Das oben beschriebene Geschäftsmodell kundenspezifischer Bauteile ist momentan eher die Ausnahme als die Regel. Die Aufgabe heute und in der Zukunft besteht meiner Ansicht nach darin, vorhandene Non-Automotive-Bauteile so zu ertüchtigen, dass sie risikolos oder mit vertretbarem Risiko in Steuergeräten eingesetzt werden können. Ob dies auch für sicherheitsrelevante Steuergeräte möglich sein kann, ist fraglich und müsste sehr sorgfältig untersucht werden. Hier stimme ich Hellenthal zu.
Als unabhängiger Berater für Qualität und Zuverlässigkeit von Automobilelektronik frage ich mich allerdings:
Warum gibt es noch eine neue Insellösung von einem OEM? Um die Herausforderungen der nahen Zukunft zu meistern, muss es zu einer konzertierten Aktion kommen, bei der alle OEMs, Tier 1/2 und Bauteilhersteller nebst deren Verbänden an einem Strang ziehen. Nur so kann die Automobilindustrie ein wichtiger Partner für die global agierenden Bauteilehersteller werden. Neben den technischen Verbesserungen kann der administrative Aufwand in der Lieferkette extrem verringert werden (APQP, PPAP, Audits ...).
Warum soll ein neuer Standard „Robust Semiconductor Quality Standard“ von Audi und einer Handvoll Halbleiterherstellern entwickelt werden? Sollen die ZVEI-Vorgaben für „Robustness Validation“, die es für Systeme, Module und Bauteile schon gibt, neu erfunden werden?
Wer übernimmt die Produktverantwortung bei einer gemeinsamen Bauteilentwicklung? Werden Risiken zwischen OEM und Hersteller im Fall des Falles geteilt?
Wie können innovative Bauteile schneller auf den Markt bzw. in die Fahrzeuge gebracht werden, wenn doch die langen Projektlaufzeiten mit den Musterstufen eingehalten werden müssen? Bei Speicherbausteinen ist oft nach Serienfreigabe (D-Muster) bis zum Serienanlauf (SOP) die nächste Technologie-Generation schon auf dem Markt und der freigegebene Stand abgekündigt.
Wie können Qualität und Zuverlässigkeit von Konsumelektronik-Bauteilen für den Einsatz in Fahrzeugen abgesichert werden? Hier müssen meiner Meinung nach umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden, wie sie etwa im ZVEI-Positionspapier beschrieben sind. Eine punktuelle Betrachtung wie die von Hellenthal beschriebene Lastreduzierung des Konsumelektronik-Bauteils oder bessere Kühlung reichen alleine nicht aus.
Wie kann die Funktionssicherheit eines Konsumelektronik-Bauteils über die lange Lebensdauer von 15 Jahren im Fahrzeug gewährleistet werden? Neben allen Hardware-Aspekten spielt hier die Firmware im Baustein und die Applikations-Software eine wichtige Rolle. So ist z.B. die Benutzung von externen oder integrierten Flash-Speichern genau zu untersuchen und festzulegen, will man nicht einen systematischen Anstieg der Ausfallrate weit vor Ende der Lebensdauer riskieren.