Interview mit Carsten Pfaff, Hy-Line

»5G, Bluetooth und LPWAN setzen sich durch«

3. Juni 2022, 14:00 Uhr | Andreas Knoll
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»Kabel werden nicht völlig verschwinden ...«

Entsprechend verhält es sich im IIoT: Eine SPS kabelgebunden zu betreiben, ist auf jeden Fall einfacher als über Funk, zumindest wenn ich ohne größere Probleme an sie herankomme und eine LAN-Buchse hinten dran habe. Und bei einer Highspeed-Kamera, die hochauflösende Bilder schnell übertragen muss, wird es immer sinnvoll sein, ein Kabel zu ziehen. Auch in Anwendungen wie Zügen oder Lokomotiven, wo viele verschiedene Technologien verbaut sind, eine große Hitze herrscht und auf dem geringen vorhandenen Platz viele Racks übereinander und nebeneinander untergebracht sind, kommt man um Kabel nicht herum, weil es sich um ein sehr funkunfreundliches Umfeld handelt.

Dass Kabel in absehbarer Zeit völlig verschwinden, kann ich mir folglich nicht vorstellen; es wird immer Applikationen geben, in denen Kabel unentbehrlich sind. Das wird ein großer Markt bleiben. Wir haben ja auch Router und Gateways im Programm, die über Mobilfunk oder Wi-Fi Daten sammeln und sich per LAN mit einer großen Steuerung verbinden lassen. Ich denke nicht, dass solche Geräte verschwinden werden.

Welche Rolle wird in Zukunft die Cloud spielen, was Datenverarbeitung und -analyse angeht?

Die Cloud wird sicherlich eine wichtige Rolle spielen und tut es teilweise schon. Momentan ist es so, dass riesige Mengen gesammelter Daten letztlich unbeachtet bleiben. Für 2020 gibt es Untersuchungen, wonach 70 Prozent der weltweit gesammelten Daten nicht ausgewertet werden. Eigentlich ist das unglaublich, denn die Daten sollen ja dazu dienen, Prozesse und Verfahren zu optimieren. Hier kann die Cloud eine sehr positive Rolle spielen, denn sie ermöglicht es Anwendern, zentral auf die Daten und entsprechende Funktionen zuzugreifen, was ihnen die Analyse einfacher macht.

Anwender können die Angebote von Cloud-Dienstleistern nutzen oder eine eigene Cloud gestalten, was aber inzwischen nur noch wenige praktizieren. Die meisten verwenden im Markt verfügbare Cloud-Angebote und integrieren in die Geräte, die kommunizieren sollen, eine geeignete Schnittstelle zur Cloud. Insgesamt liegt in der Auswertung erfasster Daten noch ein riesiges Optimierungspotenzial.

Lässt sich für die Anwendungen, die Determinismus und Echtzeitfähigkeit erfordern, eine Handreichung geben, welche drahtlos umgesetzt werden sollen und welche drahtgebunden?

Wenn man die unvermeidlichen paar Millisekunden Delay schon als Echtzeit versteht, kann man sagen: Drahtlose Übertragung in Echtzeit ist schon heute möglich. Sobald aber harte Echtzeit unterhalb dieses Niveaus oder gar im Mikrosekundenbereich gefordert wird, kommt man nach dem jetzigen Stand am Kabel nicht vorbei. Hinzu kommt, wie bereits erläutert, ein gewisses Maß an Instabilität: In einer bidirektionalen Funkverbindung sendet die eine Seite, und die andere sendet ihre Antwort zurück, was natürlich eine gewisse Zeit dauert und das Risiko mit sich bringt, dass Datenpakete in der Luft verloren gehen, weil Störeinflüsse vorhanden sind.

Unidirektionale Verbindungen sind natürlich schneller, weil kein Bestätigungspaket als Rückantwort abgewartet werden muss, bergen aber dafür die Gefahr, dass Datenpakete gar nicht ankommen. Wenn also in sicherheitsrelevanten Anwendungen Echtzeit gefordert ist gemäß der Vorgabe, das Band muss sofort stillstehen, wenn der Not-Aus-Taster gedrückt wird, dann ist es schwierig mit Funk.

Welche Anwendungen haben Sie bei Hy-Line hauptsächlich im Blick?

Es gibt eine unglaubliche Vielzahl verschiedener Applikationen, und bei uns geht es wirklich querbeet. Wir sind in der Industrie aktiv, in der Medizin, in der Gebäudetechnik, im Automotive-Bereich, aber auch in der Consumer-Technik: Bluetooth-Lautsprecher sind für uns ebenso ein Thema wie Küchengeräte oder remote steuerbare Heizungen etwa in Wohnwagen. Durch unsere breite Produktpalette sind wir theoretisch in der Lage, fast alles abzudecken.

Welche Roadmap und Strategie verfolgen Sie als Unternehmen in Sachen Industrial Wireless?

Wir haben gute Hersteller in unserem Portfolio, die regelmäßig neue Technologien und Produkte herausbringen. Mit den meisten von ihnen arbeiten wir seit vielen Jahren zusammen, schauen aber immer wieder nach rechts und links und nehmen auch kleinere Unternehmen mit auf, besonders Start-ups, die technologisch innovativ sind. Wir versuchen also stets, die neuesten Technologien mit unseren etablierten Herstellern anhand deren Roadmaps abzudecken oder kleine, innovative Hersteller mit dazuzunehmen.

Der zweite Aspekt ist der Formfaktor. Wir kommen ursprünglich aus dem Halbleitergeschäft und der lötbaren Modultechnologie, bieten aber auch Endgeräte wie etwa Router, Gateways und Modems an, die in einem Gehäuse untergebracht sind, in das nur eine Antenne und ein Stromkabel hineingesteckt werden müssen. Auf diesem Gebiet haben wir unser Portfolio in den letzten Jahren erweitert und erweitern es immer noch, sodass wir jetzt auch in Personal investieren. Denn hier handelt es sich natürlich um zwei verschiedene Welten: Wir sprechen mit Ingenieuren, die Baugruppen entwickeln und erproben, aber über die Endgeräte reden wir mit Produkt-Managern, Marketing-Managern, IT-Beauftragten oder auch der Geschäftsführung, je nach Größe des Unternehmens. Das sind die beiden Standbeine, auf denen wir stehen. Technologisch bewegen wir uns mit beiden Arten von Ansprechpartnern in gleichen Bereichen – Mobilfunk, Bluetooth, Wi-Fi, NB-IoT oder LTE-CAT-M – und beim Formfaktor zwischen Board und Endgerät. Und so werden wir es weiterhin handhaben.


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