Edge Cloud Computing

Datenverarbeitung entlang der Fahrbahn

22. Mai 2020, 10:43 Uhr | Von Sebastian Rettlinger, Geschäftsführer von Enari sowie Berater für die Automotive- und Aerospace-Branche
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Neue Wertschöpfungsketten

Je zuverlässiger die Datenkommunikation im Umfeld der Straße funktioniert, desto besser können die Fahrzeuge und ihre Rechenleistung integriert werden. Dies hat direkten Einfluss auf den wirtschaftlichen Teil des autonomen Fahrens. Der Ausbau der Infrastruktur ist teuer, in Anschaffung wie auch im Unterhalt. Wer (momentan) die Anbieter für Mobilität sind, ist klar: OEMs und deren Zulieferer. Das Auto ist nach wie vor ein weitestgehend geschlossenes System und die Marktanteile verteilt. Ähnliches gilt für die Telekommunikation und ihre Infrastruktur. An der Schnittstelle zwischen beiden Bereichen ergibt sich so derzeit eine interessante Reibungsfläche: Wer investiert in Edge Cloud Computing und unter welchen Bedingungen? Werden Schnittstellen vereinbart und implementiert, um damit die Technologie und Sicherheitsstandards zu verbessern? Wie stark öffnet man etablierte Systeme und gibt Datenhoheit ab, um im Idealfall eine neue Wertschöpfungskette zu erschließen?

Viele Fragen also, doch Edge Cloud Computig bietet auch viele Möglichkeiten und Potenziale. Auf und neben den Fahrbahnen ist nämlich der Platz, wo die kommenden Unmengen an Daten verarbeitet und (zwischen-)gespeichert werden können. Dort gibt es die Möglichkeit, mehrere Kilometer voraus zu sehen, um Fahrzeugen den Weg zu weisen. Erst durch eine solche übergreifende und doch unmittelbare Kommunikation wird es möglich, den Verkehrsfluss erfolgreich zu managen und nicht jedes Auto einzeln nur darauf reagieren zu lassen. Denn erst die Koordination und Kommunikation zwischen autonomen Fahrzeugen verbessert den Verkehr.

Das Prinzip des Edge Cloud Computings
Rechenleistung wird aus den klassischen Server-Back-End-Systemen (1) ausgelagert und am „Rand des Internets“ installiert, möglichst nahe am Ort der Applikation. Im Falle des autonomen Fahrens befindet sich die Edge Cloud deshalb entlang der Fahrbahn (2).

Möglich wird dies, indem kompakte aber leistungsfähige Server direkt in die Telekommunikationsinfrastruktur (Sendemasten etc.) integriert werden. Trotzdem sind die Rechenkapazitäten vor Ort im Vergleich zum Back End begrenzt. Entsprechend kann nicht jeder von einem einzelnen Fahrzeug benötigte Service permanent auf allen Edge-Cloud-Instanzen laufen.

Enari
© Enari

Er muss sich vielmehr mit dem Fahrzeug von einer Instanz zur nächsten mitbewegen. Die Netzwerk-Hardware verfügt deshalb über die Möglichkeit, Netzwerkfunktionen zu virtualisieren (Network Function Virtualization, NFV). Diese virtualisierten Software Services definieren die Topologie des Netzwerkes – und nicht eine dedizierte Hardware.

Die Orchestrierung dieser Services übernehmen dann die Software Defined Network Controller (SDN). SDN-NFV sorgt also dafür, dass die vom jeweiligen Fahrzeug benötigten Dienste immer auf den Edge Cloud Servern in dessen unmittelbaren Umgebung laufen. Dieses Verfahren lässt sich auch auf untereinander vernetzte Fahrzeuge (3) übertragen.


  1. Datenverarbeitung entlang der Fahrbahn
  2. Neue Wertschöpfungsketten

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet