Programmierbare Steuerungen für I4.0

Von der PLC zum Edge-Enabled PAC

31. Oktober 2023, 12:05 Uhr | Andreas Knoll
Gunther Sälzler, Rockwell Automation: »Die PLC im klassischen Sinne gibt es aus unserer Sicht nicht mehr.«
© Rockwell Automation

Neben Cloud-Computing ist Edge-Computing die Schlüsseltechnologie, um IT/OT-Konvergenz in der Industrie 4.0 herzustellen. Rockwell Automation hat dafür seine Produkte der PAC-Kategorie um entsprechende Funktionen ergänzt. Gunther Sälzler, Director SWC & ITD Central Region, erklärt die Hintergründe.

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Markt&Technik: Wie sieht das Produktportfolio von Rockwell Automation für Edge- und Fog-Computing aus?

Gunther Sälzler: Bei Rockwell Automation verwenden wir ausschließlich den Begriff »Edge-Computing«. Unsere Programmable Automation Controller (PAC, dt. programmierbare Steuerung, Anmerkg. der Red.) eröffnen dafür entsprechende Möglichkeiten. Wir bieten Geräte mit einer Windows-IoT-Umgebung an, um die nötige Offenheit zu schaffen. Als Kommunikationsstandards lassen sich OPC UA und MQTT nutzen, die Daten werden in einer entsprechend strukturierten Form zur Verfügung gestellt. Daneben bieten wir das Embedded-Edge-Modul an, das mit der Steuerung über Backplane oder Ethernet Daten austauscht. Über die entsprechenden Schnittstellen ist es möglich, die Steuerung an beliebige IoT-Systeme anzudocken oder dafür Daten aufzubereiten.

Rockwell wird auch in Zukunft Lösungen anbieten, die die Kommunikation klassischer Controller mit Edge-Funktionen ermöglichen. Dies kann im gleichen Gerät, im gleichen Chassis oder in einem separaten Gerät erfolgen. Entscheidend ist dabei, dass die Konfiguration mit den gleichen Tools erfolgt – es ist also nicht erforderlich, jeweils unterschiedliche Design-Tools zu verwenden, um die Daten bereitzustellen.

Darüber hinaus bietet Rockwell »LogixAI« als spezifische Lösung in Form eines Industrie-PCs mit vorgefertigter Applikation an. Das System erkennt Rockwell-Geräte und überwacht und untersucht sie dahingehend, ob ihre Konfiguration korrekt ist oder ob es Auffälligkeiten gibt. Bei dem Produkt handelt es sich um eine fertige Edge-Lösung, mit der sich eine Automatisierungsplattform einschließlich der Antriebstechnik leicht überwachen lässt.

Was ist aus der vor einigen Jahren eingeführten Produktkategorie »Programmable Automation Controller« (PAC) geworden?

Der PAC ist eine Weiterentwicklung des Programmable Logic Controllers (PLC), der in Deutschland besser als SPS bekannt ist, und verfügt über einen größeren Funktionsumfang. Bei Rockwell Automation sind mit dem PAC auch Prozesstechnik, Antriebstechnik, Logikverarbeitung und Datenaufbereitung möglich – in einem Gerät und einer Programmierumgebung. Der PAC ist nach wie vor sehr erfolgreich und wird jetzt um Edge-Funktionalitäten erweitert. Aus unserer Perspektive kann man sagen: Er ist mehr denn je zentraler Bestandteil einer Automatisierungsplattform.

Welche Rolle spielen die Produktkategorien PLC, PAC, Edge-Controller und Industriecomputer im Produktportfolio von Rockwell Automation?

Die PLC im klassischen Sinne gibt es aus unserer Sicht nicht mehr. Die Entwicklung hat sich zum PAC vollzogen, der nicht nur den Teilaspekt der Logik abarbeitet. Alle unsere Geräte klassifizieren wir in die Gruppe der PACs, weil sie mehrere Disziplinen kombinieren. Wir haben keinen dezidierten Stand-Alone-Edge-Controller; vielmehr ist »Edge« ein Element, das sich zum PAC hinzufügen lässt.

Unsere Edge-Lösungen bieten bestimmte Funktionalitäten, etwa eine Datenvorverarbeitung, damit nicht sämtliche Daten in die Cloud übertragen werden müssen. So sind Daten im Kontext verfügbar. Bei einer Temperaturmessung beispielsweise steht nicht nur die Information zur Temperatur an sich bereit, sondern es wird auch klar, auf welches Gerät sich die Angabe bezieht, in welchem Zustand sich das Gerät befindet und zu welchem Zeitpunkt eine Messung erfolgt ist.

Durch die Datenvorverarbeitung ist die »Intelligenz« auch schon »an der Edge« verfügbar. So kann die »LogixAI« erkennen, ob eine Konfiguration korrekt ist oder ob alle Ports auf einem Switch entsprechend geschützt sind. Gegebenenfalls ist dann eine Reaktion möglich, ohne dass die Daten zunächst in die Cloud gegeben werden müssen.

Industrie-PCs spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei Rockwell Automation. Durch die Übernahme der Firma ASEM etwa bietet Rockwell ein entsprechend breites Portfolio an.

In welchem Verhältnis stehen PAC, Edge-Controller und Industrie-PC im Produktportfolio von Rockwell Automation zueinander?

Die Produkte ergänzen sich. Ihr Einsatz hängt vor allem davon ab, für welche Applikation sie benötigt werden und was es zu erreichen gilt.

Ein PAC ist auf seine Aufgabe hin optimiert. Ein Ingenieur oder ein ausgebildeter Anwender mit Kenntnissen in der Steuerungstechnik kann ihn konfigurieren und programmieren. Bei vielen Edge-Lösungen – sobald künstliche Intelligenz ins Spiel kommt – sind dann oft zusätzliche Fähigkeiten erforderlich, wie sie etwa Informatiker oder Data-Scientists mitbringen.

Rockwell verfolgt deshalb den Ansatz, seinen Kunden zunächst eine Steuerungslösung an die Hand zu geben. Wenn dann intelligente Lösungen in der Edge erforderlich sind, die Datenverarbeitung und Analysen erfordern, bietet Rockwell ergänzend fertige Applikationen an, sodass keine eigene Entwicklung auf Kundenseite erforderlich ist. Alternativ können Kunden eigens entwickelte Apps auch mit der Edge-Lösung im Industrie-PC nutzen. Es bestehen also mehrere Möglichkeiten, je nach Bedarf.

Für welche Art von Anwendungen ist welche Produktkategorie vorgesehen?

Der PAC ist hauptsächlich für klassische Maschinensteuerungs-Aufgaben sowie die Prozesssteuerung und Anlagensteuerung vorgesehen und sollte für Anwender maximal verlässlich und transparent funktionieren. Für analytische Aufgaben – etwa Predictive Maintenance und Auswertungen – eignen sich Edge-Lösungen, Industriecomputer oder in der Cloud angebotene Lösungen optimal. Dort ist die entsprechende Rechenleistung verfügbar, die für Analysen großer Datenvolumina erforderlich ist, etwa wenn die Qualität mehrerer Werke miteinander verglichen werden soll. Wichtig ist, dass die eingesetzten Lösungen sinnvoll zusammenspielen.

Gibt es zu einer oder zu mehreren dieser Produktkategorien im Produktportfolio von Rockwell Automation ein Ecosystem in Form eines Marktplatzes oder einer Austauschplattform für Anwendungen bzw. Apps?

Rockwell baut derzeit einen entsprechenden Marktplatz auf. Mit dem »Edge Manager« bieten wir dort die Möglichkeit, Edge-Geräte und deren Applikationen zu verwalten. Dies umfasst von Rockwell Automation zur Verfügung gestellte Applikationen, kundenspezifische Entwicklungen und Lösungen von Drittanbietern.

Rockwell Automation wird künftig dezidierte Applikationen für typische Anwendungen anbieten, beispielsweise ein Energy-Monitoring, sodass entsprechende Daten aufbereitet in Dashboards geliefert werden. Kunden müssen folglich bestimmte Lösungen, nach denen immer wieder Bedarf besteht, nicht selbst entwickeln, sondern können sie von uns beziehen.

Wir haben bereits einige Plattformen mit dem Schwerpunkt des Designs. So bietet Rockwell Automation etwa eine umfassende Bibliothek von User-Bausteinen, die für typische Anwendungsfälle in diversen Industrien schon fertige Elemente bereitstellt. Unsere aktuellste Ergänzung in dem Bereich ist eine »Unified Robot Library«. Dort stehen den Kunden Bausteine zur Verfügung, sodass sie nicht bei grundsätzlichen Fragen zur Steuerung eines Roboters ansetzen müssen, sondern bewährte Bausteine nutzen können. So lässt sich nicht nur der Engineering-Aufwand deutlich reduzieren, sondern auch die Fehlerquote.

Insgesamt bietet Rockwell Automation eine Vielzahl an Bibliotheken an, je nach Anwendung und Industriezweig.

 


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