Coole Lacktechnologie von Nissan

Neuer Lack senkt Temperatur auf der Fahrzeugoberfläche

6. August 2024, 13:55 Uhr | Irina Hübner
Wärmebildmessung an zwei Nissan-Fahrzeugen – eines mit kühlender Lacktechnologie von Nissan, eines mit herkömmlicher Lackierung.
© Nissan

Mehr als nur eine »coole« Farbe: Nissan testet eine neue Lacktechnologie, die an heißen Tagen die Temperatur auf der Fahrzeugoberfläche und damit auch im Innenraum senken soll. Dadurch wird die Klimaanlage weniger beansprucht, wodurch Energie eingespart werden kann.

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Der neue Lack wurde in Zusammenarbeit mit Radi-Cool entwickelt, einem Spezialisten für Strahlungskühlung. Der Lack besteht aus synthetischen Verbundwerkstoffen mit Strukturen, die in der Natur normalerweise nicht vorkommen.

Machbarkeitsstudie am Flughafen Tokio-Haneda

Das Projekt ist eine von zahlreichen Innovationen von Nissan auf dem Weg zu einer saubereren und nachhaltigeren Gesellschaft. Getestet wird die Lackierung seit Ende 2023 in einer zwölfmonatigen Machbarkeitsstudie am Flughafen Tokio-Haneda, die Nissan in Zusammenarbeit mit den Unternehmen Japan Airport Terminal, Radi-Cool Japan und dem Flughafendienst von All Nippon Airways (ANA) durchführt. Der Lack wurde auf einem Nissan NV100 aufgetragen, der als Servicefahrzeug des Flughafendienstes im Einsatz ist.

Mit seinem großen, offenen Rollfeld bietet der Flughafen Haneda beste Bedingungen, um die Leistungsfähigkeit des Lacks in einer anspruchsvollen Umgebung mit hohen Temperaturen unter realen Bedingungen zu testen.

Obwohl das Ende der Testphase noch nicht erreicht ist, sind die bisherigen Ergebnisse überzeugend: Im Vergleich zu einem Fahrzeug mit herkömmlicher Lackierung zeigte das Fahrzeug mit dem neuen Lack beim Parken in direkter Sonneneinstrahlung eine um bis zu 12 °C niedrigere Außen- und eine um bis zu 5 °C niedrigere Innentemperatur.

Die kühlende Wirkung des Lacks macht sich besonders bemerkbar, wenn ein Fahrzeug längere Zeit in der Sonne steht. Durch den kühleren Innenraum arbeitet die Klimaanlage effizienter, was wiederum die Belastung auf den Motor, beziehungsweise bei Elektroautos auf die Batterie, verringert.

Nanomaterial mit zwei Mikrostrukturteilchen

Das in den Lack eingebettete Nanomaterial besteht aus zwei Mikrostrukturteilchen, die auf Licht reagieren. Eines der Teilchen reflektiert die Infrarotstrahlen des Sonnenlichts, die bei herkömmlichen Lacken zu Schwingungen auf molekularer Ebene führen und so Wärme erzeugen.

Das andere Teilchen bringt den eigentlichen technologischen Durchbruch. Es erzeugt elektromagnetische Wellen, die der Sonneneinstrahlung entgegenwirken und die Wärmeenergie vom Fahrzeug weg in die Umgebung ableiten. Durch diese Kombination reduzieren die Partikel im Lack die Hitzeübertragung auf Oberflächen wie Fahrzeugdach, Motorhaube, Türen und Verkleidungen.

Geleitet wird das Projekt von Dr. Susumu Miura, Senior Manager im Advanced Materials and Processing Laboratory des Nissan Research Center. Er spielte eine führende Rolle bei der Entwicklung des mehrfach ausgezeichneten Akustikmaterials von Nissan und hat einen Großteil seiner Laufbahn bei Nissan der Erforschung von Lösungen gewidmet, die Autos leiser, kühler und effizienter machen.

Lernen von Gebäuden und Strukturen

Die Technologie der Kühlstrahlungsfarbe ist nicht gänzlich neu, wird in der Regel jedoch eher bei Gebäuden und Strukturen angewandt. Die Farbschicht ist hier oft sehr dick und muss mit einer Farbrolle aufgetragen werden. Da sie keinen klaren Decklack enthält, können bei Berührung kreideähnliche Rückstände zurückbleiben.

Die größte Herausforderung für Miura und sein Team bestand daher darin, einen Lack zu entwickeln, der eine klare Deckschicht enthält, mit einer Lackierpistole aufgetragen werden kann und noch dazu die strengen Nissan Standards für Lackqualität erfüllt.

Sechsmal dicker als herkömmlicher Autolack

Seit Beginn der Entwicklung im Jahr 2021 haben Miura und sein Team mehr als 100 Materialproben getestet und prüfen derzeit eine Schichtdicke von 120 µm, was ungefähr sechsmal dicker ist als ein herkömmlicher Autolack. Die Tests zeigen, dass der Lack salz- und bruchbeständig ist, sich nicht ablöst, nicht verkratzt und nicht chemisch reagiert, sowie dass die Farbe konsistent und reparierbar ist. Im weiteren Verlauf der Entwicklung werden Miura und sein Team dünnere Varianten erforschen, die die gleiche Kühlleistung aufweisen sollen.

Wenngleich Test und Entwicklung noch nicht abgeschlossen sind, hoffen Miura und sein Team, dass der Lack eines Tages für Sonderaufträge sowie in einer Vielzahl von Farben angeboten werden kann. Großes Potenzial sieht der Experte für die neue Lacktechnologie vor allem im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge wie Lieferwagen und Krankenwagen, die einen Großteil des Tages im Einsatz sind.


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