Zum Artikel »Desertec lebt!« erreichten uns zahlreiche Zuschriften, die genau dies bezweifeln. Von »politisch nicht gewollt« bis zu »reinem Wunschdenken« reichen die Bewertungen. Gibt es keine Leser, die Argumente für Desertec vorbringen wollen? Schreiben Sie einfach an: harnold@energie-und-technik.de
Ich stimme zu, dass Desertec einen entscheidenden Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung der Länder Nordafrikas leisten kann und damit auch helfen kann, die demokratischen Reformen dort zu festigen.
Allerdings wird das nur funktionieren, wenn die Menschen Nordafrikas Desertec als ihr eigenes Projekt verstehen und nicht als neue Form von Kolonialismus. Dazu ist es notwendig, vor Ort eine Industrie aufzubauen, welche den Bau und den Betrieb der Kraftwerke übernimmt. Europa muss diese Industrie durch Stromabnahmeverpflichtungen und den Bau entsprechender Hochspannungsleitungen unterstützen, um Investitionen in diesem Bereich planbar zu tätigen.
Geschickterweise kollidiert die Erzeugung von Strom mittels Solarthermie nicht mit den Interessen unserer heimischen Photovoltaik-Industrie. Deutschland könnte hier also eine treibende Rolle spielen und Kernkomponenten im Bereich Elektronik und Turbinen liefern, während die Entwicklung und der Bau der Kollektoren vollständig in der Hand der lokalen Unternehmen liegen könnte. Diese Aufteilung würde helfen, die hohe Arbeitslosigkeit in den Ländern Nordafrikas zu senken und den Menschen dort eine wirtschaftliche Perspektive abseits des Tourismus zu geben.
Leider befürchte ich, dass die Unterstützung eigenständiger Betriebe zum Bau und Unterhalt von Kraftwerken in Nordafrika nicht im Interesse der europäischen Stromkonzerne liegt und somit politisch wohl nicht gewollt sein wird. Außerdem müssten die Rahmenbedingungen für die Stromlieferungen nach Europa schnell festgelegt werden, damit in Nordafrika jetzt eine neue Industrie entstehen kann. Ein erster Spatenstich im Jahr 2013 wie von Herrn Marquardt im Interview genannt wird wohl zu spät kommen, um maßgeblich auf die politische Entwicklung in Nordafrika Einfluss zu nehmen.
Roland Beck