Beim Solarthermiekraftwerk von TuNur handelt es sich um ein Turmkraftwerk: Die Sonnenenergie lenken nicht weniger als 825.000 der Sonne nachgeführte Spiegel – sogenannte Heliostaten – auf einen Boiler, der sich auf einem Turm befindet. Die dort konzentrierte Energie erhitzt Wasser auf eine Temperatur von 550 °C. Der Dampf treibt dann konventionelle Turbinen an. Für die Technik des Turmkraftwerks hat sich TuNur entschieden, weil sie mehrere Vorteile bietet: einen hohen Wirkungsgrad und eine gute Kostenstruktur, vor allem aber kann ein solches Kraftwerk mit Luftkühlung arbeiten. Wasser – in der Wüste eben eine knappe Ressource – ist dazu nicht erforderlich. »Gegenüber herkömmlichen Kraftwerken mit Wasserkühlung reduzieren wir den Wasserverbrauch damit auf einen Schlag um 90 Prozent, Wasser ist nur noch zum Reinigen der Spiegel sowie für den geschlossenen Dampfkreislauf erforderlich und auch da kommen künftig Methoden in Frage, die auf Wasser verzichten können«, sagt Till Stenzel
Die Verbindung vom Kraftwerk zur tunesischen Mittelmeerküste übernimmt ein 450 km langes Hochspannungsgleichstrom-Kabel (HGÜ), das über Land verläuft. Für die Verbindung von Tunesien nach Italien ist ein 600 km langes Unterwasser-HGÜ-Kabel erforderlich. Laut Stenzel stellt das keine große Herausforderung dar. Es gibt bereits in Europa beispielsweise die Verbindung über ein HGÜ-Seekabel zwischen Holland und Norwegen, ebenfalls mit einer Länge von 600 km. Der Weg, den das neue HGÜ-Kabel durchs Mittelmeer nimmt, sei bereits erkundet und stehe weitgehend fest, das Genehmigungsverfahren laufe. Dasselbe gelte für den Einspeisepunkt in Italien: Der italienische Netzbetreiber Terna habe bereits die technischen Voraussetzungen für die Einspeisung von 2 GW in Mittelitalien angeboten.
Das italienische Übertragungsnetz müsse dafür nicht in nennenswerten Umfang ausgebaut werden. Denn das italienische Netz sei auf den Import von Strom ausgelegt, Italien bezieht viel Strom aus den Norden, vor allem aus Frankreich. Deshalb bestehe bereits die Infrastruktur für den Stromtransport. Kommt der Strom im Süden aus Tunesien an, so muss er nur in die umgekehrte Richtung geschickt werden. Über bestehende Verbindungen nach Frankreich und in die Schweiz könne er den Weg in die übrigen europäischen Länder nehmen.
Für die Desertec Foundation stellt das Projekt einen entscheidenden Schritt auf dem Weg dar, die Vision der Stiftung umzusetzen: Energie in den Wüstenregionen der Erde umweltfreundlich zu produzieren – über Sonne und Wind, aber auch Geothermie und Biomasse – und damit Energie für die Länder, in denen die Anlagen stehen, zu generieren. Der Hauptaspekt dabei: Diesen Ländern einen Entwicklungsschub zu geben, Arbeitsplätze zu schaffen und den Aufbau einer eigenen Industrie anzuregen. Der Energieexport in die bereits industrialisierten Länder soll dabei eher eine geringe Rolle spielen.
Der konkrete Fall – das Projekt von TuNur – bildet hierzu aber nur einen ersten Schritt. Es wird zunächst einen großen Teil der Energie nach Europa liefern, schon weil die Nachfrage in Tunesien gemessen an den 2 GW bei voller Ausbaustufe eher gering ausfällt. Laut Till Stenzel könnten derzeit geschätzte 100 bis 200 MW in das tunesische Netz eingespeist werden, sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine nationale Einspeisung geschaffen würden. Derzeit ist eine Einspeisung noch nicht erlaubt.