt schon für 50 Cent das Stück. Wir erleben seit Jahren eine Deflation im Hardware-Bereich. Die Kunden erwarten jedes Jahr eine Preissenkung, und das wird immer schwieriger.
Die Zukunft liegt meines Erachtens bei Software & Service. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir werden immer ein Hardware-Spezialist bleiben, aber alleine durch Hardware werden wir uns in Zukunft nicht mehr differenzieren können. Aber softwareseitig gibt es noch viel, was wir für unsere Kunden tun können. Darauf werden wir in Zukunft weiter aufbauen.