Ungebrochen ist natürlich der Trend zu einer generellen Leistungssteigerung von Hard- und Software - ein Trend, der die Mikroelektronik und alle Techniken, die auf ihr beruhen, von Anfang an begleitet. »Die Leistungsfähigkeit von Hard- und Software steigt rasant: Kameras werden immer schneller, Software-Algorithmen werden immer mächtiger, und Rechenleistung ist heute im Grunde in unendlichem Ausmaß verfügbar«, legt Raoul Kimmelmann dar. »Neue Flächen- und Zeilensensoren dringen in bisher ungeahnte Dimensionen vor, die ein schnelleres Interface benötigen. So treten CoaXPress und CameraLink HS dort an, wo das heutige CameraLink nicht genug Geschwindigkeit bietet. Dadurch erschließt sich die Bildverarbeitung immer mehr Anwendungen, bei denen eine Automatisierung mit einem Kamerasystem früher undenkbar war.«
Markus Fremmer pflichtet ihm bei: »Schon seit einiger Zeit profitiert die Bildverarbeitungs-Branche von den generellen Leistungssteigerungen in der Elektro- und Halbleiterindustrie - beispielsweise bei LED-Beleuchtungen, in denen jetzt vermehrt High-Power-LEDs Verwendung finden«, sagt er. »Die größeren Helligkeiten erlauben kürzere Shutter-Zeiten der Kameras und damit eine geringere Bewegungsunschärfe und eine höhere Genauigkeit, was besonders bei der Kontrolle von Objekten im Durchlauf relevant ist. Die Kamerabranche erfreut sich immer höherer Auflösungen und Bildraten, es kommen vermehrt CMOS-Bildsensoren zum Einsatz, und Auflösungen bis 16 Megapixel rücken in diskutable Preisregionen.«
Für die absehbare Zukunft ist Fremmer zufolge gerade bei Vision-Sensoren und einfachen Kompaktsystemen mit einer weiteren Miniaturisierung, Leistungssteigerung und Preisreduzierung zu rechnen: »Mit steigender Leistungsfähigkeit und der dadurch möglichen höheren Komplexität der Auswertung wird die Bedienerfreundlichkeit von Systemen noch mehr im Fokus stehen.«
Die generelle Leistungssteigerung betrifft natürlich nicht nur die Kameras und Beleuchtungen, sondern auch die PCs, die für die Verarbeitung und Auswertung der erfassten Daten zuständig sind: »Bei den Auswerterechnern gilt noch immer die Devise 'kleiner, schneller, günstiger‘ - vor allem letzteres Attribut verhilft der Bildverarbeitung zunehmend zum Eintritt in preissensitive Anwendersegmente«, sagt Fremmer. »Dank fortwährend höherer Rechnerleistung auch im High-End-Segment lassen sich jetzt sehr große Datenmengen mit ressourcenintensiven Algorithmen in industriell tauglicher Zeit verarbeiten, was neue Applikationsfelder eröffnet.«
Intelligente Kameras
Ein möglicher Schritt zur Miniaturisierung ist der Ersatz PC-gestützter Bildverarbeitungssysteme durch intelligente Kameras mit integriertem PC. Michael Engel plädiert dafür: »Unter der Prämisse, die intelligente Kamera so klein wie möglich zu gestalten, liegt es auf der Hand, dass sie als Bildverarbeitungssystem, das die Prozessoreinheit zur Datenverarbeitung bereits komplett integriert und somit den PC als größten Platz- und Ressourcenverschwender eliminiert hat, auch an anderer Stelle der Effizienz alles unterordnet«, führt er aus. »In dieser Hinsicht sind wir als Hersteller jedoch stark abhängig von den Lieferanten der einzelnen Bauteile. Allerdings haben die letzten Jahre gezeigt, dass immer leistungsfähigere und immer kleinere Bauteile in immer kürzeren Abständen auf den Markt kommen. So können mit der fortschreitenden Miniaturisierung der High-Tech-Komponenten auch weitere Anwendungsbereiche erschlossen werden, etwa Handhelds.«
Einen Schub für intelligente Kameras könnte der Trend zur »Green Automation« bringen - ein Stichwort, hinter dem sich ein ressourcenschonendes und verantwortungsbewusstes Handeln in der Automatisierung verbirgt. »Intelligente Kameras sammeln hier einige Pluspunkte: Im Vergleich zu PC-Bildverarbeitungssystemen verbrauchen sie wesentlich weniger Strom, sind weniger störanfällig und verursachen daher kaum Wartungsaufwand, um nur wenige Vorteile zu nennen«, führt Michael Engel aus. »Diese Faktoren werden in zukünftigen Produktionsstätten eine wichtige Rolle spielen.« Abgesehen davon sieht er auch einen Trend zu »Allround-Systemen, sogenannten Vision-Sensoren, die oft mit integriertem Software-Paket auf eine Anwendung zugeschnitten sind.«
Christof Zollitsch zeigt sich in Sachen intelligente Kameras generell etwas skeptischer: »Es handelt sich dabei nicht um eine Revolution, sondern eher um einen Seitenast«, sagt er. »Der IBV-Markt hat ihre Entwicklung nicht so honoriert, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Aus meiner Sicht ist es erstaunlich, dass die intelligenten Kameras keine breitere Akzeptanz am Markt gefunden haben. Die nach Wert gemessene Majorität wird aus unserer Erfahrung nach wie vor auf PC-Basis realisiert. Grund dafür ist sicherlich, dass in der industriellen Bildverarbeitung meist mehrere Kameras an einem Rechner zum Einsatz kommen.«