Bildverarbeitung

CMOS-Integration von Bildsensor und Fabry-Pérot-Filter

19. November 2012, 11:53 Uhr | Von Jan Provoost und Murali Jayapala
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1 cm³ großer Prototyp

Prototyp einer miniaturisierten HSI-Kamera von Imec.
Bild 5. Prototyp einer miniaturisierten HSI-Kamera von Imec.
© IMEC

Auf der diesjährigen SPIE Photonics West 2012 wurde der erste Prototyp eines voll integrierten, CMOS-kompatiblen hyperspektralen Sensors präsentiert (Bild 5). Er besteht aus einem hyperspektralen Filter, das per Post-Processing direkt auf den Wafer eines kommerziell verfügbaren CMOSIS-CMV4000-Bildsensors mit vier Megapixel Auflösung und einer maximalen Bildrate von 180 Bildern/s aufgebracht wird. Dieser Prototyp hat eine Baugröße von nur 1 cm³.

Das hyperspektrale Filter des Sensors umfasst 100 Spektralbänder zwischen 560 und 1.000 nm Wellenlänge. Die Filterbandbreite reicht von 3 nm bei 560 nm bis zu 20 nm bei 1.000 nm Wellenlänge; die Durchlass-Wirkungsgrad der Filter liegt bei 85 %. Die Geschwindigkeit dieses Demonstrators entspricht 2.000 Zeilen pro Sekunde. Dies übertrifft signifikant die Leistung von State-of-the-Art-Laborausrüstung, eignet sich also für industrielle und medizinische Applikationen im High-Speed-Segment.

Mit diesem Prototypen und passenden Bildverarbeitungs-Werkzeugen konnten Objekte und Materialien automatisch klassifiziert werden. Die Ergebnisse entsprechen den hyperspektralen Referenzdaten von biologischem Materialien und anderen Objekten.

Preisgünstige und kompakte Systeme

HSI-Kameras auf der Basis dieses Designs, die in CMOS-Fabs gefertigt werden, werden sich letztendlich sehr viel billiger produzieren lassen als konventionelle HSI-Systeme. Die heutigen optischen und mechanischen Präzisionsinstrumente sind damit durch geätzte Strukturen auf Silizium-Chips ersetzbar. Die einzelnen Fertigungsschritte lassen sich gut in die existierende Infrastruktur zur Volumenfertigung des Sensors eingliedern, einschließlich Montage, Test, Packaging und Kalibrierung.

Die Integration der Fertigung in einen bestehenden CMOS-Prozess eliminiert zudem eine Reihe von fehlerträchtigen und arbeitsintensiven Montagevorgängen. Der Prozessfluss der Chipfertigung mit seiner Nanometer-Präzision ist ideal für die exakte und wiederholgenaue Justage der Filterstrukturen auf dem Bildsensor.

Eine besonders aussichtsreiche Applikation für HSI bilden Endoskope. Hyperspektrale Information kann zur Frühdiagnose von Krebsgewebe wesentlich beitragen. Doch die in solchen Prozeduren eingesetzten Endoskope sind viel zu klein zur Aufnahme und Integration derzeitig verfügbarer hyperspektraler Kameras. Eine HSI-Kamera im Mikroformat ließe sich weitaus einfacher in ein solches Endoskop integrieren.

Schnelleres hyperspektrales Imaging

Konventionelle hyperspektrale Scanner sind Kameras vom 1D-Typ. Sie tasten eine Szene Zeile für Zeile ab und nutzen den Bildsensor zum Erfassen und Verarbeiten der Information nur für die jeweils vorliegende Zeile, bevor sie zur nächsten Zeile übergehen. Für die vollständige 2D-Information einer flächigen Szene müssen also zunächst alle Zeilen nacheinander abgetastet werden. Die gesamte Abtastzeit ist somit weniger durch die Zahl der Spektralbänder begrenzt, sondern durch die Geschwindigkeit, mit der eine einzelne Zeile abgetastet wird.

