Fünf Generationen von Mobilfunkstandards haben unser Leben verändert. Doch wie muss das Mobilfunknetz gestaltet sein, um dem autonomen Fahren zum Durchbruch zu verhelfen? Ein Projekt arbeitet an einer Beyond-5G-Architektur, die softwaredefinierte Vernetzungen für vernetztes Fahren ermöglichen soll.
Weltweit läuft die Einführung des neuesten Mobilfunkstandards 5G auf Hochtouren. Mit sehr hohen Datenraten, geringen Verzögerungen bei der Netzwerkkommunikation und der Fähigkeit, sehr viele Geräte gleichzeitig zu vernetzen, legt 5G einen wichtigen Grundstein dafür, dass Fahrzeuge untereinander und mit ihrer Umgebung kommunizieren können.
Jedoch besteht weiterhin die Herausforderung, die vielfältigen Dienste, die für vernetzte Mobilität nötig sind, in die Mobilfunknetze zu integrieren. Dazu gehören zum Beispiel Sensorfunktionen oder KI-Anwendungen, die das autonome Fahren überhaupt erst möglich machen. Derzeit erfordert die Integration dieser Dienste einen hohen Konfigurationsaufwand und viel Koordination zwischen Dienstanbietern, Netzbetreibern und teilweise sogar den Endanwendern.
Die Frage, wie das kommende Mobilfunknetz gestaltet sein muss, um dem autonomen Fahren zum Durchbruch zu verhelfen, beschäftigt das Team von Prof. Dr. Amr Rizk vom Softwaretechnik-Institut paluno der Universität Duisburg-Essen (UDE). Es ist Partner im neuen Projekt Envelope.
Im Envelope-Projekt wollen die beteiligten Partner vernetztes Fahren durch software-definierte Vernetzungen ermöglichen. Für die nächste Mobilfunkgeneration entwickeln sie deshalb eine adaptive Netzarchitektur mit Schnittstellen, die speziell auf die Anforderungen des vernetzten Fahrens zugeschnitten sind. Diese Schnittstellen erlauben den Mobilitäts-Diensten Zugriff auf die Netze, liefern den Netzen Information über die teilnehmenden Dienste und können bestimmte Konfigurationen der Netze abfragen und im laufenden Betrieb anpassen.
»Wir arbeiten im Envelope-Projekt unter anderem daran, dass die Dienste des vernetzten Fahrens gleichzeitig mehrere Zugänge zu einem Netz nutzen können. Das sorgt für eine zuverlässige Konnektivität«, erläutert Prof. Dr. Amr Rizk, Leiter der paluno-Arbeitsgruppe Networks and Communication Systems, seinen Beitrag im Projekt. »Die Daten sollen zudem intelligent, das heißt passend zu den Anforderungen des jeweiligen Dienstes übertragen werden. Hierzu entwickeln und erproben wir eine automatisierte Netzsteuerung.«
In Italien, den Niederlanden und Griechenland sollen Testfelder für vernetztes und autonomes Fahren mit der neuen Beyond-5G-Architektur eingerichtet werden. Obwohl der Fokus des 6G-Projekts auf der vernetzten Mobilität liegt, werden die Erkenntnisse aus der Entwicklung der neuen Netzwerktechnik auch anderen Branchen wie beispielsweise der Industrieautomatisierung zur Verfügung stehen.
Envelope steht für »Evaluation and validation of connected mobility in real open systems beyond 5GS«. Die Aktivitäten der 23 europäischen Partner aus Forschung und Industrie werden vom Institute of Communication & Computer Systems der National Technical University of Athens (NTUA) koordiniert.
Das Projekt ist eines von 27 Gewinnern, die im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsinitiative Smart Networks and Services (SNS JU) gefördert werden. Mit einer Finanzierung von 130 Millionen Euro zielt dieses Programm darauf ab, die Entwicklung von 6G-Systemen voranzutreiben und die Grundlage für zukünftige Normungsaktivitäten zu schaffen. Rund 13,5 Milliarden Euro kommen in den kommenden drei Jahren von der EU.