Wären Proof of Authority oder Proof of Stake die geeigneten Validierungsverfahren? Sind sie bereits anwendungsreif, gibt es entsprechende Systeme?
Plum: Ja, beides wäre im Setup eines Konsortiums, das in der Verantwortung der Energieversorger liegt, durchaus denkbar. Allerdings gibt es dabei noch offene Fragen für den Praxiseinsatz.
Besonders der Handel von Energie unter den Prosumern wurde häufig als ein Beispiel genannt, wo der Einsatz der Blockchain sinnvoll sei. Die Prosumer könnten ohne einen Mittelsmann die Energie direkt untereinander handeln. Virtuelle Speicher oder Kraftwerke wären weitere Beispiele. Wie sieht die Situation gegenwärtig aus?
Kulinna: Wir sehen hier die regulatorischen Hindernisse. Aus Sicht der BCI-E+ gibt es auf dem Stand der heute verfügbaren Technik keinen wirklich funktionierenden Lösungsansatz, der ohne Energieversorger auskommt. Es ist nicht einfach, die Prozesse vollständig zu automatisieren und dabei gleichzeitig die reale Physik der Energienetze zu umgehen sowie die regulatorischen Probleme zu lösen. Man sollte niemals nie sagen. Wir schauen aber weiter gespannt auf die Lösungsansätze im Markt und fokussieren uns dabei auf die Themen, die wir gemeinsam mit den Energieversorgern selbst verbessern können.
Ist die Blockchain Bedrohung oder Chance für die traditionellen EVUs?
Plum: Eine Technologie wie auch die Blockchain-Technologie ist niemals Bedrohung oder Chance. Bedrohung oder Chance sind vielmehr die Veränderungen im Markt durch neue Rahmenbedingungen, neue Geschäftsmodelle und neue Marktteilnehmer. Derzeit sehen wir hier beispielsweise die Veränderungen durch die Dekarbonisierung und die Veränderungen der klassischen Geschäftsmodelle sowie durch neue Marktteilnehmer aus anderen Branchen.
Entstehen die regulatorischen Voraussetzungen, um Blockchain-Techniken außerhalb von Pilotprojekten überhaupt einsetzen zu können, oder müssen sie im Moment noch darauf beschränkt bleiben?
Plum: Die Mitglieder der BCI-E+ sehen die regulatorischen Rahmenbedingungen generell als kaum veränderbar. Damit sind die betroffenen Anwendungsfälle eher wenig erfolgversprechend. Realistische Veränderungen sehen wir beispielsweise bei der Marktkommunikation – die Bundesnetzagentur hat dort ja bereits Interesse an der Technologie geäußert und dabei auch ausdrücklich Bezug auf unseren Piloten der BC-E+-MaKoChain genommen. Andere regulatorische Veränderungen sind in der Blockchain-Strategie der Bundesregierung zu erkennen.
Die Bundesregierung hat im September die Blockchain-Strategie verabschiedet. Sind damit die regulatorischen Fragen geklärt?
Plum: Es ist nicht so, dass regulatorische Fragen in der Energiewirtschaft bisher ungeklärt sind. Vielmehr gibt es Interessengruppen, die regulatorische Rahmenbedingungen verändern wollen, damit neue Geschäftsmodelle entstehen können – beispielsweise die Einschränkungen beim Datenschutz. Ob diesen Forderungen nachgekommen wird, ist eher eine gesellschaftliche Fragestellung und dies überlassen wir dem politischen Diskurs. Letztlich erfasst die Frage nur Teilaspekte in der gesellschaftlichen Gesamtfragestellung aus Energiewende, Mobilitätswende, Digitalisierung und damit grundlegenden Veränderungen des Steuersystems. Die Antwort unter Abwägung aller Wünsche bleibt dabei die Herausforderung.
Kulinna: Regulatorische Veränderungen werden wir weiter in der BCI-E+ beobachten und dann die Anwendungsfälle für Blockchain-Technologie neu bewerten. Wir fokussieren uns auf die gegebene Regulatorik mit den realistisch leicht änderbaren Regelungen, die in der Politik, bei den Marktteilnehmern und in der Gesellschaft einen Gesamtkonsens finden können.