Halbleiter sind im Auto Innovationstreiber und Herausforderung zugleich: Ob Standardisierungsfragen, wachsende technische und qualitative Anforderungen oder neue Formen der Zusammenarbeit mit Zulieferern und Herstellern – das Halbleitermanagement bei BMW hat ein breit gefächertes Aufgabenfeld.
Schon seit über zehn Jahren beschäftigt sich BMW intensiv mit dem Thema Halbleiter. Verantwortlich für dieses Themenfeld ist nicht eine einzelne Abteilung, sondern ein BMW-interner, ressortübergreifender Steuerkreis. „Unsere Verantwortung ist es, Halbleiter dahingehend zu bewerten, ob sie unsere strengen Automotive-Anforderungen erfüllen“, so Alexander Maier, der bei der BMW Group für Architekturgestaltung, Halbleiterstandards, Vernetzungstechnologien und funktionale Sicherheit im Bereich E/E verantwortlich ist. Zu den Aufgaben des Ressorts gehört darüber hinaus aber auch eine intensive Zusammenarbeit mit den Halbleiterherstellern, um mit Hilfe innovativer Halbleiter neuartige Funktionen im Auto zu realisieren.
Interdisziplinär besetzter Steuerkreis
Die interdisziplinäre Besetzung des Steuerkreises soll sicherstellen, dass die Anforderungen an Mikrocontroller, Bus-Transceiver, System-Basis-Chips und Speicherbausteine so definiert sind, dass sie in puncto Technik, Qualität und Versorgungssicherheit dem Anspruch von BMW genügen. „Wenn unsere Zulieferer diese Kriterien erfüllen, können die Kosten langfristig gesenkt und die Qualität nachhaltig gesteigert werden“, so Ingo Birner, der den Steuerkreis leitet.
Grundsätzlich hält BMW an der klassischen Arbeitsbeziehung zwischen OEM und Zulieferer fest. Dies bedeutet, dass BMW nicht direkt beim Halbleiterhersteller einkauft, sondern der Systemzulieferer. Dennoch gibt es mit den Halbleiterfirmen eine besonders intensive Form der Zusammenarbeit, um möglichst früh zukünftige Anforderungen zu besprechen oder hinsichtlich kommender Halbleiter-Innovationen eingebunden zu werden. Anders als etwa bei Audi gibt es keine offizielle Einstufung eines Unternehmens als Strategiepartner. Alle Halbleiterhersteller können nach Prüfung durch den Steuerkreis eine Empfehlung für BMW-Projekte erhalten. Für die konkrete Entwicklungsarbeit stehen dann regelmäßige Synchronisationsrunden auf der Tagesordnung.
Direkter Kontakt zu den Halbleiterherstellern
Wie wichtig diese direkte Zusammenarbeit für BMW ist, lässt sich mit einigen konkreten Beispielen belegen. So war etwa die Einführung von Automotive Ethernet nur möglich, da der Halbleiterhersteller Broadcom einen Chip für die physikalische Schnittstelle von Ethernet zur Verfügung stellen konnte, der den strengen EMV-Anforderungen im Fahrzeug genügte. Auch beim Bluetooth-Start hat BMW sehr eng mit den Halbleiterherstellern kooperiert, um etwa Probleme mit der Handy-Kopplung zu lösen. Ähnlich sah es bei der Etablierung von WLAN im Auto aus.
Bei beiden Themen stand die Integration der neuen Bauelemente mit der entsprechenden Treiber-Software im Fokus der Entwicklung. Für Maier bietet der direkte Kontakt zu den Halbleiterherstellern Chancen über die klassische Arbeitsbeziehung zwischen OEM und Systemzulieferer hinaus: „Für hoch innovative Produkte müssen wir uns mit unseren First-Tier-Suppliern und gleichzeitig direkt mit den Halbleiterherstellern intensiv austauschen. Nur so lassen sich alle Potenziale ausschöpfen.“
BMW ist daran interessiert, einen innovativen Baustein möglichst früh im Entwicklungsprozess zu nutzen. Eine exklusive Verwendung lehnen die Münchner aber ab: „Wir wollen keinen Halbleiter, den nur BMW einsetzt. Der Baustein soll auch allen anderen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen. Unsere Stückzahlen sind zwar hoch, aber durch die OEM-übergreifende Bündelung können die Halbleiterhersteller weitere Kostenpotenziale erschließen“, sagt Birner. Grundsätzlich will sich BMW vor allem über die Funktion, die mit dem Halbleiter realisiert ist, differenzieren und nicht über den Halbleiter selbst.