Nur wenige Fertigungsunternehmen haben bisher den Prozess der digitalen Transformation komplett durchlaufen. Um langfristig erfolgreich sein zu können, sollten die anderen sich zügig auf den Weg machen oder ihren Gang beschleunigen. Doch was gilt es konkret zu tun, und was ist dabei zu beachten?
Viele Branchen und Unternehmen befinden sich in einem digitalen Wandel. Überall angekommen ist dieser jedoch noch längst nicht. Im Fertigungssektor beschränkt sich die Digitalisierung meist auf einzelne Produktionsstätten, manchmal auf einige wenige Maschinen. Um das volle Potenzial digitaler Technologien auszuschöpfen, muss ein Unternehmen aber über eine global vernetzte Produktion verfügen, die alle Werke und Niederlassungen weltweit umfasst. Vernetzte Abläufe sind von entscheidender Bedeutung, um wettbewerbsfähig zu bleiben, die Flexibilität zu erhöhen und auf anhaltende Störungen zu reagieren. Aber es ist nicht so einfach wie es klingt.
Mit einer fragmentierten Vernetzung erhöht sich auch das Risiko, dass Hersteller und ihre Produktionsstätten anfälliger für Störungen werden, was zu globalen Produktverzögerungen oder Engpässen führen kann. Daher ist es in der heutigen globalen Wirtschaft eine Voraussetzung für jedes Unternehmen der Fertigungsindustrie, sich zu einem „Digital-First-Unternehmen“ zu entwickeln. Und dieser Wandel erfordert nicht nur die Instrumentierung aller physischen Anlagen mit möglichst viel Echtzeitfähigkeit, sondern auch die zuverlässige und sichere Sammlung von Daten auf einheitliche Weise zur Verarbeitung und Gewinnung von Erkenntnissen.
Wir haben vor kurzem eine Studie zur Digitalisierung des Fertigungssektors erstellt, aus der hervorgeht, dass diese Veränderungen zwar in vollem Gange sind, aber nur wenige Unternehmen den gesamten Prozess der digitalen Transformation durchlaufen haben. Die Umfrage unter 186 Unternehmen der diskreten, verfahrenstechnischen und hybriden Fertigung mit Hauptsitz und Betriebsstätten in den USA, Frankreich, Deutschland, Irland, Schweden, der Schweiz, Großbritannien, Australien, Hongkong, Indien, Japan, Malaysia und Singapur wurde im 4. Quartal 2021 durchgeführt. Welche Schritte müssen Fertigungsunternehmen also noch gehen, um ihre Digital-First-Ziele zu erreichen?
Jeder Fertigungsprozess muss mit den ständigen Herausforderungen der Abnutzung von Maschinen, der Lieferschwankungen bei den Rohstoffen aufgrund externer Faktoren und der Maßnahmen auf dem Shopfloor fertig werden. Angesichts all dieser Variablen ist ein effizienter Fertigungsprozess wichtig: Ziel ist es, in möglichst kurzer Zeit und mit möglichst geringem Ressourceneinsatz ein Produkt hoher Qualität herzustellen. Dieses Streben nach Effizienz treibt die Investitionen in die IT-Infrastruktur des Fertigungssektors voran.
Auch wenn mit der Pandemie die Remote- oder Hybrid-Arbeitsplätze an Bedeutung gewonnen haben, benötigen Fertigungsunternehmen zumindest einige wenige Mitarbeiter in der Fertigungshalle, die physisch mit den Maschinen arbeiten. Viele Arbeitsplätze erlauben jedoch eine gewisse Standortflexibilität. 80 Prozent der Teilnehmer an unserer Umfrage gaben an, dass in den nächsten drei Jahren wahrscheinlich etwa die Hälfte der Gesamtbelegschaft vollständig remote arbeiten wird. Diejenigen, die teilweise vor Ort arbeiten, benötigen auch von unterwegs Zugang zu Unternehmenssystemen, was einer der vielen Faktoren ist, die das Wachstum privater mobiler Netzwerke vorantreiben.
