Wärmepumpen

Fassadenelemente eignen sich auch als Wärmequelle

20. April 2023, 11:58 Uhr | Kathrin Veigel
Rückseite eines TABSOLAR-Elements mit bionischer FracTherm-Kanalstruktur, seitlichen Sammelkanälen und Hydraulikanschlussbuchsen (oben) sowie Schnitt durch ein TABSOLAR-Element (unten).
© G.tecz Engineering

Wärmepumpen erleben derzeit einen Boom, doch nicht überall ist Platz für deren Außenlufteinheit. Solarthermische Fassadenelemente sind hierfür eine geräuschlose, architektonisch gestaltbare und platzsparende Alternative. Solche hat das Fraunhofer-Institut ISE jetzt entwickelt.

Im Projekt TABSOLAR III erforscht und testet das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) derzeit gemeinsam mit Industriepartnern neuartige solarthermische Fassadenelemente. Sie bestehen aus Ultrahochleistungsbeton (UHPC), die als verglaste oder unverglaste Fassadenbekleidungselemente architektonisch gestaltet werden können.

Die Elemente sind von Kanälen durchzogen, durch die ein Solarfluid fließt, welches die Wärme durch Sonneneinstrahlung oder aus der Umgebung aufnimmt. Über einen Wärmeübertrager wird diese an den Wärmepumpenkreislauf abgegeben. Das Design der Kanalstrukturen beruht auf dem vom Fraunhofer ISE entwickelten bionischen FracTherm-Verfahren (mehrfach verzweigte, fraktale Strukturen, wie zum Beispiel bei Blutbahnen oder in Blättern).

Mit diesem Verfahren lassen sich nahezu beliebige Formen mit einem gleichmäßig durchströmten Kanalnetzwerk versehen. Gleichzeitig haben sie den technischen Vorteil, dass sie zu einer gleichmäßigen Durchströmung bei geringem Energieaufwand für die Pumpe führen. Gefertigt werden die Elemente aus Ultrahochleistungsbeton mit Hilfe eines innovativen Membran-Vakuumtiefziehverfahrens, das im Rahmen des Forschungsprojekts TABSOLAR III mit verschiedenen Industrie- und Forschungspartnern weiterentwickelt wird.

Optisch ansprechende Fassadenelemente

Als Niedertemperatur-Wärmequellen für Wärmepumpen stellen die durchströmbaren Fassadenelemente eine geräuschlose, optisch ansprechende Alternative zu Außenlufteinheiten von Luft-Wasser-Wärmepumpen dar. Die unverglaste Variante (Produktfamilie TABSOLAR Design) ist als Wärmepumpen-Quelle, für die Trinkwarmwasservorerwärmung oder für Schwimmbäder vorgesehen und kann ähnlich wie marktverfügbare Fassadenelementen aus UHPC durch Strukturierung und/oder Farbe gestaltet werden.

Die verglasten und mit spektralselektiven Schichten versehenen Elemente der Produktfamilie TABSOLAR Premium sind ähnlich wie klassische Solarthermie-Kollektoren für die Trinkwassererwärmung und die Heizungsunterstützung vorgesehen, da sie höhere Temperaturen erreichen.

Die vorgefertigten Fassadenelemente werden derzeit für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) entwickelt, sind perspektivisch jedoch auch in Wärmedämmverbundsystemen oder Sandwichwandaufbauten vorstellbar. Im Gebäudeinnern sollen die Elemente in der Produktfamilie TABSOLAR Heat & Cool als thermoaktive Bauteilsysteme (TABS), auch in Ergänzung mit einer klassischen Betonkernaktivierung, für die Heizung oder Kühlung zum Einsatz kommen.

Umfassender Ansatz

Im Projekt TABSOLAR III wird der Einsatz der neuen Fassadenelemente von der Vorplanung über Planung, Fertigung und Montage bis zum Betrieb unter Einbeziehung der beteiligten Gewerke getestet. Das ganze Projekt wurde von Beginn an interdisziplinär gedacht, die integrierte Solartechnik und die Baubranche wurden zusammengebracht, um gemeinsam eine architektonisch attraktive Baulösung für die Energiewende zu entwickeln.

Dazu gehören auch neue Software-Werkzeuge für die Planungsphase: eine Augmented-Reality-App zur Vor-Ort-Visualisierung von TABSOLAR-Fassaden sowie ein Webkonfigurator für deren weitere Auslegung. Auch die Einbindung in BIM-Projekte (Building Information Modeling) soll ermöglicht werden. Die Gesamtlösung soll im nächsten Schritt in einer Demonstrationsfassade einem Praxistest und Monitoring unterzogen werden.

Das Projekt wird vom Fraunhofer ISE koordiniert. Außerdem sind die Firmen G.tecz Engineering, Wendt Maschinenbau, Priedemann Fassadenberatung, CAS Software, GiB – Gesellschaft für innovative Bautechnologie, TruPhysics als Verbundprojektpartner, die Lindner Group und Hans Berg als assoziierte Partner sowie Betonfertigteile Spürgin, MV Automatic und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Unterauftragnehmer beteiligt.

 


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