Das von Imec entwickelte HSI-System hingegen absolviert einen gemischten spatialen und spektralen Scan: Bei jedem Durchlauf verarbeitet jedes Filter der Treppe mehrere Zeilen. Jedes Filter erfasst so ein schmales Band des Lichtspektrums. Die Szene wird vollständig durch jedes dieser Filter erfasst, und zwar in einem Durchgang und ohne die Abtastung einzelner Zeilen. Dies benötigt erheblich weniger Abtastzyklen. Der Zuwachs an Geschwindigkeit erlaubt dem System die Abtastung von mehr als 10.000 Zeilen pro Sekunde. Im Vergleich: Konventionelle HSI-Systeme tasten 180 Zeilen pro Sekunde ab.

Als nächster Schritt ist die Entwicklung einer HSI-Schnappschuss-Kamera im vollen 2D-Format geplant. Damit lässt sich das hyperspektrale Bild einer Szene in einem Scan-Durchlauf aufnehmen. Die Idee: Anstelle einer Treppe eine Matrix von Filtern auf einem hochauflösenden Bildsensor aufzubringen.

Mikro-HSI außerhalb des Labors

Bei konventionellem HSI muss man die Anforderungen einer Applikation an die Fähigkeiten des HSI-Systems anpassen. Damit ist – in Bezug auf Kosten, Kompaktheit und Komplexität – jede Applikation außerhalb des Labors nicht realisierbar. Mit Hilfe der vorgestellten Technologie können Gerätehersteller ohne weiteres einen Sensor so auslegen, dass er die Anforderungen einer spezifischen Applikation erfüllt.

Grundsätzlich kann dazu jeder CMOS-Bildsensor verwendet werden, sowohl was Baugröße, Geschwindigkeit, Kosten als auch spektrale Empfindlichkeit betrifft. Auch das hyperspektrale Filter lässt sich an eine wechselnde Zahl von Spektralbändern und deren spektrale Auflösung anpassen.

In den kommenden Jahren möchte Imec als eines der ersten Ziele das erfassbare Spektrum in Richtung des blauen Endes des Lichtspektrums, also der Wellenlänge unterhalb 560 nm, erweitern. Außerdem möchte man die Empfindlichkeit der Bildgeber mit Hilfe von optimierten, rückseitig beleuchteten Sensoren weiter optimieren. Ein weiteres Ziel betrifft durchstimmbare Filter, bei denen der Filterbereich auch einzelner Filter während des Betriebs vorgeben und programmiert werden kann.

Durch die höhere Geschwindigkeit eignet sich Mikro-HSI gut für Sortiervorgänge, etwa von Nahrungsmitteln oder in der medizinischen Praxis. Denkbar wären auch Geräte für Endverbraucher, etwa Mobiltelefone mit eingebautem hyperspektralen Sensor zur Analyse von Nahrungsmitteln; damit könnte vor Ort deren Kaloriengehalt gemessen oder eventuelle bakterielle Kontaminierungen ermittelt werden.

 

Die Autoren:

Jan Provoost ist Wissenschaftsredakteur bei Imec in Leuven, Belgien. Er ist verantwortlich für die Kommunikation von Imecs Technologie-Programmen an globale Medien und ist zugleich als Editor und Koautor von technischen und wissenschaftlichen Artikeln tätig. Er erhielt seinen M.A.-Abschluss in modernen Sprachen 1989 und einen M.Sc. in Informatik 1993, beide von der Universität Leuven, Belgien.

Murali Jayapala ist Senior Researcher bei Imec. Er hat einen M.E.-Abschluss in Systems Science und Automation 1999 vom Indian Institute of Science (IISc). Seit 2005 hält er ein Doktorat in Applied Sciences (Computer Engineering) von der Universität Leuven. Murali Jayapala ist Verfasser mehrerer Artikel in internationalen Zeitschriften und in den Programmkomitees internationaler Konferenzen und Workshops vertreten. Er ist Mitglied des IEEE.

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