EIT Urban Mobility hat gemeinsam mit Impact Hub Vienna und Point& den aktuellen Better-Mobility-Trendreport veröffentlicht. Dieser identifiziert zentrale Trends für die Zukunft der Mobilität und zeigt Lösungsansätze, die das Verkehrssystem zugänglicher, erschwinglicher und sicherer machen könnten.
Die europäischen Verkehrsnetze sind auf eine enge demografische Gruppe zugeschnitten, wie der Trendreport ergab: typischerweise Männer im Alter von 25 bis 45 Jahren, die in traditionellen 9-to-5-Jobs arbeiten, keine Betreuungspflichten tragen und die jeweilige Landessprache sprechen.
Dies spiegelt jedoch nicht die Realität der europäischen Gesellschaft wider. Denn laut Eurostat haben über 100 Millionen Menschen in der Europäischen Union Betreuungspflichten, weitere 100 Millionen Menschen leben mit Einschränkungen, und mehr als 90 Millionen sind 65 Jahre oder älter.
Die Diskrepanz zwischen bestehenden Mobilitätsangeboten und den Bedürfnissen breiter Bevölkerungsschichten sieht EIT Urban Mobility als ein dringendes Problem, das verstärkte Aufmerksamkeit erfordert. Der Better-Mobility-Trendreport identifiziert deshalb Trends und Lösungsansätze anhand von Befragungen von Branchenakteuren und Start-ups.
Eine der Haupterkenntnisse des Berichts ist, dass der Bedarf nach ganzheitlichen Verkehrssystemen, die verschiedene Mobilitätsoptionen miteinander verbinden, stark ansteigt. Im Moment sind Mobilitätsdienste oft fragmentiert, und Dienstleistungen vieler Akteure erweisen sich als schlecht vernetzt. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die Integration verschiedener Verkehrsmittel und multimodale Verkehrsknotenpunkte sind entscheidend, um ein System für alle Mobilitätsbedürfnisse zu entwickeln.
»Das österreichische Klimaticket ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Integration verschiedener Verkehrsangebote die Mobilität nahtloser und zugänglicher machen kann«, sagt Lina Mosshammer, Mitautorin der Studie und Vertreterin von Point&. »Durch den landesweiten Zugang, der auch Shared-Mobility-Optionen einbezieht, wird das Reisen vereinfacht und die Abdeckung für eine breitere Nutzergruppe verbessert.«
Der Report hebt zudem das rasante Wachstum der städtischen Bevölkerung hervor. Bis 2025 werden mehr als 80 Prozent der EU-Bürger in Städten leben, was die Notwendigkeit unterstreicht, Fußgängerfreundlichkeit, Grünflächen und eine sicherere Infrastruktur zu priorisieren. Vorbildliches Beispiel für die konkrete Umsetzung: Paris hat sich verpflichtet, 100 Hektar neue Grünflächen zu schaffen.
Ein weiterer Trend ist die alternde Bevölkerung in der EU. Bis 2030 wird jeder vierte EU-Bürger 64 Jahre oder älter sein. Um diese Gruppe aktiv zu halten, müssen physische und mentale Gesundheitsaspekte stärker in die Mobilitätsplanung integriert werden. Das Konzept der »sitzbaren und bespielbaren Stadt« in der deutschen Stadt Griesheim stellt der Bericht als gelungenes Beispiel besserer Weggestaltung für Kinder und Personen mit eingeschränkter Mobilität heraus.
Sicherheit und Schutz sieht EIT Urban Mobility ebenfalls als zentrale Themen. Die Fortschritte in der EU sind diesbezüglich ins Stocken geraten: 2023 sank die Zahl der Verkehrstoten nur um einen Prozentpunkt im Vergleich zu 2022. Der Bericht betont daher die Bedeutung von gut beleuchteten öffentlichen Räumen, verlässlichem öffentlichen Verkehr und sicherer Fahrradinfrastruktur, um das Vertrauen der Nutzer zu stärken. Helsinki und Oslo haben 2019 durch Maßnahmen wie Verkehrsreduzierung, eingeschränkte Zufahrt zu Stadtzentren und Tempolimits in Wohngebieten das Vision-Zero-Ziel erreicht.
Ein wichtiger Bestandteil der Studie ist der Better Mobility Accelerator, ein paneuropäisches Innovationsprogramm mit Hauptsitz in Lissabon und Wien. Erkenntnisse aus diesem Accelerator haben dazu beigetragen, innovative Lösungen zur Überbrückung von Zugangslücken im Verkehrssystem zu identifizieren.
»Start-ups sind Vorreiter bei der Neugestaltung der Mobilität. Sie eröffnen neue Perspektiven und nutzerzentrierte Innovationen, die Verkehrssysteme inklusiver und anpassungsfähiger machen«, betont Alexis Eremia, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Impact Hub Vienna. »Durch den Better Mobility Accelerator haben wir gesehen, wie Unternehmen in der Frühphase bestehende Modelle in Frage stellen und Lösungen schaffen, die den vielfältigen Bedürfnissen der heutigen Bevölkerung gerecht werden.«
Der Bericht zeigt auch ungenutztes Potenzial für die Verbesserung der Mobilität auf. Nur fünf Prozent der Innovationen konzentrieren sich auf den Tourismus und nur zehn Prozent auf den Gesundheitssektor, obwohl letzterer ein großes Trendthema ist. Mehr inklusive und nachhaltige Mobilitätsoptionen für diese Bereiche könnten das Wachstum ankurbeln und den Zugang für eine breitere Nutzergruppe verbessern.
»Ein inklusiveres Verkehrssystem zu schaffen bedeutet, Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion in Investitionen und Innovationsprojekte einzubinden. Gemeinschaftsinitiativen wie die Better Mobility Community – das größte europäische Ökosystem für inklusive, sichere, erschwingliche und umweltfreundliche Mobilität – helfen dabei, Europas Platz an der Spitze der Mobilitätsinnovationen zu festigen«, ist Lina Mosshammer sicher.
Yoann Le Petit, Thought Leadership Manager bei EIT Urban Mobility und Mitautor der Studie, ergänt: »Unser Bericht zeigt, dass es nicht immer bahnbrechende technologische Innovationen braucht, um die Mobilität zu verbessern. In vielen Fällen können bereits kleine Verbesserungen in Infrastruktur, Service-Design oder Zugänglichkeit eine transformative Wirkung haben.«
Der Better Mobility Accelerator zielt darauf ab, innovative Mobilitätslösungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse verschiedener Nutzergruppen zugeschnitten sind. Das Programm wird von EIT Urban Mobility und der Europäischen Union finanziert. Die aktuelle Bewerbungsrunde für Start-ups läuft noch bis zum 21. April.
EIT Urban Mobility ist eine Initiative des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT), einer Einrichtung der Europäischen Union. Den Better-Mobility-Trendreport hat EIT Urban Mobility in Zusammenarbeit mit Impact Hub Vienna und Point& veröffentlicht. Darin sind die Erkenntnisse von mehr als 300 Start-ups sowie 100 Branchen- und Wissenschaftsexperten in ganz Europa zusammengetragen.