Inwieweit könnte OPC UA die Aufgaben eines Feldbus- oder Industrial-Ethernet-Systems übernehmen?
OPC UA unterstützt die Transport-Protokolle TCP/IP und SOAP/HTTP. Die Unterstützung von TCP/IP ist die Voraussetzung für die Datenkodierungs-Spezifikation »OPC UA Binary«, mit deren Hilfe OPC UA wie ein Feldbus- oder Industrial-Ethernet-System betrieben werden könnte. Entscheidend ist ferner, dass sich der OPC-UA-Server in Steuerungen, I/O-Modulen und Feldgeräten unterbringen lässt - Automatisierungsgeräte mit Embedded-OPC-UA-Server können daher mit einem OPC-UA-Client in der Firmenzentrale direkt kommunizieren, ohne dass dafür unbedingt ein Windows-PC nötig wäre. Dank OPC UA kann also jedes Gerät »OPC sprechen«, sowohl zu anderen Geräten als auch zu PCs, und jeder OPC-UA-Client vermag die Informationen auszulesen und zu verarbeiten.
»OPC UA Binary« ist faktisch ein Kommunikationsstandard mit Reichweite von der Enterprise-Ebene bis auf die Feldebene. Theoretisch könnte »OPC UA Binary« somit Feldbus- und Industrial-Ethernet-Systeme ersetzen - nur für die unterste Ebene, also die der Sensoren und Aktoren, wären weiterhin AS-Interface als Aktor/Sensor-Feldbus und IO-Link als Punkt-zu-Punkt-Verbindung erforderlich. Funktionieren würde »OPC UA Binary« wie ein Industrial Ethernet - mit der gleichen Kabel- und Steckverbinder-Physik.
Wo liegen die Unterschiede zwischen den Spezifikationen OPC UA und »OPC UA Binary«?
Unterscheiden müsste man zwischen »OPC UA Binary« und »OPC UA XML«, wobei die Unterschiede in der Datenkodierung und im Transport liegen. »OPC UA Binary« ist eine Datenkodierung, die speziell für hohe Anforderungen an den Datendurchsatz entwickelt wurde. Die Daten werden mit besonders geringem Overhead kodiert, so dass das Verhältnis Nutzdaten zu Nachrichtenlänge entsprechend günstig ist, was sich positiv auf den Übertragungsfaktor Nutzdaten pro Zeiteinheit auswirkt. Zudem ist der Kodierungs- und Dekodierungs-Vorgang sehr schnell. Für den Datentransport sorgt bei »OPC UA Binary« das »UA-Binary«-Protokoll, ein binäres und sehr leistungsfähiges TCP-Protokoll.
Bei »OPC UA XML« werden die Daten als Text gemäß einem XML-Schema kodiert. Eine OPC-UA-Nachricht wird als XML-Element in einem SOAP-Telegramm dargestellt. Zum Austausch der SOAP-Telegramme dient das HTTP-Protokoll. Die Vorzüge der »OPC-UA-XML«-Kodierung liegen in ihrer Lesbarkeit und einfachen Verarbeitung mit Standard-XML-Parsern, weil die Festlegungen auf den allgemeingültigen XML-Spezifikationen des WWW-Konsortiums W3C beruhen.
Wegen seiner hohen Übertragungsleistung ist »OPC UA Binary« die bevorzugte Kodierung für OPC-UA-Kommunikationsverbindungen in der Automatisierung. OPC-UA-Server, die in Automatisierungsgeräte eingebettet sind, oder OPC-UA-Clients, die Teil einer HMI/SCADA- oder MES-Applikation sind, werden meist eine »OPC-UA-Binary«-Kodierung implementiert haben. »OPC UA XML« dagegen wird eher in Anwendungen auf der Unternehmensebene zu finden sein, etwa in ERP-Systemen, für die weniger Performance-Aspekte eine Rolle spielen als vielmehr ein hohes Maß an Interoperabilität dank der verwendeten W3C-Spezifikationen. Denkbar wären aber Anwendungen wie MES-Systeme, die für die Kommunikation mit unterlagerten OPC-UA-Servern auf der Fabrikebene »OPC UA Binary« implementiert haben und für die Kommunikation mit überlagerten ERP-Systemen zugleich »OPC UA XML« unterstützen.
Welche Nachteile könnte »OPC UA Binary« gegenüber Feldbus- und Industrial-Ethernet-Systemen haben?
Limitierungen gegenüber Feldbus- und Industrial-Ethernet-Systemen könnte es bei »OPC UA Binary« in puncto Synchronisation, Determinismus und Schnelligkeit geben. Aber »OPC UA Binary« könnte zusätzlich zum Industrial-Ethernet-Protokoll in denselben Kabeln laufen - abhängig ist dies nur von deren Bandbreite.
Ist eine Kommunikation per OPC UA auch drahtlos möglich?
OPC-UA-Daten wurden bisher noch nicht über drahtlose Netze transportiert, aber die Umsetzung von OPC UA nach Wireless und zurück ist technisch möglich.