Technischer Kongress des VDA

»Wer die Daten hat, hat die Macht«

23. März 2015, 16:35 Uhr | Ingo Kuss
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Warum die Autoindustrie einen digitalen Binnenmarkt braucht

Um der Fahrzeugvernetzung zum Durchbruch zu verhelfen, ist laut Wissmann zum einen die Bereitstellung von entsprechenden Teststrecken notwendig. Konkret ist hier bislang nur ein Testfeld auf der A9 zwischen München und Nürnberg geplant. Zum anderen müsse es auch einen europaweit geltenden rechtlichen Rahmen geben: „Die digitale Vernetzung kann man nicht mit europäischer Kleinstaaterei angehen.“ Ganz ähnlich formulierte das auch EU-Kommissar Günther Oettinger: „Wir brauchen einen digitalen Binnenmarkt in Europa – das ist gerade auch für die Automobilindustrie von großem Interesse.“ Im IT-Sektor sei der Wettstreit mit den USA bereits verloren, das dürfe sich im Automobilbereich nicht wiederholen. Für Oettinger lautet die Kernfrage: „Können wir die Wertschöpfungskette in Deutschland und Europa im internationalen Wettbewerb erhalten?“ Dies sein insofern eine große Herausforderung, da inzwischen auch bei der Automobiltechnik der Grundsatz gelte „Wer die Daten hat, hat die Macht“.

Dabei erwartet Oettinger von den Automobilherstellern auch konkrete Vorschläge und Forderungen etwa im Bereich Mobilfunk: „Wenn 2020 die 5G-Technik eingeführt wird, muss ich wissen, ob für die Fahrzeugvernetzung und das automatisierte Fahren bevorzugte Datendienste erforderlich sind.“ Grundsätzlich ist Netzneutralität zwar ein hohes Gut, doch gerade im Automobilbereich könnte es durchaus sinnvoll sein, den für die Fahrsicherheit relevanten Daten einen Sonderstatus einzuräumen. Eine entsprechende Initiative müsse aber von den OEMs ausgehen, stellte Oettinger klar.

Auch für Thomas Weber, Vorstandsmitglied für Konzernforschung bei Daimler, kommt der Fahrzeugvernetzung eine Sonderrolle zu: „Die Car2X-Kommunikation hat das Potenzial, ein echter Game Changer für die Verkehrssicherheit zu werden.“ Konkret mahnte Weber in diesem Zusammenhang eine bessere Kooperation zwischen den einzelnen Fahrzeugherstellern an. So sollten etwa die Backend-Server der OEMs miteinander vernetzt werden, um beispielsweise Geisterfahrer-Warnungen möglichst vielen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung zu stellen.

Zum Thema autonomes Fahren stellte Weber klar: „Es gibt hier nicht nur Google.“ Technisch seien deutsche Hersteller ganz vorne dabei, doch stehe hier auch die Politik in der Pflicht: „Die besten Testbedingungen für autonomes Fahren muss es in Deutschland geben.“ In Sachen Elektromobilität verwies Weber insbesondere auf die zahlreichen Plug-in-Modelle, die Daimler in den nächsten Jahren auf den Markt bringen will. Und fügte hinzu: „Wir bleiben aber auch am Brennstoffzellen-Auto dran.“ Was genau da passieren soll, ließ er allerdings offen.

Während auf technischer Ebene beim autonomen Fahren rasante Fortschritte zu verzeichnen sind, entwickeln sich die rechtlichen Rahmenbedingungen deutlich langsamer. Ein Überblick über den aktuellen Stand in Deutschland gab Tobias Miethaner, Abteilungsleiter im Bundesverkehrsministerium. So konzentriere sich der vom Ministerium eingerichtete Runde Tisch „Automatisiertes Fahren“ zurzeit auf den Übergang vom teil- auf das hochautomatisierte Fahren. Autonomes oder vollautomatisiertes Fahren sei dagegen gegenwärtig nicht Gegenstand der Diskussionen. Der Systemwechsel zum „maschinellen Wirken im öffentlichen Straßenverkehr“ und die daraus resultierenden Haftungsfragen erforderten Anpassungen bei den nationalen und internationalen Rechtsvorschriften, dies sei allerdings ein „langfristiges“ Projekt.

Wie schon bei den Veranstaltungen zuvor dominierten also auch in diesem Jahr die Themen automatisiertes Fahren, Vernetzung und Elektromobilität den Technischen Kongress des VDA. Auffällig war jedoch, wie häufig nun gleich alle drei Themen in einem Vortrag angesprochen wurden.


  1. »Wer die Daten hat, hat die Macht«
  2. Warum die Autoindustrie einen digitalen Binnenmarkt braucht

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