Die USB-3.0-Schnittstelle und der mit ihr verbundene Transportlayer-Standard USB3 Vision beginnen, den etablierten Schnittstellen Konkurrenz zu machen. CMOS-Bildsensoren mit Global Shutter haben begonnen, ihre CCD-Pendants zu verdrängen. 3D-Bildverarbeitung befindet sich zwar in aller Munde, aber anscheinend noch nicht allzu häufig in Standard-Anwendungen. Und: Nichtindustrielle Anwendungen sowie die Lebensmittelindustrie bieten die größten Wachstumspotenziale für die Bildverarbeitungs-Branche.
Wie fast alle Technologiefelder entwickelt sich auch die industrielle Bildverarbeitung eher evolutionär statt revolutionär. Dies überrascht nicht, zumal die Mikroelektronik als Basistechnologie zwar etabliert ist, ihre Möglichkeiten aber noch längst nicht ausgeschöpft sind. Technische Revolutionen sind also nicht zu erwarten, aber auch evolutionäre Entwicklungen eröffnen allmählich neue Anwendungsfelder und verändern die bestehenden.
Ziemlich viel tut sich derzeit bei den Schnittstellen zwischen Kamera und PC. Die Framegrabber-gestützten, besonders bandbreitenstarken Interfaces CoaXPress und CameraLink HS bieten sich für Anwendungen an, die besonders hohe Bildsensor-Auflösungen und Bilderfassungsraten erfordern. 10GigE steht zwar in den Startlöchern, muss aber seinen Weg in konkrete Produkte erst noch finden. Als »Shooting Star« erweisen könnte sich USB 3.0 in Verbindung mit dem Transportlayer-Standard USB3 Vision.
Die USB-Schnittstelle hatte in der Bildverarbeitungs-Branche bisher den Ruf, das Niedrigpreissegment zu bedienen: Als USB 2.0 erreicht sie eine Bruttobandbreite von 480 MBit/s und eine Nettobandbreite von 40 MByte/s. Mit dem Aufkommen von USB 3.0 dürfte sich jedoch das Bild von USB in der Branche ändern: »Die Version 3.0 des USB-Standards bewältigt 5 GBit/s brutto und 400 MByte/s netto, also 10-fache USB-2.0- und 3,5-fache Gigabit-Ethernet-Geschwindigkeit«, erläutert Bettina Ronit Hörmann, beim Kamerahersteller IDS Imaging Development Systems im nordwürttembergischen Obersulm zuständig für technische Kommunikation.
Aus Hörmanns Sicht markiert das Jahr 2012 gar »den Beginn eines neuen Zeitalters in der industriellen Bildverarbeitung: Dank der 'Ivy-Bridge‘-Prozessoren von Intel wird USB 3.0 endgültig zur Mainstream-Hochleistungsschnittstelle«, führt sie aus. »In Kombination mit den schnellen und hochauflösenden CMOS-Sensoren ermöglicht USB 3.0 eine Vielzahl neuer und anspruchsvoller Anwendungen nicht nur in der industriellen Bildverarbeitung, sondern auch in vielen weiteren Einsatzgebieten.«
Auch Eva Tischendorf, Senior Communications Specialist beim Kamerahersteller Basler in Ahrensburg bei Hamburg, erachtet die USB-3.0-Schnittstelle neben dem Trend zu CMOS-Sensoren als eines der derzeit 'heißesten‘ Themen: »USB 3.0 ist eine spannende Schnittstelle, die sich zusammen mit Gigabit Ethernet als Mainstream-Interface etablieren und vor allem heutige USB-2.0- und FireWire-Kameras ersetzen wird«, sagt sie. »Hardware-seitig arbeiten Hersteller wie Basler bereits an USB-3.0-Kameras und warten jetzt noch auf die Fertigstellung des USB3-Vision-Übertragungsstandards, der die Schnittstelle langfristig sicher und industrietauglich machen wird.« Der Kamerahersteller Matrix Vision im nordwürttembergischen Oppenweiler will zu diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Familie USB3-Vision-konformer Kameras auf den Markt bringen.
