Schnell und kostengünstig

Neuer KI-Algorithmus findet innovative Materialien

23. Februar 2022, 9:29 Uhr | Heinz Arnold
Bei dem sogenannten inversen Moleküldesign wird die Struktur-Eigenschafts-Beziehung umgedreht: Nicht die Struktur gibt die Eigenschaften der Substanz vor, sondern die gewünschten Eigenschaften definieren die Struktur einer Substanz.
© TU Berlin/pixabay

Ein neuer KI-Algorithmus vereinfacht die Suche nach geeigneten Molekülen, etwa für verbesserte Batterien. Das spart deutlich Zeit und Kosten.  

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Heute können die Forscher oft sehr detailliert die gewünschten chemischen und physikalischen Eigenschaften bis auf die atomare Ebene vorhersagen. Allerdings ist der Raum aller potenziellen chemischen Verbindungen ist so riesig, dass es Jahre dauern würde, bis die geeignete Substanz gefunden wird.

»Rein hypothetisch existieren unfassbar viele mögliche Strukturen, von denen aber nur ein winziger Bruchteil die speziellen chemischen oder physikalischen Eigenschaften hat, die in einer bestimmten Anwendung gefragt sind«, erläutert Dr. Kristof Schütt, BIFOLD Junior Fellow an der TU Berlin. »BIFOLD« steht für »Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data«, eine interdisziplinäre Forschergruppe an der Technischen Universität Berlin. Sie hat jetzt einen KI-Algorithmus entwickelt, der mithilfe von KI sogenanntes inverses chemisches Design umsetzt und so gezielt Moleküle auf Basis ihrer gewünschten Eigenschaften generiert. Beschrieben haben die Forscher den KI-Algorithmus im Artikel »Inverse design of 3d molecular structures with conditional generative neural networks«, der in Nature Communications erschienen ist.

In den letzten Jahren wurde eine Fülle von Methoden entwickelt, die in der Lage sind, die chemischen Eigenschaften und energetischen Zustände von gegebenen Substanzen mit Hilfe von KI vorherzusagen. Selbst mit diesen effizienten Methoden erweist sich die Suche nach Molekülen mit spezifischen Eigenschaften in der Praxis als schwierig, weil nach wie vor eine überwältigende Anzahl an Kandidaten durchsucht werden muss.

Die Struktur-Eigenschaftsbeziehung wird umgedreht

Die BIFOLD-Wissenschaftler konzentrierten sich daher auf das sogenannte inverse Moleküldesign, bei dem die Struktur-Eigenschafts-Beziehung umgedreht wird: Die Struktur gibt nicht die Eigenschaften vor, sondern die Eigenschaften definieren die Struktur. Die Herausforderung besteht darin, direkt molekulare Strukturen zu konstruieren, die einer bestimmten Gruppe von Eigenschaften entsprechen. Der entwickelte KI-Algorithmus basiert auf einem sogenannten tiefen generativen neuronalen Netz, in dessen Entwicklung Vorwissen über grundsätzliche, physikalische Gegebenheiten eingeflossen ist. Das Netz lernt nur anhand einiger tausend Beispielmoleküle die komplexen Zusammenhänge zwischen chemischen Strukturen und ihren Eigenschaften. »Danach können verschiedene Eigenschaftsprofile vorgeben werden und das generative neuronale Netz, schlägt dazu eine überschaubare Menge an passenden Molekülen und Verbindungen vor. Nur diese Kandidaten müssen dann von den Chemikern untersucht werden«, erläutert Kristof Schütt. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass dieses inverse chemische Design sogar dann funktioniert, wenn das gesuchte Eigenschaftsprofil nur teilweise von den bereits bekannten Beispielmolekülen abgedeckt wird.

Das interdisziplinäre Team erwartet, dass derartige Algorithmen, im Zusammenspiel mit weiteren KI-getriebenen Ansätzen und quantenchemischen Methoden, die Suche nach neuen Molekülen und Materialien in vielen praktischen Bereichen stark beschleunigen können. Klaus-Robert Müller, BIFOLD Co-Direktor und Professor für maschinelles Lernen an der TU Berlin, ergänzt: »Ich sehe hier ein enormes Potential, wenn sowohl das Entwerfen der Moleküle als auch deren Analyse und Simulation mit Methoden der künstlichen Intelligenz unterstützt werden. Dies kann zum Beispiel bei der Entwicklung von Medikamenten hilfreich sein oder die Suche nach neuartigen Materialien für Batterien und Solarzellen beschleunigen.«

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