Gemäß unserer Umfrage plant mehr als die Hälfte der Fertigungsunternehmen, den größten Teil ihrer Ausgaben für Plattformen für die digitale Zusammenarbeit und private Mobilfunknetze (4G/5G) für die Connectivity innerhalb von Büros oder Arbeitsräumen zu tätigen. Auch Unified-Communications-Plattformen und Cloud-Kontaktzentren für die Weiterleitung von Kundeninteraktionen, die Aufzeichnung von Anrufen und das Personalmanagement werden als wichtige Investitionen betrachtet.
Viele Fertigungsunternehmen befinden sich bereits auf dem Weg zur digitalen Transformation, wobei der erste Schritt die Entwicklung einer Strategie ist. Laut unserer Umfrage haben acht von zehn Unternehmen bereits eine Strategie für die digitale Transformation mithilfe von 5G und Automatisierung. Die IIoT-Technologiewelle hat sich in den letzten zehn Jahren entwickelt, und die pandemiebedingte Fernsteuerung hat die Notwendigkeit einer strategischen digitalen Transformation für Unternehmen weiter erhöht. Die IIoT-Instrumentierung von Maschinen und die Verbindung der gesamten Anlage mit Edge- und Cloud-Verarbeitung sind der Schlüssel, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten, Ausfallzeiten zu reduzieren, den Durchsatz zu erhöhen und eine effiziente Ressourcennutzung sicherzustellen. Die Flexibilität der Steuerung und Instrumentierung trägt dazu bei, einen Fertigungsprozess widerstandsfähiger gegenüber zukünftigen Herausforderungen zu machen.
Vernetzte Abläufe bringen zwar viele Vorteile in Bezug auf Flexibilität, Effizienz und Produktivität mit sich, werfen aber auch Fragen der Anlagen- und Datensicherheit auf. In dem Maße, in dem unverbundene Fabrikinseln mit dem Rest des Unternehmens integriert werden, beschränkt sich die Sicherheitsstrategie nicht nur auf E-Mails, Chats und andere Tools für die Zusammenarbeit. Unternehmen benötigen einen integrierten Sicherheitsansatz, der sowohl die Daten ihrer Mitarbeiter als auch die der Maschinen schützt.
Ein weiterer Bereich, der Anlass zur Sorge gibt, ist die Sicherheit des Partner-Ecosystems. In unserer Studie gaben nur 17 Prozent der Befragten an, dass die Sicherheit des Partner-Ecosystems (d.h. der Lieferkette) eine Herausforderung darstellt. Die Kontrolle von Remote-Benutzern, die auf Cloud-Dienste, lokale Anwendungen und Ressourcen zugreifen, sowie die Speicherung und Nutzung von Daten in Cloud-Diensten wurden als dringende Prioritäten genannt. Dies spiegelt sicherlich den schnellen Wechsel zu neuen, pandemiebedingten Arbeitsstrategien wider, die eher reaktiv als geplant waren. Weil die Digitalisierung zu einer Notwendigkeit wird, müssen sich Unternehmen in naher Zukunft auch verstärkt auf die Sicherheit der Lieferkette konzentrieren.
Ein digitales Unternehmen zu werden, ist ein klarer Auftrag für Fertigungsunternehmen, aber die Ausgangspunkte für die digitale Transformation können bei den verschiedenen Herstellern variieren. Bei der digitalen Transformation von Unternehmen geht es darum, durch die Digitalisierung von Prozessen, die Neuerfindung von Arbeitsabläufen und die Automatisierung einen Einfluss auf das Endergebnis zu haben, um strategische Geschäftsziele zu erreichen.
Der Autor: Kim Bybjerg ist Vice President und Head of Continental Europe bei Tata Communications. In dieser Funktion ist er für den Vertrieb, die strategischen Partnerschaften und die Geschäftsentwicklungsstrategie des Unternehmens in der Region verantwortlich.