Herangehensweise entscheidend

Digitalisierung heißt nicht per se smarte Produktionsprozesse

28. Januar 2019, 11:31 Uhr | Karin Zühlke
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Industrie 4.0 ist keine „One size fits all“ Schablone: „Es dominiert in vielen Bereichen noch die Einzelbetrachtung“, sagt Prof. Dr. Sigrid Wenzel, Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel.

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„Es gibt nicht Industrie 4.0 schlechthin, sondern nur für jedes Unternehmen eine individuelle Lösung.“ Und schon gar nicht führe Digitalisierung von selbst zu smarten Produktionsprozessen ohne mediale Brüche. Das sagt Prof. Dr. Sigrid Wenzel. Am Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel leitet sie im Institut für Produktionstechnik und Logistik das Fachgebiet Produktionsorganisation und Fabrikplanung.

Den Begriff der Digitalisierung verwendet Sigrid Wenzel nicht gern. Sie spricht von digitaler Transformation, da dieser den Veränderungsprozess besser beschreibt. Es gehe nicht um den Einsatz der IT um ihrer selbst willen, sondern um die strukturierte Verbesserung der einzelnen Prozesse in einem umfassenden Gesamtsystem. Erst wenn die bisherigen Prozesse analysiert und hinsichtlich ihrer Verbesserungspotenziale fortentwickelt seien, werden diese neuen Prozesse im Gesamtsystem implementiert und mit IT unterstützt. Dafür benötige ein Unternehmen oder eine Verwaltung geeignete Fachleute mit Kenntnissen in Betriebswirtschaft, Informatik und Technik, „die mit allen reden, die Herausforderungen global betrachten, und die jene Aufgaben, die sie daraus ableiten, disziplinübergreifend lösen können“. Genau diese Fachleute bildet Sigrid Wenzel als wissenschaftliche Leiterin des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Industrielles Produktionsmanagement (IPM) an der UNIKIMS gemeinsam mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie akademisch geschulten Praktikerinnen und Praktikern aus. Die UNIKIMS ist die Management School der Universität Kassel und zuständig für das berufsbegleitende Studium. Mit über 1200 Studierenden in neun berufsbegleitenden MBA- und Masterstudiengängen ist sie eine der führenden Institutionen in Deutschland für die universitäre Weiterbildung von Nachwuchs- und Führungskräften.

Die Absolventinnen und Absolventen profitieren im Beruf von der erlernten Methodik

Henning Wortmann zum Beispiel begann den Masterstudiengang IPM 2013, drei Jahre nach Beginn der Karriere im dualen Verbund von betrieblicher Ausbildung und Maschinenbau-Studium beim Landtechnikhersteller Claas. Im Beruf profitierte Wortmann vor allem von den Methoden, die er im Studium an der UNIKIMS erlernte, „von der Herangehensweise und der strategischen Planung. Wenn wir die Zusammenhänge auseinandergenommen haben, etwa im Materialfluss, dann war das super im Alltag anzuwenden. Und die positivste Überraschung war für mich, dass alle, die mit mir in Kassel studierten, schon mehrere Jahre im Beruf waren und ihre Erfahrung von dort mitbrachten. Damit hatte die Vorlesung eine ganz andere Qualität, denn bei theoretischen Ausführungen hat es nie lange gedauert, bis der erste die Hand hob und sagte: ,Das hat bei uns so nicht geklappt. Wir haben das so gelöst.’ Das ist etwas ganz anderes, als in einer Gruppe von 20jährigen, die keinerlei praktische Erfahrungen mitbringen.“ Mit dem Abschluss Master of Science im IPM wechselte Wortmann in die Corporate IT der Claas-Gruppe, wo er sich mit Prozessberatung und Anwendungsentwicklung beschäftigt. Auch für Mohammed Abdel Rahim änderte das IPM-Masterstudium rasch seinen beruflichen Alltag: „Man verändert sein Bewusstsein, und man kommuniziert es. Daraufhin steigert das System, die Arbeitswelt, die Erwartungen an mich und ich erhalte mehr ganzheitliche und prozessbezogene Aufgaben.“

Sigrid Wenzel beschreibt die betriebliche Wirklichkeit, wie sie diese als Kooperationspartnerin von Unternehmen erlebt: „Es reden zwar fast alle über Digitalisierung und Industrie 4.0, aber längst nicht alle haben ihren optimalen Weg zur Umsetzung gefunden.“ Einige Unternehmen, vor allem große Konzerne, seien in der Nutzung digitaler Planungsmethoden und der Implementierung von IT-gestützten Prozessen schon sehr weit „Andere Unternehmen kämpfen aber noch mit Datenaustauschformaten und sind eher bei Industrie 2.5.“, urteilt Sigrid Wenzel.
 


  1. Digitalisierung heißt nicht per se smarte Produktionsprozesse
  2. Eine Optimierung der Teilsysteme führt nicht zum optimalen Gesamtsystem

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