Ultrahaptics‘ Entwicklungskit »Epaphus« bei EBV Elektronik
Die englische Firma Ultrahaptics hat ein System entwickelt, mit welchem dem Anwender Berührungen vorgegaukelt werden, obwohl er nur in die Luft fasst. Möglich macht es ein Array kleiner Lautsprecher, die gezielte Ultraschall-Signale aussenden. Diese werden als leichte Vibrationen auf der Haut wahrgenommen. Der Trick dabei ist, dass der Hersteller mit einer Tracking-Kamera die Position der Hand erfasst und je nach deren Positionen sehr gezielt einzelne Areale auf der Haut ansprechen kann. So meint man, die Oberfläche eines Objekts zu spüren, das feste X-Y-Z-Koordinaten im Raum hat. Allerdings kann man die virtuellen Objekte nicht von allen Seiten »anfassen«, sondern man spürt sie immer nur von der den Lautsprechern zugewandten Seite aus.
Bislang setzt Ultrahaptics die Technik für berührungslose Schalter ein, die in Autos (Verschiedene Autohersteller wie BMW experimentieren mit der Technik, wenn der Fahrer ohne hinzuschauen Elemente im Cockpit bedienen soll), Operations-Sälen oder als Fahrstuhlschalter zu finden sind. Der Hersteller will seine Technik jedoch auch Hardware-Herstellern für VR-Systeme anbieten, die Anwendern damit eine Art haptisches Feedback vorgaukeln können.
Für Hardware-Controller ist das Ganze noch im Prototyp-Status, konkrete Produktankündigungen gibt es noch nicht. Bei EBV Elektronik konnten wir ein Testsystem ausprobieren. Wenn wir die Hand im Abstand von 10 bis 50 cm über die Lautsprecherfläche führten, spürten wir an einer Stelle tatsächlich leichte Vibrationen auf der Haut. Am ehesten sind sie mit einem sehr schwach, aber präzise eingestellten Dyson-Handtrockner zu vergleichen, wie man ihn in Waschräumen findet. Man spürt einen leichten Druck wie aus Luftdüsen. Je nach Position der Hand über dem Lautsprecherfeld werden andere Punkte oder Flächen auf der Haut »angeblasen«. Allerdings bietet der Ultraschall keinen haptischen Widerstand, wie man ihn beim Anfassen realer Objekte spürt.
EBV Elektronik vertreibt seit März 2017 das UHDK5 genannte Entwicklungskit unter einem weiteren griechischen Helden-Namen »Epaphus« (Bild 1), in welchem neben einem 14×14 Transducer-Array-Board und einem Steuerungsboard (Bild 2) mit Mikrocontroller (vermutlich ein mit 204 MHz getakteter NXP43xx Dual-ARM-Core mit Cortex-M4 und -M0) und FPGA (in diesem läuft der extrem komplexe und parallelisierte Algorithmus, der letztlich über 96 Kanäle die Line-Treiber der Transducer ansteuert) der vorkalibrierte Gesten-Tracking-Sensor, ein Software Development Kit-API (Industriestandard C++) und die Stromversorgung über USB inkludiert sind. Das sichtbare Feld umfasst 60° ausgehend vom Board-Mittelpunkt, die Fokus-Punkte haben eine Genauigkeit von 8,6 mm Durchmesser. Was (noch) etwas unglücklich wirkt, ist die Größe des Boards (29 mm × 186 mm × 221 mm (Höhe/Breite/Tiefe), Ultrahaptics arbeitet jedoch schon an einer Verkleinerung der Transducer. Die Stromversorgung ist auf Grund der zahlreichen benötigten Spannungen und Lasten relativ komplex, neben Aufwärts- und Abwärtsreglern findet sich auch ein Power-MOSFET auf der Platine (alle von Texas Instruments).
Unklar ist, um welchen FPGA-Typ es sich genau handelt, da es von Seiten Ultrahaptics hierzu keine öffentlichen Informationen gibt. Von Seiten der benötigten Funktionalität darf angenommen werden, daß es sich um einen Baustein mit Flash-Speicher-on-Chip, Instant-On-Funktionalität und zahlreichen DSP-Blöcken sowie einer DDR3-Speicherschnittstelle handeln dürfte.
Das Entwicklungskit kostet 1899,00 Euro, von Ultrahaptics wird dazu für 20.000,00 Dollar noch ein sogenanntes Engineering-Paket unter anderem mit 3 Tagen On-Site-Support angeboten.In einer zukünftigen Ausgabe der DESIGN&ELEKTRONIK werden wir die Technologie von Ultrahaptics genauer unter die Lupe nehmen.