Markt&Technik: Wie fällt Ihr Resümee für das Jahr 2011 aus, vor allem für das vierte Quartal, das doch allgemein recht deutlich im Zeichen der Euro-Angst stand?
Thomas Klein: Die ersten sechs Monate liefen hervorragend, die zweite Jahreshälfte eher durchschnittlich, aber unter dem Strich haben wir in der MSC-Gleichmann-Gruppe trotzdem die meisten unserer Ziele 2011 erreicht, teilweise sogar deutlich übertroffen. Bei den Displays, speziell bei den passiven Produkten, beispielsweise konnten wir den Umsatz erneut um über 30 Prozent steigern, und auch das Geschäft mit den eigenen Touch-Lösungen läuft hervorragend.
Wie stellt sich der aktuelle Auftragseingang dar und wie der Forecast der Kunden für die kommenden Monate?
Im Dezember lag die Book-to-Bill-Ratio bei 1. Ob bzw. inwieweit sich dieser Wert in den nächsten Wochen und Monaten weiter nach oben bewegt, ist aus heutiger Sicht allerdings wohl weniger eine Frage des tatsächlichen Auftragsbestandes bei den Kunden als der weiteren Entwicklung auf den Finanzmärkten. Trotz zumeist voller Auftragsbücher halten sich momentan viele Kunden mit der Vergabe langfristiger Order eher zurück, was letztlich natürlich auch uns die langfristige Planung erschwert.
Und wie lautet Ihre Einschätzung für 2012 – was erwarten Sie?
Ich denke, 2012 wird für die Branche ein Jahr des Hoffens und Bangens. Ich bin zwar kein Freund von übertriebenem Optimismus, halte es aber auch für extrem gefährlich, die Situation schlechterzureden, als sie de facto ist. Wenn sich die allgemeine Marktsituation in den nächsten Monaten nicht drastisch verschlechtert, sehe ich zumindest für die MSC-Gleichmann-Gruppe keinen Grund zur Sorge. Mit Blick auf unseren derzeitigen Auftragsbestand gehen wir nach heutigem Stand der Dinge von einem Umsatzwachstum von mindestens 4 Prozent aus, wenn es am Ende ein paar Punkte mehr wären, umso schöner.
Die Distribution hatte – wie auch die anderen Unternehmen der Lieferkette – 2010 und auch noch in den ersten Monaten 2011 Schwierigkeiten, die Nachfrage überhaupt adäquat zu bedienen. Ist der Auftrags/Umsatzrückgang (laut FBDi und DMASS) der Branche vor diesem Hintergrund eine »Rückkehr zur Normalität« oder betrachten Sie die rückläufige Situation als besorgniserregend?
Besorgniserregend wäre die Situation nur, wenn uns die Kunden sagen würden: »Tut uns leid, unsere Auftragsbücher sind leer, wir brauchen leider nichts mehr von euch.« Aber das ist ja Gott sei Dank nicht so. Was wir jetzt erleben, ist, dass die Kunden wieder »normal« nach Bedarf bestellen und nicht wie letztes Jahr vorsichtshalber Zwei- und Dreifachorders platzieren. Natürlich ist jeder Auftrags- und Umsatzrückgang grundsätzlich äußerst unerfreulich, aber volle Bücher zu haben und nicht liefern zu können, ist auf Dauer auch keine Lösung. Insofern bin froh, dass wir inzwischen mit wenigen Ausnahmen – Stichwort Überschwemmungen in Thailand – wieder zu einer gewissen Bestellnormalität zurückgefunden haben.
Worin sehen Sie die besonderen Herausforderungen für 2012?
Wir haben 2011 mit der Neustrukturierung unserer fünf Kernbereiche Halbleiter, Displays, Lighting, PEMCO und Embedded Systeme begonnen. Diesen Prozess 2012 erfolgreich abzuschließen und so die Marktposition der MSC/Gleichmann-Gruppe im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken, ist sicher eines unserer wichtigsten Ziele für dieses Jahr. Dazu gehört beispielsweise auch, dass wir in den nächsten Monaten nach und nach alle Display-Aktivitäten der MSC-Gleichmann-Gruppe in der Gleichmann Electronics konzentrieren und das Unternehmen als reinen Display-Distributor und Anbieter von Visualisierungslösungen noch erfolgreicher auf dem Markt positionieren werden.
Eine besondere Herausforderung ganz anderer Art sehe ich in der zunehmenden Verunsicherung der Märkte und Kunden durch politisch geschürte Rezessionsängste und zunehmende Probleme beispielsweise bei der Auftragsfinanzierung. Für viele unserer Kunden war 2011 das erfolgreichste Geschäftsjahr aller Zeiten, die Auftragsbücher sind zumeist zumindest bis weit in die zweite Jahreshälfte gut gefüllt, und trotzdem ist ein nicht unerheblicher Teil der Unternehmen in der Beurteilung der langfristigen Geschäftsentwicklung auffallend zurückhaltend, geschweige denn euphorisch. Das macht den Forecast 2012 für uns nicht einfacher. Wenn man eine Krise nur lange genug herbeiredet, wird sie irgendwann auch kommen.