Industrielle (R-)Evolution?

Von SPSen zu Cyber-Physical Systems

15. Juli 2013, 20:43 Uhr | Nikolai Ensslen
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Rolle von Cyber-Physical Systems

Hier kommen Cyber-Physical Systems (CPS) ins Spiel: Bei ihnen handelt es sich um vernetzte Embedded-Systeme, die komplexe Software verteilt ausführen und die bisherigen Probleme einer zentral gesteuerten und aufwändig integrierten Anlage überwinden können. Sie erreichen die Flexibilität, die für ein adaptives Verhalten nötig ist, über die Verlagerung der Intelligenz in die Peripherie. Ein Greifarm etwa bekommt keine konkreten Befehle für einzelne Motoren mehr, sondern abstraktere Anweisungen: »Gehe dort hin, erkenne das Objekt und greife entsprechend«. Nicht nur die Kontrolle von Sensoren und Aktoren erfolgt lokal, sondern auch Aspekte wie die Kollisionsvermeidung und die Wahl eines Werkzeugs sollen ohne Rückfrage bei einer zentralen Recheneinheit umgesetzt werden.

Der »Cyber«-Aspekt kommt dabei zum Tragen, wenn ein lokaler Rechenknoten selbstständig beispielsweise Cloud-Ressourcen zur Mustererkennung abfragt. Generell verlangt die Verteilung der Intelligenz auf relativ autonome Funktionseinheiten aus Sensoren, Aktoren, Prozessoren und Kommunikationsschnittstellen einen neuen Ansatz in der Software-Architektur.

Als offensichtlich gut geeigneter Weg hat sich in der Service-Robotik der Einsatz von SOA-Frameworks (Service-Oriented Architecture) bewährt. ROS (Robot Operating System) ist ein Open-Source-Projekt, das bereits den Ableger »ROS Industrial« für industrielle Anwendungen hat. Dieser tritt erfolgreich gegen ältere Standards wie DDS (Data Distribution Service) oder OPC UA (OLE for Process Control, Unified Architecture) an.

Aufteilung in abonnierbare Dienste

Beim SOA-Ansatz wird jede Funktion in einem Software-Knoten (Node) verpackt. Die Nodes eines Systems sprechen eine Sprache, so dass sie autark Dienste veröffentlichen können, die andere Nodes bei Bedarf abonnieren. Dadurch wird die Software modular. Das Gesamtsystem besteht aus wiederverwendbaren und anpassbaren Modulen. Der große Vorteil ist, dass eine Middleware die Kommunikation gewährleistet und es unerheblich ist, wo die einzelnen Nodes ausgeführt werden. Hier schimmert tatsächlich ein Stück industrieller Revolution durch, denn die Entwicklung komplexer Automatisierungslösungen wird industrialisiert: Modulare Steuerungs-Software kombiniert mit einem Baukasten aus Standard-Hardware-Modulen (Sensoren, Aktoren, Controllern und Schnittstellen) wird die Entwicklung wesentlich erleichtern und beschleunigen.

Aspekte, die weiterhin über zentrale Speicher oder Nutzerschnittstellen verfügen müssen, werden in dieser Konstellation auf Server-Dienste verlagert, die ortsunabhängig mit einem oder vielen Systemen im Feld kommunizieren. Das Deployment neuer Software erfolgt beispielsweise über Server-Dienste. Die direkte Kommunikation von Systemmodulen mit den Cloud und Server-Diensten eliminiert viele bisher benötigte Zwischeninstanzen wie eine Zellen-, Prozess- und Fabriksteuerung.

Komplexitätsbewältigung durch lokale Intelligenz

Was mit Industrie 4.0 und dem Einsatz von CPS in der industriellen Automatisierung beschrieben wird, ist die Verheiratung von Mechatronik und IT. Heutige Entwicklungen in der Service-Robotik zeichnen sicherlich noch kein komplettes Bild von der Industrie der Zukunft. Aber die Entwicklungen in diesem Bereich sind vielversprechend und zeigen, wie eine völlig andere Herangehensweise die Komplexität in einer intelligenteren Automatisierung reduzieren könnte: Wir müssen Abschied nehmen von zentralistischen Steuerungen und monolithischer Software.

Nikolai Ensslen ist Geschäftsführer der Synapticon GmbH.


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