Mit Dr. Schaden stimmt Jürgen Weyer auch in einem weiteren Punkt überein: »Halbleiterhersteller können nicht just in time produzieren.« Der Fertigungszyklus durch eine Produktion dauert aus physikalischen Gründen eben um die zwölf Wochen, hier kann nichts beschleunigt werden. Dann kommt noch Packaging und Test hinzu. Und mit neuen, immer komplexer werdenden Prozesstechniken nehmen die Fertigungszeiten – genauso wie die Kosten – noch zu. Einen 55-nm-IC auf 300-mm-Wafern zu fertigen dauert einschließlich Packaging 16 bis 18 Wochen. »Das widerspricht der Forderung nach einem 0,8-Tage-Lager ein wenig«, resümiert Weyer.
Was ist also zu tun? Die Halbleiterhersteller sollten standardisierte Plattformen anbieten, die relativ spät auf ihre eigentlichen Funktionen hin mit Software vom Kunden zugeschnitten werden.
Woran es aber am meisten mangelt: Informationen. »Wir müssen viel besser als bisher kommunizieren, wir müssen auch mit den richtigen Leuten innerhalb der OEMs und Zulieferer sprechen«, erklärt Weyer. Außerdem müssten kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden. Wer in Europa von einem drohenden Stop der Linie spricht, steht in einer anderen Situation als jemand, der in Asien das selber Wort benutzt.
Grundsätzlich gibt sich Weyer aber keinen Illusionen hin. Die Stabilität, die das Automobilgeschäft bis zum dritten Quartal 2008 geprägt hatte, werde nicht mehr zurückkommen: »Wir müssen alle gemeinsam mit einer sehr viel höheren Volatilität leben, es zieht eine neue Normalität ein.« Und wenn falls die neue Kommunikationskultur und Transparenz, die alle Beteiligten in der Lieferkette schaffen sollten, doch nicht einkehrt, dann gebe es nur ein Rezept für die Zulieferer: »NINO – Nothing In Nothing Out! Fertig.«