IDS hat bereits eine USB-3.0-Kameraserie im Programm, beabsichtigt aber nicht, den USB3-Vision-Standard in den Geräten umzusetzen. »Unsere USB-3.0-Kameras sind industrietauglich und vor allem zukunftssicher«, betont Bettina Ronit Hörmann. »Wir sehen eine Standardisierung kritisch, denn eine einfachere Implementierung und Anbindung sowie Flexibilität bei veränderten Anforderungen wird dadurch nicht erreicht. Im Gegenteil: USB3 Vision bedeutet eine Standardisierung auf der Protokollebene, auf der die wenigsten Anwender arbeiten. Zudem sind Funktionen und Features meist Hersteller-gebunden, was einen Wechsel zusätzlich erschwert.« IDS setze weiterhin auf das eigene Software-Paket: »Es erlaubt die problemlose Einbindung von USB-2.0-, USB-3.0- und GigE-Kameras über einen Treiber und eine Programmierschnittstelle und bietet dem Kunden somit große Flexibilität.«
Markus Fremmer, General Manager Imaging Solutions bei Panasonic Electric Works Europe in Holzkirchen, hebt beim Thema USB 3.0 vor allem den Preisaspekt hervor: »Im Kamerasegment wird USB 3.0 das Preisgefüge für Anwender noch attraktiver werden lassen.« Generell tendiere das Kamera-Preisgefüge - kundenfreundlich - eher nach unten. Zu bedenken gibt Fremmer, dass sich »die neuen Schnittstellenstandards CoaXPress und CameraLink HS zögerlicher entwickeln als vermutet«. GigE Vision dagegen habe »einen bedeutenden Rang im Markt gefunden. Bei zeitkritischen Anwendungen gibt Panasonic CameraLink jedoch klar den Vorzug.« Raoul Kimmelmann, Leiter Produktmarketing beim Bildverarbeitungstechnik-Distributor Rauscher in Olching, betrachtet das Vordringen von USB 3.0 als einen Aspekt des Trends zu Consumer-Technologien auch in der industriellen Bildverarbeitung: »Durch den Einzug von Consumer-Technologien wird Bildverarbeitungstechnik generell kleiner, schneller, kompakter und preisgünstiger«, führt er aus. »Beispiele sind Schnittstellen wie GigE oder USB. Die neuen Standards GigE Vision 2.0 und USB3 Vision sind Weiterentwicklungen bestehender Interfaces für Anwendungen mit niedrigen und mittleren Datenraten: Die Version 2.0 erweitert den Funktionsumfang des zurzeit sehr erfolgreichen GigE-Vision-Standards, und mit USB3 Vision wird erstmals die Bildübertragung über den USB-Bus industrieweit hard- und softwareseitig standardisiert.« Beide seien in Anwendungen interessant, in denen besonderes Gewicht auf einfache Anbindung an bestehende PC-Hardware und geringe Kosten liege.
Christof Zollitsch, Geschäftsführer des Bildverarbeitungstechnik-Lieferanten Stemmer Imaging in Puchheim, gibt in Sachen Schnittstellen folgende Prognose: »USB 3.0 wird sich sicherlich durchsetzen, während die Umsätze mit Analog- und FireWire-Komponenten auf längere Sicht zurückgehen werden. Beide Technologien werden jedoch nur langsam Marktanteile verlieren, weil bestehende Design-ins nicht ohne Weiteres geändert werden.« Im Rückwärtsgang befindet sich ihm zufolge auch der gute alte Framegrabber: »Das Geschäft mit Bilderfassungskarten konzentriert sich mittlerweile auf wenige Anbieter - viele ehemalige Grabber-Hersteller haben sich bereits in Richtung Kameras umorientiert«, sagt er. »Der Framegrabber entwickelt sich zu einer - für bestimmte Unternehmen durchaus lukrativen - Marktnische, zumindest wenn er, worauf alle Anzeichen hindeuten, noch mehr Intelligenz bekommt oder sich auf noch höhere Datentransferraten wie bei CoaXPress oder CameraLink HS konzentriert.« Und Dr. Andreas Franz, CEO von Framos, sieht als Trends »die zunehmende Nutzung von USB 3.0 und 10GigE sowie von schnellen CMOS-Sensoren mit Global Shutter«.