Pionier EnOcean bekommt ernsthafte Konkurrenz

ZF Friedrichshafen steigt in die batterielose Funktechnik ein

12. Oktober 2012, 14:04 Uhr | Corinne Schindlbeck und Willem Ongena
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Cherry geht selbstbewusst an den Start

»Die Unternehmen ZF und EnOcean sind nicht vergleichbar. Die möglichen Märkte und Anwendungen sind so vielfältig, dass es genügend Platz und Absatzpotential für mehrere Anbieter gibt«
Anton Hartmann, Leiter Markt für die Produktlinie Industrial Solutions bei ZF Friedrichshafen: »Die Geschwindigkeit der Magnetbewegung, die bei uns konstruktiv optimiert ist, spielt eine entscheidende Rolle.«
© ZF Friedrichshafen

»Die Unternehmen ZF und EnOcean sind nicht vergleichbar. Die möglichen Märkte und Anwendungen sind so vielfältig, dass es genügend Platz und Absatzpotential für mehrere Anbieter gibt«, erklärt Anton Hartmann, Leiter Markt für die Produktlinie Industrial Solutions bei ZF Friedrichshafen. Der Automobilzulieferer hatte die amerikanische Cherry Corporation 2008 von Firmeninhaber Peter Cherry übernommen, sie ist heute eine eingetragene Marke der ZF Friedrichshafen AG.

Die bessere Stromausbeute des Cherry-Schalters geht im Wesentlichen auf die Auslegung des Magneten und der Spulenanordnung zurück. »Außerdem spielt die Geschwindigkeit der Magnetbewegung, die bei uns konstruktiv optimiert ist, eine entscheidende Rolle«, erklärt Hartmann. Die Entwicklung in der Halbleitertechnik habe ebenfalls einen wesentlichen Anteil, doch »die IP liegt alleine bei uns«, versichert Hartmann. Man arbeite zwar eng mit Halbleiterstellern zusammen, etwa mit NXP, »allerdings nur, um ein optimiertes Gesamtsystem - etwa dimmbare LED-Leuchten mit integrierter Funkempfangstechnik - zu entwickeln, unsere IP ist davon nicht betroffen«.
 
Beim Energie Harvesting kommt es speziell auf niedrige Verluste und hohe Wirkungsgrade an - deshalb profitiert Cherry vom Stand der Halbleitertechnik, die mittlerweile so weit ausgereift ist, dass auch mit niedrigen Leistungen zuverlässig Signale übertragen werden können.

Vorsichtig geht man am Cherry-Sitz Auerbach/Oberpfalz vom Umsatzziel 600.000 Stück in vier Jahren aus. »Das ist aber unsere konservativste Markteinschätzung«, erklärt Hartmann. »Wenn wir eine ’Killerapplikation‘ finden, kann es durchaus sein, dass wir nur mit einem Kunden solche Stückzahlen realisieren.« Auf Basis der heutigen Projektkenntnisse aber seien 600.000 Stück, auf mehrere Kunden verteilt, realistisch.

ZF Friedrichshafen setzt mit Cherry und dem Geschäftsbereich Elektronische Systeme auf Diversifizierung vom Stammgeschäft. Der Markt für energieautarke Funkschalter sei dank der zunehmenden Vernetzung von Systemen, Stichwort »Internet der Dinge«, ein wichtiger Zukunftsmarkt, »ein unstrittiger Mega-Trend«, wie Hartmann erklärt. Und ein ideales Transport-Medium dafür sei die Funkverbindung, weil sie technisch ausgereift, preiswert und einfach in der Anwendung sei und mit »Energy Harvesting« unter das Mega-Thema »Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung« fiele. Abgespeckt von Kabel, Stecker und Batterie, bietet der »Energy Harvester« Vorteile vor allem in Anwendungen, bei denen der Verkabelungsaufwand in keinem Verhältnis zur Applikation stehe, so Hartmann. 

Und natürlich denkt ZF als Automobilzulieferer auch an mögliche Anwendungen im Auto: Abfragen von Anhängerkupplung, Isofix, Dachgepäckträger, Türgriff (Scheibenabsenkung) oder Lehnenverriegelung sind denkbar und tragen zur Gewichtsersparnis im Auto bei. In London kommt die Technologie schon in Hybrid-Stadtbussen zum Einsatz.

Ein weiterer Zukunftsmarkt ist »Smart home«, Anwendungen sieht Cherry zum Beispiel in der Beleuchtungstechnik. »Mit unserem Schalter wird auch Dimmen einfach«, betont Hartmann. »Der Schalter sendet sowohl beim Drücken als auch beim Loslassen. Wer drückt und gleich wieder loslässt, will in der Regel nur ein- oder ausschalten. Wer dimmen will, lässt den Schalter gedrückt, so dass das Signal erst verzögert kommt, eben erst dann, wenn das Licht ausreichend gedimmt ist. Das erkennt der Empfänger, der den Strom entsprechend reduzieren oder wieder steigern kann.« Im zweiten Quartal des nächsten Jahres soll der neue Funkschalter in Serie gehen.


  1. ZF Friedrichshafen steigt in die batterielose Funktechnik ein
  2. Cherry geht selbstbewusst an den Start
  3. Elektromagnetische Induktion als Funktionsprinzip in batterielosen Funkschaltern

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