Interview mit Jörg Strughold, Arrow

»Multichannel-Distribution immer wichtiger«

25. September 2023, 15:00 Uhr | Karin Zühlke
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"Auch klassische Kernkompetenzen erfordern eine Neubetrachtung"

Ist es in Zeiten knapper Verfügbarkeiten nicht etwas bigott, den Kunden zu sagen, »wir können euch derzeit nicht beliefern, aber schaut doch mal auf unseren Marktplatz«?

Die Liefersituation in den vergangenen Jahren war die herausfordernste seit Jahrzehnten. Auch ein so umfangreicher Marktplatz wie Verical kann alle Probleme in der Lieferkette, die in den vergangenen Jahren sicher extrem waren, nicht lösen. Er bietet aber Alternativen und Zugang zu weiteren Quellen, online auf unkomplizierte Weise, bei bewährter Qualität bei den Produkten und Services. Wir sehen es als große Stärke von Arrow, dass wir sowohl im Feld mit Ressourcen bei Kunden direkt vor Ort sind und zusätzlich im Rahmen einer Multichannel-Strategie auch online auf mehreren Plattformen einen umfassenden Zugriff auf Elektronik-Komponenten bieten können, und das weltweit.

Wie begegnet Arrow dem neuen Lieferkettengesetz bzw. inwieweit kommen Sie als Distributor damit überhaupt in Berührung? Das Lieferkettengesetz gilt seit Januar 2023 für alle in Deutschland tätigen Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern ab Januar 2024.

Aufgrund der Geschäftstätigkeit von Arrow in Deutschland gelten die Anforderungen des Lieferkettengesetzes für uns ab 2024. Wir bereiten uns darauf entsprechend vor und beobachten kontinuierlich die Entwicklungen rund um Direktiven, Zertifizierungen und Gesetze. Zudem sind wir Mitglied des FBDi, der eine Grundsatzerklärung ausgearbeitet hat. Arrow nimmt seine Verantwortung und Sorgfaltspflichten rund um die Themen Menschenrechte und Umwelt in globalen Lieferketten sehr ernst. Unser Compliance-Programm und unsere ESG-Initiativen sind darauf ausgelegt, alle Formen unfreiwilliger Tätigkeiten zu erkennen und zu verhindern.

Diese Programme umfassen beispielsweise Verhaltenskodizes für Mitarbeiter und Geschäftspartner, Mitarbeiterschulungen, Risikobewertungen in der Lieferkette, Sorgfaltspflichten Dritter, Audits nach dem Versand und vertrauliche Kanäle zur Eskalation von Bedenken. Elektromobilität ist ein Wachstumsmarkt, und wir haben die Hersteller und Technologien, um diesen Wandel zu gestalten.

Wie begleitet Arrow in EMEA den Wandel hin zur Elektromobilität in Bezug auf Produktportfolio und Entwicklungs-Support?

Elektromobilität ist ein Wachstumsmarkt, und wir haben die Hersteller und Technologien, um diesen Wandel zu gestalten. Dabei adressieren wir sowohl Kunden, die bereits über eine hohe Integration von Kompetenzen verfügen, als auch Kunden, für die das Feld neu ist. Arrow bietet Hard- und Software-Support über verschiedene technische Ressourcen, aber auch Turnkey-Lösungen über eInfochips.

Natürlich denkt man bei dem Schlagwort Elektromobilität zuerst an e-Autos, Scooter, e-Bikes und elektrisch angetriebene Motorräder. In all diese Applikationen liefert Arrow selbstverständlich wesentliche Komponenten der Leistungselektronik, aber auch in die Steuerungen, die Sensoren, die analoge Signalkette sowie elektromechanische und passive Komponenten. Allerdings ist die Elektromobilität weitaus breiter zu sehen.

Große Bedarfe an Elektronik finden sich auch in der Ladeinfrastruktur in der Kommunikation der Fahrzeuge untereinander, der Abrechnung der elektrischen Energie bis hin zum Ausbau der Stromnetze, an die wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden. Ein sehr wichtiger Wachstumsbereich sind Batteriemanagement-Systeme, die wir nicht nur mit Hardware versorgen. In diesem Bereich investiert Arrow darüber hinaus in Entwicklungskapazitäten, die unsere Kunden dabei unterstützen können, ihre Projekte effizient umzusetzen.

