Interview mit Jörg Strughold, Arrow

»Multichannel-Distribution immer wichtiger«

25. September 2023, 15:00 Uhr | Karin Zühlke
Jörg Strughold, Arrow: »Supply-Chain-Modelle müssen angepasst werden, um extremen Auswüchsen wie in den vergangenen Jahren zu begegnen, unter anderem mit besserer Vernetzung und optimierten Informationswegen im Rahmen einer digitalen Transformation.«
© Arrow

Arrow ist der einzige globale Distributor, der die Märkte für elektronische Komponenten und IT-Enterprise-Computing bedient. Dabei überwiegen die Global Components im Verhältnis zu ECS deutlich, angeführt von der Stärke EMEAs.

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Dessen President EMEA Components, Jörg Strughold, gibt Auskunft u. a. zu strategischen Neuerungen, Recruiting und wie sich Arrow auf die kommenden Herausforderungen einstellt.

Markt&Technik: Für Q1 meldete Arrow einen Umsatzrückgang von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einen Rückgang von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf Basis konstanter Wechselkurse. Wie hat sich das zweite Quartal entwickelt?

Jörg Strughold, Arrow: Global gesehen hat sich der Halbleitermarkt etwas abgeschwächt. Derzeit sehen wir die Bestandskorrektur, die wir erwartet hatten nach den extremen Entwicklungen in der Lieferkette in den vergangenen Jahren. Im Vergleich zu den beiden anderen großen Regionen Americas und Asien zeigte sich der europäische Markt im zweiten Quartal dennoch beständiger, und wir konnten das Geschäft in Europa kräftig steigern, mit einem Zuwachs von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Wir erzielten im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum aufgrund einer guten Entwicklung in den Bereichen Industrie, Automotive und Aerospace & Defense. Die Lieferzeiten für elektronische Komponenten gehen zurück.

Auch wenn wir noch nicht ganz das Niveau vor der Pandemie erreicht haben, gibt es erhebliche Fortschritte. Gleichzeitig sind die Lagerbestände bei einem Großteil unseres Kundenstamms nach wie vor erhöht. Es wird erwartet, dass die Elektronikmärkte weltweit längerfristig wachsen, der gesamte adressierbare Markt für Halbleiter laut mehreren Quellen jedoch im restlichen Verlauf dieses Jahres zurückgehen wird. Während vorhandene Lagerbestände abgearbeitet werden, sehen wir generell Stabilität bei der Nachfrage und dem Preisumfeld. Ein Fokus liegt auf Design-Aktivitäten und Services in der Lieferkette.

Wie sieht der Umsatz speziell in EMEA aus, auch mit einem Blick auf DACH bzw. Central Europe entwickelt, ausgehend von den Zahlen 2022?

Im europäischen Vergleich ist die Region Central Europe ein wesentlicher Pfeiler und Treiber des Geschäfts. Somit basiert unser geschäftlicher Erfolg im ersten Halbjahr 2023 im gesamten europäischen Raum sehr stark auch von der Region Central Europe.

Was sind die wachstumsstärksten Märkte (nach Regionen) innerhalb EMEAs?

Unterteilen wir EMEA nach UK/Benelux und Nordics, Central Europe, Südeuropa und Osteuropa, dann haben wir in UK/Benelux und Nordics, Central und Südeuropa eine gute Markt-Performance gesehen. In Osteuropa haben sich die Märkte in einigen Regionen ebenfalls gut entwickelt, andere etwas abgeschwächt. Ein Grund für das starke erste Halbjahr insgesamt in der europäischen Breite ist, dass sich Industriekunden generell gut über ganz Europa verteilen.

»Wir sind mit der Gesamtleistung des globalen Komponentengeschäfts angesichts der aktuellen Marktbedingungen zufrieden, angeführt von der Stärke in der EMEA-Region«, sagte Ihr CEO Kerins. EMEA ist für Arrow also zahlenmäßig sehr wichtig. Dennoch hat man den Eindruck, Arrow ist sehr zentralistisch aufgestellt und unterschiedliche Bedürfnisse der Regionen werden zumindest in der Außenwirkung kaum berücksichtigt. Welchen Einfluss hat EMEA überhaupt auf die Strategie von Arrow?

Arrow richtet seine Strategie stark an den Bedürfnissen seiner Kunden und Hersteller sowie an den spezifischen vertikalen und technologischen Wachstumstreibern im Markt aus. Die Marktprofile in den verschiedenen Regionen der Welt, und auch durchaus innerhalb von EMEA, sind in vielen dieser Facetten unterschiedlich und werden von uns in unserer strategischen Herangehensweise in EMEA berücksichtigt.

Als globaler Distributor, auch mit den Möglichkeiten, für unsere Kunden globale Lieferketten abzubilden, arbeiten wir mit einer weltweiten Strategie, die lokal umgesetzt wird. Vor allem geht es hierbei um die Kernkompetenz des Supply-Chain-Managements, aber auch Engineering-Services, ergänzt um regionale technische Diversifizierung, in Europa etwa in den dominierenden Verticals wie Industrie oder Automotive, sowie in Technologien wie IP&E.

Aus unserer Sicht verfügen wir über ein enorm starkes globales Rückgrat in unserer Infrastruktur, die wir dem Kunden zur Verfügung stellen, um seinen Warenfluss zu unterstützen und seine technologischen Anforderungen mit den Produkten unserer Hersteller erfolgreich zu adressieren. Auf der Basis fahren wir dann ein lokales Go-to-Market, angepasst um die notwendigen lokalen Anforderungen. Somit stimmen wir Prozesse, Tools und Funktionen global ab und setzen sie in spezifische Marktstrategien vor Ort um.

Welche Neuerungen gibt es speziell in Central Europe?

Strukturell betrachtet spielen sich organisatorische Veränderungen eher im gesamteuropäischen Raum ab als auf Länderebene. Das ist so, da wir schon vor über zehn Jahren einheitliche Strukturen aufgebaut haben, die überall in Europa ähnlich oder gleich sind. Die bedeutenste Änderung, die wir in diesem Jahr vorgenommen haben, ist eine noch stärkere Unterstützung unserer Kunden in Bezug auf technologische Gesamtlösungen. Damit wollen wir bestimmte Themen stärker vorantreiben.

In Rahmen dessen bereiten wir Lösungen zu bestimmten Themen auf, die Technologien über viele Hersteller hinweg bieten. So stellen wir Ressourcen und Know-how bereit, auf das letztlich unser Vertriebs- und Engineering-Team noch viel einfacher und digital zugreifen kann, um noch effizienter und ganzheitlicher mit unseren Kunden an entsprechenden Projekten zu arbeiten. Wir haben kürzlich eine Kampagne rund um das Thema Motor-Control gestartet und dabei auch eine dedizierte Webseite und ein detailliertes Design-Papier mit vielen Entwicklungsideen und -Ansätzen erstellt. Solche Kampagnen werden wir auch zu anderen Top-Themen starten, die für viele Kunden derzeit ganz oben auf der Agenda stehen. Im Vordergrund stehen sich ergänzende Lösungen, verdichtet über mehrere Hersteller hinweg und nicht auf einzelne Hersteller-Lösungen ausschließlich fokussiert. Darin sehe ich einen wesentlichen Mehrwert der Distribution.


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