»Haber-Bosch« 2.0?

Klärschlamm als neue Phosphatmine

20. August 2015, 17:18 Uhr | Hagen Lang
Das von Prof. Dr. Andrea Kruse an der Universität Hohenheim entwickelte HTC-Verfahren könnte einen Weg zum wirtschaftlichen und schadstofffreien Phosphatrecycling aus Klärschlämmen weisen.
© Hannes Grobe, Creative Commons CC-BY-SA-2.5

Die Phosphatvorkommen gehen zur Neige – industrielle Pflanzenzucht ohne Phosphatdüngung ist aber unmöglich. Der Nutzung phosphathaltiger Klärschlämme stand bisher ihre Schwermetallbelastung und die Wirtschaftlichkeit entgegen. Eine Agrartechnologin der Universität Hohenheim könnte das ändern.

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Klärschlammverbrennungsanlagen existieren bereits lange. Das Problem: Das Phosphat in Ascheform können Pflanzen nicht aufnehmen, es muss aufwendig unter großem Säureeinsatz aufgearbeitet werden, damit aus ihm Dünger werden kann. Wie also das Phosphat aus den jährlich alleine in Deutschland anfallenden 2 Millionen Tonnen Klärschlamm nutzen?

Die Methode der Agrartechnologin Prof. Dr. Andrea Kruse könnte ein gangbarer Weg sein. 120 Minuten verbrennt der Klärschlamm bei Temperaturen um 200° Grad im Autoklaven zu einer Kohle. Diese wird mit Säure versetzt und abgekocht, die Kohle abgetrennt und nach Hinzufügung von Magnesiumsaltz das Wasser abgeschieden. Das Endprodukt ist ein weißes Pulver, Magnesiumammoniumphosphat, auch bekannt unter dem Namen Struvit.

»Man kann das Struvit so wie es jetzt ist, sofort als Dünger auf dem Feld verwenden«, sagt Frau Prof. Kruse. Trotz hohem Phosphatgehalt scheide die Aufbringung von unbehandeltem Klärschlamm auf Felder aus, wegen der Schwermetallschadstoffe und aus Hygienegesichtspunkten. »Um dieses Phosphat aber trotzdem nutzen zu können, verwenden wir den Prozess der hydrothermalen Karbonisierung, kurz HTC«, so die Agrartechnologin.

Das künftig aus Minen gewonnene Phosphat wird zudem nicht nur immer weniger, sondern auch immer giftiger: »Die Mineralwerke in China, den USA und Marokko sind mittlerweile so ausgeschöpft, dass immer tiefer gebohrt werden muss. Je tiefer aber gebohrt wird, desto mehr Schwermetalle wie Uran sind im Phosphat angereichert, ehe es als Dünger auf die Felder gestreut wird. Wir brauchen andere Phosphat-Quellen wie den Klärschlamm.«

Das HTC-Verfahren trennt die Schwermetalle dagegen vom Phosphat ab, sie bleiben in der Kohle zurück. Diese HTC-Kohle hat einen höheren Heizwert und ist besser entwässerbar, was sie zu einem hochwertigeren Brennmaterial macht als normaler Klärschlamm.

»Nahrungs- und Futtermittel, Energie, Chemikalien, Kunststoffe oder eben Dünger aus Abfällen und erneuerbaren Rohstoffen ist ein wichtiges Thema an der Universität Hohenheim«, so die Professorin. Ihr Projekt wird in Kooperation mit dem Schweizer Biotechnologie-Unternehmen AVA-CO2 durchgeführt. Nach der Optimierung des Verfahrens im Labormaßstab soll sich eine Phosphatproduktion in größeren Mengen anschließen.


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