Welche vertikalen Märkte und Trends treiben das Geschäft derzeit darüber hinaus an?

Der europäische Markt wird aktuell durch einige Megatrends getrieben, die schon von jeher von unseren traditionellen Kunden besetzt sind. Hier ist die Automatisierung zu nennen, die mittlerweile weit über die klassische Industrieautomatisierung hinaus geht. Einen ungebrochenen Trend sehen wir auch in der »Electrification of Everything«. Getrieben durch die Klimaschutz-Ziele, aber auch durch die kommerziellen Zwänge steigender Energiepreise, ist effizientes Energiemanagement weiter im Fokos.

Hier kommt dazu, dass die neuen Wide-Bandgap-Technologien noch höhere Wirkungsgrade ermöglichen. Hier kommt eine relativ neue Technologie genau zum richtigen Zeitpunkt. Das bedeutet aber auch, dass unsere Kunden neue Leistungselektronik-Plattformen entwickeln müssen, die neue Anforderungen an die Treiberschaltungen, aber auch an die passiven Komponenten stellen. Hier unterstützen unsere FAE-Teams mit Experten in allen Bereichen und können unsere Kunden bei relevanten Technologien unterstützen. Unter dem Begriff Smart Everything lässt sich ein weiterer Trend zusammenfasen, der nicht nur Haushaltsgeräte beschreibt, die sich mit dem Internet verbinden, sondern auch Smart-Meter-Gateways, die sicher im Stromnetz kommunizieren können. Die Erwartungshaltung der Verbraucher wächst, und die Vernetzung unserer Geräte wird weitergehen und öffnet weiter neue Märkte für uns und unsere Hersteller.

Muss sich die Distribution wandeln, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, und wenn ja, wie?

Die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig Ja. Es ist allerdings kein neues Ja auf diese Frage. Es ist eine Notwendigkeit, der wir uns seit Langem und immer wieder in unserer dynamischen Industrie stellen. Generell erwarten Kunden, dass sie den gesamten Produktlebenszyklus von der Entwicklung über die Fertigung bis zum Ende der Lebensdauer unterstützt werden, was viel mehr strategische Unterstützung erfordert, und somit entwickeln wir uns kontinuierlich weiter.

Vor allem kommen hier zusätzliche Mehrwertservices und Knowledge-Aufbau und -Transfer zum Tragen. Nehmen wir den bereits genannten Bereich Security als Beispiel, eigentlich eine Domäne unserer Enterprise-Computing-Solutions-Sparte. Neue gesetzliche Regelungen und Direktiven wie der Cyber Resilience Act erfordern, dass Marktteilnehmer sich viel stärker mit der Absicherung von Technologien sowohl auf Hardware- als auch Softwareebene beschäftigen müssen. OEMs müssen Security-Betrachtungen und -Maßnahmen heute im gesamten Produktlebenszyklus einbinden.

Wir arbeiten etwa mit PSA Certified, um IoT-Ökosysteme abzusichern und haben viel Know-how in diesem Bereich in unseren Engineering-Teams aufgebaut und auch Mitarbeiter als Spezialisten zertifizieren lassen. Generell investieren wir immer weiter auch in Software-Expertise und das Kompetenzzentrum, das wir vor zwei Jahren eingerichtet haben. Unsere Kunden profitieren davon, komplexe Projekte, bei denen unter Umständen eigene Ressource fehlen, schneller umsetzen können und schneller an den Markt gehen zu können.

Auch klassische Kernkompetenzen erfordern eine Neubetrachtung. Supply-Chain-Modelle müssen angepasst werden, um extremen Auswüchsen wie in den vergangenen Jahren zu begegnen, unter anderem mit besserer Vernetzung und optimierten Informationswegen im Rahmen einer digitalen Transformation. Zu guter Letzt wird die Multi-Channel-Distribution immer wichtiger und auch der Aufbau flexibler Ökosysteme. Derzeit sehen wir eine immer stärkere Einbindung und Verzahnung von eInfochips, die stark in die Komponente Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit von Arrow einzahlt.


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