Brockard: Ein proprietäres Wireless-Protokoll wäre zwar sicherer, aber entspräche wieder keinem Standard. Der Mittelstand hat sich mittlerweile sehr gut in puncto Industrie 4.0 organisiert. In diesen Gremien wäre ein solcher Standard sicherlich von Interesse und auch zu realisieren.
Wie viele Industrie-Unternehmen vertrauen überhaupt Google & Co.? Mir fehlt die Phantasie, zu glauben, dass ein Industrieunternehmen seine sensiblen Daten zu Google hochlädt.
Brockard: Über eine Trusted Cloud müssen sich SAP, Cisco usw. Gedanken machen, aber das ist wieder das große Bild von Industrie 4.0 mit Produktionsdaten verteilt über die ganze Welt, da sind wir noch lange nicht. Aber das hindert uns heute nicht, intelligentere Produkte zu bauen, die Daten erzeugen können, die ich zu gegebener Zeit auswerten kann.
Kommen wir wieder auf den Hallenboden von EBV zurück. Bei den Mikrocontrollern haben Sie ausschließlich Hersteller auf der Linecard, die auf Cortex-M setzen. Heißt das, dass die Hersteller von proprietären Architekturen keine Chance mehr haben?
Brockard: Früher, also zu Zeiten von ARM7 und ARM9, gab es die ARM- und die Proprietär-Fraktion, wobei letzte ihre Berechtigung und Erfolge hatte. Das hat sich mit Cortex-M geändert und zwar, als STMicroelectronics den M3 lizensiert hatte. Selbst da haben einige Lieferanten von uns gesagt, das brauchen wir nicht, wir sind da besser und da besser. Letztendlich konnten sie dem Markt nicht widerstehen; die Firmen, die Cortex-M hatten bzw. haben, sind schneller gewachsen als die anderen. Am Ende haben die Hersteller versucht, sich gegenseitig mit Cortex-M zu überholen. Nichtsdestotrotz sind wir auch heute noch mit AVR und STM8 erfolgreich, wobei die Software die größte Rolle spielen dürfte.
Was für Märkte sind das, wo AVR und STM8 noch erfolgreich sind? Sind das historische Gründe oder gibt es auch neue Projekte?
Brockard: Beides. Wenn ein Kunde seit Jahren AVR einsetzt und Plattform-Größen von 20.000 Stück hat und von diesen Plattformen 100 Stück hat, wäre es aus Sicht der Produktpflege unangenehm, einen Plattformwechsel machen zu müssen. Es gibt aber auch neue Projekte.