Expertenumfrage zur 3D-Bildverarbeitung

Räumlicher Durchblick in immer mehr Anwendungen

10. Februar 2022, 9:06 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Photonfocus: »Kompakte und modulare Systemarchitekturen sind gefragt«

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Dr. Peter Mario Schwider, Photonfocus: »Der Trend geht zu Embedded-Lösungen, Smart Cameras und modularen Systemen.«
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Dr. Peter Mario Schwider, Photonfocus
»Kompakte und modulare Systemarchitekturen sind gefragt«

Nicht nur in der 2D-, sondern auch in der 3D-Bildverarbeitung sind immer mehr Systeme mit kompakten und modularen Architekturen zu finden – über alle Bilderfassungsverfahren hinweg. Dr. Peter Mario Schwider, Chief Technical Officer von Photonfocus, erläutert die Hintergründe.

Markt&Technik: Was hat sich in der 3D-Bildverarbeitung in den vergangenen Jahren technisch getan? Welche technischen Trends zeigen sich dort momentan?

Dr. Peter Mario Schwider: Wie die 2D- entwickelt sich auch die 3D-Bildverarbeitung in Richtung schnellerer, kleinerer und leistungsfähigerer Systeme: Die Systeme werden insgesamt mit schnelleren Prozessoren und höher auflösenden Sensoren ausgestattet. Auch höhere Scangeschwindigkeiten werden verstärkt nachgefragt. Solches Kunden-Feedback berücksichtigen wir gerne und integrieren daher zunehmend besonders schnelle Sensoren in unsere 3D-Kameras. Ein großes Thema ist auch die Daten-Vorverarbeitung onboard im FPGA der Kamera, sodass weniger Prozessorlast in der CPU entsteht.

Der Trend geht zu Embedded-Lösungen, Smart Cameras und modularen Systemen: Derart variable Architekturen ermöglichen eine Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten und dadurch auch mehr Anwendungen.

Was kann die 3D-Bildverarbeitung in industriellen und nichtindustriellen Anwendungen leisten, auch im Vergleich zur 2D-Bildverarbeitung?

Oberflächeninspektion ist oft problemlos mit 2D-Kameras durchzuführen. Stark reflektierende Oberflächen erschweren jedoch die Fehlerdetektion; hier sind 3D-Systeme klar im Vorteil. Speziell in diesem Bereich können wir mit verschiedenen Lösungsansätzen punkten: Bei Glas und transparenten Kunststoffen hat sich der Einsatz unserer UV-Kamera bewährt. In anderen Applikationen, etwa bei metallischen Oberflächen, sorgt unser Software Tool für sichere Laserlinienerkennung. Der Algorithmus ermöglicht, die Laserlinie von der Reflexion zu unterscheiden, und liefert somit die korrekten Daten.

Im 2D-Bereich lassen sich zusätzlich andere Informationen wie Farbe oder Codes detektieren, was beispielsweise in der Gewebe-Inspektion üblich ist. Kameras wie die von Photonfocus haben den Vorteil, dass beide Verfahren kombinierbar sind, so dass 2D- und 3D-Daten mit einer Kamera erfasst und ausgewertet werden können.

Welche 3D-Bildverarbeitungsverfahren eignen sich für welche Anwendungen besonders und warum?

Das ist abhängig von der jeweiligen Anwendung. Die 3D-Lasertriangulation ist kostengünstig, lässt sich inline einsetzen und bewältigt hohe Geschwindigkeiten bei hoher Präzision. Die 3D-Streifenlichtprojektion ist meist sehr hochauflösend, kommt also bei Anwendungen mit vielen Details zum Einsatz. Ihr Nachteil sind lange Bildaufnahmezeiten; die Bildaufnahme ist nur bei ruhenden Objekten überhaupt möglich. 3D-Stereoskopie oder Stereovision ist sozusagen der Vorläufer von Time of Flight (ToF). Dieses Verfahren ist weniger detailorientiert, hat jedoch einen anderen, in manchen Fällen entscheidenden Vorteil: Es deckt große Entfernungen und Messfeldbereiche ab und ist echtzeitfähig, also auch für die Bewegtdetektion geeignet. Dies ist beispielsweise für Verkehrsüberwachungs-Anwendungen relevant. Auch 3D-ToF ist eher wenig detailgetreu; Anwendungen in der industriellen Bildverarbeitung sind bisher rar.

Die 3D-Lasertriangulation und 3D-Streifenlichtprojektion sind sicherlich am Markt die meist verwendeten und auch tragfähigsten Konzepte. Wir haben uns früh auf die Lasertriangulation konzentriert und bieten hierfür einige Kameras sowie Software Tools und FPGA-Datenvorverarbeitung an. Aber auch für die 3D-Streifenlichtprojektion sind unsere Kameras geeignet: Unsere hochauflösenden Modelle mit 51 MP und 65 MP bieten alles, was dafür nötig ist – Sensorik, hohe Datenrate und Synchronisierung.

Welche Vorteile hat die 3D- gegenüber der 2D-Bildverarbeitung in der Robotik? Welche 3D-Bildverarbeitungsverfahren bieten sich dort besonders an?

Auch hier gilt: Überall dort, wo 2D nicht ausreicht, die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, kommt die 3D-Bildverarbeitung ins Spiel. Für Robot Guidance, etwa für Pick-and-Place-Anwendungen oder Bin Picking, also »Griff in die Kiste«, wird in erster Linie Streifenlichtprojektion eingesetzt. Die Lasertriangulation tut in Vermessungs- und Inspektionsaufgaben ihren Dienst; Schweißroboter sind häufig mit Lasertriangulationssystemen ausgestattet. Unser »LinLog«-Verfahren ermöglicht sowohl den extrem hellen Schweißpunkt als auch die dunklere Naht zu detektieren, und das in einem Bild. Eine zweite Kamera wird somit überflüssig.

Wie lassen sich 3D-Sensoren bzw. 3D-Kameras in Embedded-Vision-Systeme integrieren?

Abhängig von der Größe der einzelnen Komponenten und der gewünschten Größe des Endsystems sind hier alle Systeme mit modularem Aufbau von Vorteil: Sie lassen sich flexibel einsetzen und im Idealfall auf den Bedarf zuschneiden, also auf die tatsächlich benötigten Bausteine reduzieren. Das hat natürlich direkten Einfluss auf die Größe des gesamten Bildverarbeitungssystems, die Effizienz und die Kosten. Komponenten, die zusätzlich eine Verlagerung der 3D-Datenerzeugung in die Kamera bieten, vereinfachen und/oder beschleunigen wiederum die Auswertung auf CPU-Seite. Dadurch kann das Komplettsystem am Ende deutlich kompakter, leichter und effizienter sein.

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