Strömungsmesstechnik

TU Ilmenau entwickelt neuartiges Durchflussmessprinzip

16. Mai 2012, 10:21 Uhr | Andrea Gillhuber
Das Berührungslose Messprinzip: Zwei Permanentmagnete an Wolframfäden werden als Pendel benutzt, mit dem sich die Fließgeschwindigkeit von schwach leitfähigen Flüssigkeiten messen lassen.
© TU Ilmenau

Die TU Ilmenau hat ein neues berührungsloses Durchflussmessprinzip für Chemikalien und Lebensmittel entwickelt: Die magnetische Strömungsmesstechnik für schwach leitfähige Flüssigkeiten kann bei beliebig hohen Temperaturen verwendet werden. Die Forscher setzten dabei auf die so genannten Lorentzkraft-Durchflussmesser.

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Herkömmliche Faraday-Durchflussmesser bestehen aus einem Rohr, einem Magneten und zwei Elektroden. Letztere werden in die Flüssigkeit getaucht, deren Fließgeschwindigkeit gemessen werden soll; dadurch können sie korrodieren oder verschmutzen und so auch Chemikalien und Lebensmittel verunreinigen. Die Forscher unter der Leitung von Prof. André Thess von der TU Ilmenau nutzen für ihr berührungslose Strömungsmesstechnik die so genannten Lorentzkraft-Durchflussmesser: Mittels starken Permanentmagneten wird ein Magnetfeld am Rohr mit der zu messenden Flüssigkeit erzeugt. Durch die Strömung werden die Magnetfeldlinien leicht verzerrt.  Dadurch wirkt auf die Magnetfeldlinien und damit auch auf den Magnet eine Kraft – die Lorentzkraft. Je stärker die Strömung der Flüssigkeit ist, desto größer wird die Lorentzkraft. Über diese Kraft berechnen die Forscher die Strömungsgeschwindigkeit.

Von der Metall- in die Lebensmittelindustrie

Bereits 2005 konnten die Forscher in einer Gießerei die Strömungen von Flüssigaluminium nachweisen. Im Gebiet der metallurgischen Anwendungen funktionieren die Lorentzkraft-Durchmesser zuverlässig, daher steht die Technologie in diesem Bereich bereits vor der Marktreife. Für die Forscher wartete nach diesem Durchbruch die große Herausforderung, diese Technologie auch auf Lebensmittel und Chemikalien anzuwenden. Das Problem: Die durch Lebensmittel erzeugten Lorentzkräfte wirken auf dem Permanentmagneten wesentlich kleiner als Flüssigmetalle. Das Kräfteverhältnis beschreibt die TU Ilmenau so: Strömt z.B. Cola waagerecht an einem Permanentmagnet vorbei, so ist die auf den Magneten wirkende Seitenkraft mehrere Millionen Mal kleiner als die Schwerkraft. Der passenden Vergleich wird gleich mitgeliefert: Wie das Kräfteverhältnis einer Maus zu einem vollbeladenen Lastwagen, den sie zur Seite schieben will.

Das Problem lösen die Forscher mit Hilfe der Gravitationsphysik. Sie nutzen die Idee des Gravitationspendels, um die winzigen Lorentzkräfte nachzuweisen. In einem Experiment ließen die Ilmenauer durch ein 15 cm² großes Rohr Salzwasser als Testflüssigkeit für Lebensmittelanwendung fließen. Zwei Permanentmagnete an vier Wolframfäden bildeten das Pendel; die Magnete wirkten auf das Rohr ein, ohne es zu berühren. Laser standen zur Messung des Pendelausschlages bereit.

Bevor die Forscher das Experiment durchführten, simulierten sie den Vorgang am Computer. Ihre Computersimulation wurde durch das Experiment bestätigt: Durch den Einfluss der Strömung schlugen die Magnete um eine winzige Strecke aus.

Jetzt arbeiten die Forscher daran, das Messprinzip industrietauglich zu machen.


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