Der Umsatz von Ensilica setzt sich aus zwei Bereichen zusammen: »Consultancy & IP Licensing«, der deutlich umsatzstärkere Bereich, und »Design & Supply«. Können Sie die Aufteilung etwas genauer erklären, bei früheren Zahlen sieht es so aus, als ob das eigentliche ASIC-Geschäft nur geringfügige Beiträge leistet?
Wenn Sie unseren Forecast zum Ende Mai 2023, das ist das Ende unseres Geschäftsjahrs, ansehen, dann ist es bereits ein ganz anderer Mix. Custom-ASIC haben bis zu diesem Zeitpunkt die Design-Services, sprich Consultancies, bereits deutlich überholt. Der Umsatz mit ASICs wird stark wachsen, der Umsatz mit Design-Services wird konstant bleiben. Wir haben mehrere ASICs in der Entwicklung, die typischerweise zwei Jahre dauert. Mit Hochlaufen der Lieferungen verändert sich der Umsatzmix überproportional. Das zeigen auch die Zahlen: Seit Mai 2021 ist unser Umsatz um 77 Prozent gestiegen. Der ASIC-Anteil ist bis Mai 2022 von 29 auf 41 Prozent angewachsen.
Es gibt auch Umsätze, die Ensilica durch die Lizenzierung seiner IPs erzielt, wer lizenziert das IP von Ensilica?
Ein paar Beispiele: Wenn Sie ein deutsches Auto fahren, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass unsere IP hinter dem ECU-Radar-Controlling steht. Unsere Kryptographie-IP wird in den meisten europäischen Hörgeräten verwendet und in Kreditkartenlesern von vielen amerikanischen Kartenlesern.
Und was ist unter Consultancy zu verstehen?
Wir beraten und bieten Design-Services an, d.h. wir unterstützen z.B. große Halbleiterunternehmen dabei ihre Standardprodukte zu designen.
Gibt es auch Kunden, die nur das Design wollen, die Verträge mit den Foundries aber selbst machen?
Ja, solche Kunden sind ODMs oder fabless Halbleiterfirmen, die bereits eigene Design- und Operations-Strukturen haben. Es kostet große Investitionen diese Strukturen aufzusetzen, das lohnt sich nur, wenn mehrere Chips gemacht werden und sehr große Volumina dahinterstehen. Fabless-ASIC-Halbleiterfirmen, wie EnSilica, können für Unternehmen, die diese Investitionen nicht tätigen können, Projekte von der Spezifikation bis zur Lieferung des vollständig getesteten ASIC-Chips entwickeln und liefern.
Es gibt den einen oder anderen Konkurrenten zu Ensilica, wo sehen Sie die besonderen Stärken von Ensilica?
Natürlich gibt es auch andere Anbieter. Aber gute Ingenieurteams mit einer breiten Kompetenz und Erfahrung im Tape-out von vielen ASICs sind in Europa überschaubar. Wir setzen auf Qualität und Zuverlässigkeit, haben über 20 Jahre Erfahrung im Chip-Design und spezielle Kompetenzen wie »Functional Safety« für Entwicklungen für den Automotive-Bereich. Ein großer Teil des Teams hat Erfahrungen im Mixed-Signal, RF und mm-Wave, und somit sind wir breit aufgestellt und decken in der Regel alles ab, was unsere Kunden brauchen.
Wo liegen regional die Hauptabsatzmärkte für Ensilica?
Wir konzentrieren uns auf Europa und Nordamerika und nachgeordnet auf andere Länder der westlichen Welt. Zielmärkte sind all diejenigen, in denen hohe Zuverlässigkeit und Qualität gefragt ist: Automotive, Industrial, Medizintechnik, sowie Kommunikation mit Schwerpunkt Satellitenkommunikation.
Sie entwickeln auch ASSPs, besteht da nicht die Gefahr, dass mögliche Kunden zurückschrecken, weil sie denken, dass ihr Know-how auch in andere ICs wandert?
Nein, unsere ASSPs waren eigene Investitionen im Bereich »KA-Band-Transceiver« für Bodenterminals und im Bereich Medizintechnik zur genauen, dauernden Überwachung der vitalen Lebenszeichen. Wir bringen dadurch existierende Lösungen ein, die unsere Kunden aufgreifen und wenn es passt, übernehmen können. Dies beschleunigt kundenspezifische ASIC-Designs in diesen Applikationen.
In diesem Jahr ist Ensilica an die Börse gegangen und hat damit gut 6 Mio. Pfund in die Kassen von Ensilica gespült. Wofür soll das Geld hauptsächlich verwendet werden?
Ein größerer Teil des Geldes wurde verwendet, um uns als umfassender ASIC-Lieferant für Automotive Tier1 und Industriekunden besser aufzustellen. Dies beinhaltet F&E-Investitionen, die Etablierung einer Vertriebsfunktion, vor allem auch in Deutschland, und die Bereitstellung des notwendigen Kapitals für ein stärkeres Wachstum im Custom ASIC Bereich.
Grundsätzlich wird EnSilica durch die gestärkte Finanzkraft mehr Flexibilität haben. Es besteht die Option, wenn es sinnvoll ist, Teile der Entwicklungskosten mitzufinanzieren und dadurch mehr attraktiveres Geschäft zu generieren. So können wir über mehr IP verfügen was uns längerfristig hilft. Ein kürzlich in Deutschland in der Industrieautomatisierung gewonnenes Custom-ASIC-Design mit über 30 Mio. Euro bestätigt, dass diese Strategie aufgeht.
Die Fragen stellte Iris Stroh